Dienstag, 12 September 2017 00:00

Ist Eigenverantwortung ein Fremdwort?

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

Aus dem Gerichtssaal - Angefangen hat alles in Amerika: die ausgefallenen Haftungsklagen, mit denen Verbraucher die Hersteller von Produkten auf Schadenersatz verklagten, weil sie durch deren Mängel oder fehlende Hinweise auf davon ausgehende mögliche Gefahren zu Schaden gekommen waren. Legendär ist der Fall der Hausfrau, die vom Hersteller eines Mikrowellenherdes Schadenersatz erhielt, weil dieser es unterlassen hatte, in den Gebrauchsanweisungen darauf hinzuweisen, dass der Herd nicht als Trockner für feuchte Gegenstände taugte. Die Hausfrau hatte nämlich ihren durchnässten Kater in die Mikrowelle geschoben, um ihm dort das Fell zu trocknen, wo er leider verkohlte. Dieser und eine Unzahl von ähnlichen Fällen haben dazu geführt, dass wir beim Kauf eines Geräts statt einer lesbaren und allgemein verständlichen Gebrauchsanweisung eine ellenlange Schwarte mit allen möglichen Hinweisen ausgehändigt bekommen, die letztendlich doch niemand liest!
Aber in punkto zweifelhafter Haftungsklagen haben wir Europäer schon längst nachgezogen. In früheren Beiträgen haben wir von Fällen auf Almen in Tirol berichtet, wo hundeführende Touristen von weidenden Kühen „auf die Hörner“ genommen wurden. Diese Vorfälle haben nun die dortigen Tourismusvertreter, die Landwirtschaftskammer und den Alpenverein veranlasst, eine konzertierte Aufklärungskampagne zu starten und eine auch dem dümmsten Touristen verständliche Broschüre mit dem Titel herauszugeben: „Eine Alm ist kein Streichelzoo“!
Doch wir brauchen nicht in die Ferne zu schweifen, um Beispiele für buchstäblich bei den Haaren herbeigezogene Haftungsfälle zu finden. Da kam vor zwei Jahren anlässlich des Dorffestes in Schlanders eine honorige Bürgersfrau auf einer Schutzabdeckung der Strom- und Wasserleitungen, welche die Dorfstraße überquerte, ins Stolpern und „verstauchte“ sich das Knöchel. Die Dame war sich nicht zu schade, die Organisatoren des Dorffestes für ihren selbstverschuldeten Sturz verantwortlich zu machen! Doch die Krönung war sicherlich heuer im Juni der Fall eines Mountainbikers, welcher sich bei der Abfahrt über den Downhill-Trail am Schlanderser Sonnenberg an einer „haarigen“ Stelle „dersteßte“. Er hatte die Kühnheit, sich an den Tourismusverein als Betreiber des „Trails“ zu wenden und diesen mit der Begründung für seinen Sturz verantwortlich zu machen, die „Piste“ hätte wegen ihrer Gefährlichkeit gesperrt gehört! Als ob er als Downhiller nicht gerade auf holprige Fahrten „scharf“ war und notfalls an der schwierigen Stelle hätte absteigen können! Also anstatt die Schuld bei anderen zu suchen und Juristen zu bemühen, sollten wir uns lieber an der eigenen Nase nehmen und auf die Eigenverwantwortung besinnen!

Peter Tappeiner,
Rechtsanwalt

{jcomments on}


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 1857 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.