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Dienstag, 20 Februar 2024 16:01

Laatsch und seine Fasnacht

Laatsch - Jedes Jahr um die selbe Zeit bricht im Dorf Laatsch das Fasnachtsfieber aus. Das gesamte Dorf bereitet sich auf das traditionelle Specktakel des Fasnachtsumzugs vor, welcher von der Laatscher Fasnacht organisert wird.

von Elias Pazeller

Die Laatscher Fasnacht besteht aus einem Fasnachtspräsident, der sich um die organisatorischen Belange kümmert und in den Sitzungen den Vorsitz hält. Derzeit ist dies Gabriel Brunner. In Sitzungen wird voraus festgelegt, wer für welchen Posten zuständig ist und welche Themen als Motto dienen. Die Posten werden ausschließlich von Männern aus Laatsch belegt, da die Fasnacht noch an der althergebrachten Tradition festhält. Ursprünglich besagt die alte Tradition, dass nur ledige Männer mitwirken dürfen. Dies hat sich im Laufe der Zeit aber geändert.
Charakteristisch für die Laatscher Fasnacht sind kurze Theaterstücke, welche während des Umzuges aufgeführt werden. Die Stücke werden auf einer fahrenden Bühne dargeboten, welche zu diesem Zweck an zwei Orten hält. Teil des Umzuges sind auch weitere Wagen und traditionelle Figuren. Solche Figuren sind unter anderem der Schem und der Bajazz. Aber auch Straßenkehrer, Bauersleute und Ochsenpaar mit Pflug gehören traditionsgemäß dazu. Ein sehr wichtiger Bestandteil der Laatscher Fasnacht ist auch die Fasnachtslärche, welche die Laatscher seit 1993 alljährlich zugesprochen bekommen und fällen. Dieser Baum wird beim Umzug mitgeführt und am Ende werden die Äste und der Baum versteigert.
Betrachtet man den gesellschaftlichen Wert des gelebten Brauchtums so stellt man fest, dass es für die Menschen kaum wegzudenken ist. Viele Laatscher finden zusammen und packen gemeinsam an. So müssen die Theaterstücke verfasst und geprobt werden. Die Wagen werden geplant und gebaut und noch viele kleine Vorbereitungen sind notwendig um einen gelungenen Umzug zu gestalten. Bei alldem findet reger Austausch unter den Helfern statt. Neue Freundschaften werden geknüpft und alte werden gepflegt. Man trifft sich und macht auch den ein oder anderen „Ratscher“. Auch lernt so mancher etwas Neues dazu.
Am Fasnachtssonntag gipfeln dann die ganzen Anstrengungen und Bemühungen im Umzug durch den Kern von Laatsch. Dieser ist in weiten Teilen des Landes bekannt und zieht jedes Jahr viele Schaulustige an. Auch für die jüngeren Zuschauer wird einiges geboten. So werden von fleißigen Händen vorab Lose gerollt, welche dann während des Umzuges an die Kinder verteilt werden. Dahinter verbergen sich süße Naschereien und die ein oder andere Kleinigkeit, welche von Sponsoren gestellt wird.
Für viele ist die Fasnacht kaum mehr wegzudenken aber auch die Laatscher kämpfen mit den immer größer werdenden bürokratischen Hürden. Neuere Auflagen und Bestimmungen regeln immer größere Teile einer solchen Veranstaltung bis in kleinste Detail. Diese strengen Vorschriften sind aber teilweise nur sehr schwer einzuhalten. Einige Punkte werden so stark reglementiert, dass eine Neustrukturierung im Raum schwebt. So ausgelebte Brauchtümer haben es schwer, dem Druck der Bürokratie standzuhalten und so wird in Zukunft das ein oder andere von der Bildfläche verdrängt und leider dann in Vergessenheit geraten.

