Mittwoch, 26 Juli 2017 12:00

„Juval“ wird Bio-fit

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s6 PortraitKastelbell/Vinschgau - In der Obstgenossenschaft „Juval“, Standort Kastelbell, beginnt ein neues
Kapitel: Mit Ende 2019 werden in der OG Juval sämtliche Bio-Äpfel aus dem Vinschgau sortiert,
abgepackt und verladen.

von Erwin Bernhart

In Zukunft wird man sich den Teil des Vinschgaus, in dem Äpfel angebaut, geerntet, gelagert, verpackt und verladen werden, als großes Obstmagazin vorstellen. Für bestimmte Apfelsorten dient die Heimgenossenschaft nur noch als erste Kühlzelle. Dieses Szenario wird mit den Bioäpfeln in zwei Jahren Realität.

Die Weichen dafür hat letztlich die Vollversammlung der OG Juval am 6. Juli 2017 gestellt. Mit überwältigender Mehrheit haben die Mitglieder zugestimmt, dass ab 2019 über die Sortiermaschine in der Juval ausschließlich Bio-Äpfel laufen werden: sortieren, zwischenlagern, verpacken, kommissionieren, versenden - für die Bioäpfel wird die neue Zentrale in der OG Juval sein. Von den 120 Mitgliedern haben diesem Schritt 97,4 Prozent zugestimmt. Die Überzeugungsarbeit muss also bestens gewesen sein, das Vertrauen von Seiten der Genossenschaftsmitglieder auch. Der Vollversammlung ist einen Monat zuvor eine Infoveranstaltung vorausgegangen.

Bio ist kein Zustand, Bio ist eine Entwickllung. Dies ist nicht nur in der Anbauweise gelebte Praxis, dies wird auch in der Logistik innerhalb der Vi.P sichtbar.
Grundlagen für eine derartige Entscheidung sind die heutige Realität, die Anforderungen des Marktes und die Vorausschau der Entwicklung im Biobereich.
In der derzeitigen Sortier- und Abpackstätte für Bioäpfel, im ex-Ortler Areal der Mivor in Latsch, platzt man aus allen Nähten. „Man stößt an die Grenzen“, sagt Mivor-Obmann Thomas Oberhofer. Man suchte nach einem Konzept, welches effizient, kostengünstig und marktkonform ist. Nach vielen Diskussionen, Sitzungen, Beratungen und Berechnungen innerhalb des VI.P-Verwaltungsrates, also innerhalb der Obmännder der Genossenschaften, und mit den Geschäftsführern hat man mit der Juval den idealsten Standort gefunden. Mehrere Faktoren haben dafür gesprochen. Zum einen ist die Bioentwicklung im unteren Vinschgau, von Schlanders abwärts, am größten und zum anderen bietet sich die Juval durch ihre Lage, Größe und ihrer Kapazität geradezu für die Verarbeitung der Bioäpfel an. „Die Juval produziert derzeit etwas mehr an integrierter Produktion als Bioäpfel im gesamten Vinschgau“, sagt der OG-Juval Obmann Luis Alber. Also ist die Kapazität der Juval ideal, mit noch etwas Luft nach oben, so dass Steigerungen im Bio-Anbau auch in Zukunft aufgenommen werden können.
Steigerungen werden kommen. Denn Prognosen können aufgrund der Umstellungsphase von zwei Jahren exakt gemacht werden. Die Prognosen innerhalb der VI.P für 2019 sind, dass der Bioanbau um knapp ein Drittel gegenüber 2017 zunehmen wird. Von derzeit 536 Hektar auf 778 Hektar im Jahr 2019 (sh. Grafik).
Einen eigenen Standort für die Sortierung und Verpackung von Bioäpfeln zu wählen ist auch kostengünstig. Denn ansonsten müsste jede Obstgenossenschaft ihre Bio-Äpfel auf eigenen Verpackungslinien selbst verpacken. Das hätte erhebliche Aufwände bedeutet, mit eher unbefriedigendem Ergebnis.
Und mit Blick auf dem Markt sagt Alber: „Durch die strikte Trennung der Sortierung kann es unter keinen Umständen zu irgendwelchen Kontaminationen kommen.“ Ein sauberes Signal für die Biobauern nach innen und ein sauberes Signal für die Kunden am Markt nach außen. „Vor den Kunden machen wir dann eine bessere Figur“, sagt Alber.
Zur Logistik der zentralen Sortierung gehören die Anlieferung der Bioäpfel aus den anderen Obstgenossenschaften. Die Bauern werden von alldem nichts spüren, denn die Ernten werden, wie bisher auch, in den jeweiligen Heimgenossenschaften abgeliefert und zwischengelagert. Dann werden die Bioäpfel allmählich nach Kastelbell geliefert und im Gegenzug, die integriert produzierten Kastelbeller Äpfel, anteilsmäßig in die anderen Genossenschaften geschickt.
Dass damit etwas mehr Verkehr auf den Straßen erzeugt wird, sind sich Oberhofer und Alber bewusst. Diesen zusätzlichen Verkehr nehme man in Kauf, weil dieser allemal günstiger sei, als wenn jede Genossenschaft für die Bio-Apfelverpackung selbst investieren müsse.