Montag, 19 Februar 2024 14:02

Nachgedacht Fastenzeit 2024

von Don Mario Pinggera

Die jüngsten wirklich üblen Vorkommnisse von Antisemitismus in der Landeshauptstadt Bozen (auf Schaufenstern: «Juden werden hier nicht bedient» und «Sieg Heil») markieren tatsächlich eine Zäsur: Die rote Linie ist endgültig überschritten. Insbesondere unter Berücksichtigung der Geschichte unseres Landes: In der Nacht vom 15. auf den 16. September 1943 war Meran Schauplatz der ersten (!) Deportation von Juden aus Italien:
„Nach und nach traf es die anderen jüdischen Bewohner Merans, wie die Baronin Wally Hoffmann geb. Knapp, die liechtensteinische Staatsbürgerin war und als einzige überleben wird. Von den noch in Meran verbliebenen etwa 60 Juden fliehen mehr als die Hälfte, zurückbleiben vor allem Alte und Kranke. […] Weitere 10 Juden wurden in Bozen verhaftet und nach Meran gebracht ins Balilahaus, wo dort im Untergeschoss die Fenster abgeriegelt und zugedeckt waren. Dort blieben sie in der Hitze des Raumes ohne Nahrungsmittel, ohne Wasser, dem brutalen Verhör des SS-Kommandanten Niederwieser ausgesetzt.
Gegen 3 Uhr früh waren SOD-Männer (Südtiroler Ordnungsdienst) noch bei den Schwestern Gertrud und Meta Benjamin aufgetaucht, die sich mit Rattengift vergeblich zu töten versucht hatten. Trotz ihres schweren Zustandes wurden sie mitgenommen, Gertrud warfen sie im Balilahaus ungerührt auf den Billardtisch wie ein Stück totes Vieh. Am späten Abend des 16. September 1943 wurden alle mit einem Wagen abtransportiert, über den Jaufenpass nach Innsbruck, wo sie im Lager Reichenau eingesperrt wurden. Einige verstarben noch in Innsbruck-Reichenau.
Anfang März 1944 kamen die Überlebenden in das Vernichtungslager Auschwitz, wo sie wahrscheinlich am 7. März eintrafen. Ein Teil wurde bereits bei der Ankunft an der Rampe direkt zur Gaskammer geführt.“
(Ludwig Walter Regele, Meran und das Dritte Reich, Innsbruck 2007, S. 123ff; zitiert nach: Mario Pinggera, Musik und Kirche unter dem Einfluss der Nationalsozialistischen Diktatur in Südtirol, Zürich 2021, S. 156).

Die jüdische Gemeinde Merans hat somit am 16. September 1943 aufgehört zu existieren.
Insbesondere in Anbetracht der politischen Geschehnisse in Deutschland und dem Aufstreben der AfD sind derartige Schmierereien in Bozen besorgniserregend und nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Sollten Ideen einer solchen Partei einst zur Umsetzung gelangen, landen wir zwangsläufig in der der Endstation der Unmenschlichkeit wie einst. Niemand soll sich bereits der Ausrede bedienen „Wir hätten es nicht gewusst“!

 

Montag, 19 Februar 2024 14:01

Leserbriefe Ausgabe 4-24

Staatsrat hält am Systemfehler fest
„Der Weg geht weiter. Die Motivation, eine nachhaltige, umweltverträgliche und dem Menschen dienende Landwirtschaft zu schaffen, ist noch größer geworden. Die Gemeinde Mals bemühte sich seit 2015, die erste pestizidfreie Gemeinde Europas zu werden. 76 Prozent der 5000-köpfigen Gemeinde stimmten für biologische Landwirtschaft und Naturschutz. Dieser Aufstand gegen die Mächtigen in der Landesregierung und gegen den Bauernbund ging als „Wunder von Mals“ um die Welt und schrieb Geschichte. Ist nun diese Vision endgültig vom Acker? Was bleibt zurück? - Eine ohnmächtige Mehrheit auf ihren Trümmern der Gefühle?
Der Staatsrat in Rom hat beide Verordnungen der Gemeinde Mals zur Aufhebung und zur Abstandshaltung der Pestizide in Wohngebieten abgelehnt. Die Gemeinde Mals sei dafür nicht zuständig, hieß es. Jeder kann also weiterhin auf dem Gemeindegebiet Mals spritzen. Das Urteil ist Fakt. Fakt ist auch der Wunsch der Bürgerinnen, die ihren Enkeln eine zukunftstaugliche Welt hinterlassen wollen. Und dieser Wunsch konnte durch das Urteil nicht zu Fall gebracht werden.
Fakt ist aber auch: Luft, Wasser, Natur und Boden sind Allgemeingut. Ohne Luft lebt kein Mensch, kein Wesen auf dieser Welt, ohne Wasser auch nicht, um nur zwei Allgemeingüter zu nennen. Gewinnmaximierung bringt jedoch bei einer feststehenden Menge an Wasser, Luft und Boden nichts, weil diese Menge nicht vergrößert werden kann. Es gibt nur eine Erde und mit dieser müssen wir haushalten lernen.
Wohlstand und Wachstum sind nur möglich, wenn man Technik einsetzt und Energie nutzt. Leider wird die Ökoenergie aus Sonne und Wind aber niemals reichen, um weltweites Wachstum zu befeuern. Die Industrieländer müssen also eine Kreislaufwirtschaft anstreben, in der nur noch verbraucht wird, was sich recyceln lässt.
Ernst F. Schumacher plädierte schon 1972 für eine Rückkehr zum menschlichen Maß in der Wirtschaft, in seinem Buch „Small is beautiful. Die Rückkehr zum menschlichen Maß.“ Heute ist die Frage nach dem rechten Maß in Wirtschaft und Technik aktueller denn je. Unser Wirtschaftssystem ist leider immer noch so aufgebaut, dass Allgemeingut wie Wasser, Luft, biologische Lebensmittel gewinnorientiert und Gewinn maximierend berechnet und gehandelt werden. Nur wer Geld hat, hat Zugang zu diesen Allgemeingütern. Eine hochtechnisierte Landwirtschaft, wie wir sie haben, lässt sich nicht so leicht umstellen. Denn je technisierter, folglich kapitalintensiver, die Landwirtschaft ist, desto leichter lässt sie sich kontrollieren und ihre Verfügbarkeit zentralisieren. Perfekt für eine konservative Politik mit schnellen Lösungen.
Deshalb brauchen wir Denkrichtungen, um unseren zerstörerischen Wachstumspfad zu verlassen. Wir brauchen ein Konsum befreites Leben, damit wir eine „Kultur des Genug“ entwickeln. Denn nur mit einer „zufriedenen Genügsamkeit“ werden sich die großen Krisen unserer Zeit lösen lassen.
Was ist denn das Besondere am „Wunder von Mals“? Die Malser sind Meister im Durchhaltevermögen gegenüber einer konservativen Regierung und im Glauben, dass diese Allianz der Mächtigen zu Reformen bereit sei. Die Malser schauen in die Zukunft und spüren ihre Verantwortung für die künftigen Generationen. Heute vielleicht von Vielen als Traum oder Vision belächelt. Es braucht aber Vordenker. Und es werden immer mehr. Sie geben sich nicht ohnmächtig. Das Streben nach einer verträglichen Wirtschaftsweise und nach einem gesunden und zukunftstauglichen Leben für alle kann kein Gerichtsurteil verhindern. Vielleicht geben die Belagerungen der Bauern in der EU ihnen jetzt Recht? Das ist das Wunder.
Umweltschutzgruppe Vinschgau

 

Gemeindeversammlung vom 02.02.2024
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Gemeinde Val Müstair haben anlässlich der Gemeindeversammlung vom 02.02.2024 mit grosser Mehrheit der Teilrevision der Gemeindeverfassung zugestimmt. Neu, ab Beginn der Legislatur 2025 – 2028, wird der Gemeindevorstand von 7 auf 5 Mitglieder reduziert, die Baukommission von 5 auf 3 und der Schulrat ebenfalls von 5 auf 3. Dieser Entscheid muss noch anlässlich der Urnenabstimmung vom 03.03.2024 bestätigt werden. Genehmigt wurde auch ein Kredit von Fr. 490‘000.00 für die Sanierung der Quartierstrasse Friedrich Hoppe in der Fraktion Müstair. Die Biosfera Val Müstair, als öffentlich-rechtliche Anstalt der Gemeinde Val Müstair, hat an diesem Abend ihr Programm und die Finanzierungsfrage für die neue Programmperiode 2025 – 2028 vorgestellt. Dieses Dokument ist eine Bedingung des Bundesamtes für Umwelt und dient als Grundlage für die Bewertung seitens des Bundes und des Kantons, für Ausrichtung ihrer jährlichen Unterstützungsbeiträge. Die Programmperiode 2025 – 2028 wurde, einschliesslich dem jährlichen Gemeindebeitrag von Fr. 240‘000.00, welcher auch die Grundlage für den Erhalt des Bundes- und Kantonsbeitrags bildet, einstimmig genehmigt.
Für die Gemeinde Val Müstair,Gabriella Binkert Becchetti, Präsidentin

 

„Bedrohliche Aussage“


Sehr geehrte Redaktion,
ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die jüngsten Äußerungen des neuen Landesrats für Landwirtschaft und Tourismus lenken, wie sie in Ihrem Artikel „ Miar sain Miar - Wenn mir Bauern zusammenhalten, dann kennen die anderen nur kommen!“ wiedergegeben werden. Diese Äußerungen sind äußerst bedenklich und dürfen nicht unbeachtet bleiben. Es ist klar erkennbar, dass es sich hierbei um eine bedrohliche Aussage handelt, die nicht toleriert werden kann. Um die Tragweite dieser Drohung zu verstehen, müssen wir den Kontext, in dem sie gemacht wurde, sorgfältig betrachten.