Und noch etwas haben die Kastelbeller entschieden: In der Obstgenossenschaft Juval wird ein Hochregallager errichtet. 10 Millionen Euro, untertützt vom operationellen Programm der Europäischen Union. „Mit der Ernte 2018 wird das Hochregallager in Betrieb sein“, sagt Alber, „wir sind also 2019 bio-fit.“
Nach der Mivor, der Texel und dann der Geos wird auch die Juval ein Hochregallager bekommen. „Das ist vergleichbar mit einer Spülmaschine. Fast jeder Haushalt hat eine“, weist Oberhofer auf eine Art Selbstverständlichkeit eines Hochregallagers hin. Und Alber ergänzt: „Wie für die Bauern eine Hebebühne beinahe unverzichtbar ist, so ist es auch ein Hochregallager für eine Obstgenossenschaft.“
Im vollautomatischen Hochregallager wird die sortierte Bio-Ware gelagert werden, um bei raschem Bedarf sofortigen Zugriff auf entsprechende Partien haben zu können. Der Markt ist schneller geworden. Wer mit Wendigkeit darauf reagieren kann, hat Vorteile. Wendigkeit wird auch durch Technik bereitgestellt, wie sie ein Hochregallager zu bieten hat.
Wenn 2019 die Sortiermaschine und das Hochregallager in der Obstgenossenschaft Juval ausschließlich für Bioäpfel zur Verfügung stehen wird, ist sichergestellt, dass
Bioware genauso in die Vermarktungsschiene integriert ist, wie die integriert produzierten Äpfel. Biobauern und Bioäpfel können dann mit zur Speerspitze der VI.P gehören: sauber im Anbau, in der Sortierung, in der Verpackung, wendig am Markt.
Die Umstellung auf Bio hat neben der Einstellung zu Umweltschutz, zu schonendem Anbau, vielleicht auch zu bestimmter Lebensweise auch mit dem Umstand zu tun, dass Bio-Ware derzeit äußerst lukrativ am Markt abgesetzt werden kann. Deutschland, Skandinavien und England sind die Hauptmärkte für Bio. Die Preise gegenüber der integrierten Produktion klaffen auseinander. Mit den Auszahlungen für die Ernte 2016 kommt das wieder zum Tragen. Bio verkauft sich im Preis doppelt so gut, wie herkömmliche Ware. Im Gegenzug sind die Erntemengen pro Hektar jedoch niedriger. Thomas Oberhofer bleibt bodenständig: „Auch Bio muss sich am Markt orientieren. Wir werden diese Marktentwicklung mitmachen.“ Von der Produktsicherheit sei man bei der integriert produzierten Ware „bombensicher“ unterwegs. Für eine Umstellung auf Bio haben sowohl Oberhofer als auch Alber volles Verständnis. Was nicht gehe, sei eine oftmals mit einhergehende Missionierung und Besserwisserei. Jeder Bauer sei frei, sich für eine bestimmte Produktionsmethode zu entscheiden.

s6 TabelleDie Umstellung in der Juval sei, so formuliert es Oberhofer, ein Folgeschritt von VIP-3. Das VIP-3-Konzept beinhaltet die gemeinsame Vermarktung von Vinschger  Obst und Gemüse. Seit 10 Jahren wird diese Vermarktung umgesetzt. Und nun feilt man an der talinternen Logistik, um die Kosten der einzelnen Genossenschaften zu minimieren, an der Logistik auch auf Genossenschaftsebene. Nach dem Motto „einer für alle“ und „alle für einen“. So hat Oberhofer kürzlich im VI.P-Blick, dem internen „Informationsblatt der Vinschger Obst und Gemüseproduzenten“ den Schritt in Richtung „Bio-Abpackstätte“ in der Juval beschreiben.
Man könne sich durchaus vorstellen, dass das Bio-Projekt in der Juval als Vorbild dienen kann, für die Sortierung und das Abpacken von diversen Clubsorten.
Am Rande: Gleichzeitig mit der Bio-Sortierung in der Juval und nicht damit zusammenhängend werden 2019 die ersten Bäume von „CosmicCrisp“ gesetzt. Es ist jene hoffnungsvolle Clubsorte, die aus den Vereinigten Staaten angekauft und deren exklusive Anbaurechte in Europa sich die VI.P gemeinsam mit der VOG gesichert haben - „ein dunkelroter Apfel mit weißen Lentizellen - extrem saftig“, sagen Alber und Oberhofer. „Cosmic“ deshalb, weil die Schale an ein Himmelszelt erinnere.

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