Es ist von entscheidender Bedeutung zu betonen, dass politische Vertreter dazu verpflichtet sind, in ihrer Kommunikation respektvoll und konstruktiv zu sein, insbesondere in Bezug auf internationale Beziehungen und politische Angelegenheiten. Drohungen gegen Einzelpersonen oder Organisationen dürfen keinesfalls Teil des politischen Diskurses sein. Es ist an der Zeit, dass wir als Gesellschaft jegliche Form von Drohungen oder unangemessenem Verhalten entschieden verurteilen und uns für einen respektvollen und konstruktiven politischen Dialog einsetzen. Nur durch gegenseitigen Respekt und Zusammenarbeit können wir die Herausforderungen bewältigen, vor denen wir als globale Gemeinschaft stehen. Die Aussagen eines Landesrats sind von besonderer Bedeutung und sollten Anlass zur kritischen Überprüfung seiner politischen Agenda und Handlungen geben. Es ist wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger wachsam sind und darauf achten, dass ihre Vertreter eine gerechte und ausgewogene Politik verfolgen, die die Interessen der gesamten Gemeinschaft angemessen berücksichtigt. Insbesondere in einem vielfältigen und multikulturellen Kontext wie Südtirol müssen politische Vertreter die verschiedenen Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung im Auge behalten und sich um eine inklusive und integrative Politik bemühen. Wir müssen uns gemeinsam den Herausforderungen der Bürokratie stellen und nach Lösungsansätzen suchen, um die Belastung für die Bürgerinnen und Bürger zu verringern. Ebenso müssen wir konstruktive Wege finden, um mit Umweltfragen wie dem Management des Wolfes umzugehen, die sowohl die natürliche Umwelt schützen als auch die Interessen der Landwirte berücksichtigen. Es ist bedauerlich und inakzeptabel, wenn eine Organisation, die normalerweise die Interessen ihrer Mitglieder vertritt, zu Drohungen oder Gewalt greift. Die Führungskräfte des Bauernbundes sollten sicherstellen, dass solche Verhaltensweisen nicht toleriert werden und dass die Organisation weiterhin auf rechtmäßige und respektvolle Weise für die Belange der Landwirte eintritt. Es ist an der Zeit, dass wir als Gemeinschaft zusammenstehen, um solche unakzeptablen Äußerungen und Handlungen zu verurteilen und uns für einen respektvollen und konstruktiven Umgang miteinander im Interesse aller Bürger und Bürger für unserer Heimat einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Kofler Josef - Latsch

Dienstag, 20 Februar 2024 15:00

Impressionen Gianni Bodini

Vermoi Spitz (2929m). Dieser Gipfel mit dem geheimnissvollen Namen ist einer der schönsten Aussichtspunkte des Vinschgaus. Aufgepasst: das Bild mag täuschen, von St. Martin aus ist es kein Katzensprung, aber die Mühe lohnt sich.
Foto: Gianni Bodini - www.fotobybodini.it

Montag, 19 Februar 2024 13:59

Mitgefühl

Psychologie

„Die Anderen haben mich nicht mitspielen lassen; keiner mag mich.“ Stellen Sie sich vor, ihr Kind kommt voller Kummer nach Hause. Sie werden sich liebevoll und tröstend ihrem Kind zuwenden. Mitgefühl beschreibt grob gesagt das einfühlende, verständnisvolle Annehmen eines anderen Menschen. Die liebevolle Zuwendung fördert bereits bei kleinen Kindern die Fähigkeit, selber Fürsorglichkeit zu empfinden. Sind die Erwachsenen mit der Angst, Scham und Trauer der Kinder solidarisch und anteilnehmend, so lernen diese langsam, mit den eigenen unangenehmen Gefühlen umzugehen. Mitgefühl zu empfinden ist eine wichtige Fähigkeit, die zum Gelingen von Freundschaften und Partnerschaften beiträgt und zentral für das menschliche Zusammenleben ist. Ich bin in diesem Moment ganz für dich da und nehme deine Betroffenheit und Bedauern ernst. Beim Mitleid dagegen besagt schon das Wort, dass ich mit dem anderen leide. Doch damit werte ich die leidende Person als schwach ab.
Bei echtem Mitgefühl passiert das nicht. Im Vertrauen darauf, dass ich verschiedenste leidvolle Lebenserfahrungen bereits gemacht habe, begegne ich anderen Menschen auf Augenhöhe. Es bedarf lediglich des Wohlwollens für sich und andere und eine geduldige, freundliche und mitfühlende Haltung. Durch Selbstmitgefühl bin ich in der Lage, meine eigenen Impulse und Gemütsverfassungen wahrzunehmen und es gelingt mir leichter, das Wohlwollen meiner Mitmenschen anzunehmen. Wir neigen dazu, mit uns selbst hart ins Gericht zu gehen und daher scheint dies mitunter die schwerste Übung zu sein.
Mitgefühl befähigt uns Menschen, Leiden gleich welcher Art zumindest ein wenig zu lindern.

Elisabeth Hickmann
Einzel-, Paar- und Familienberatung
www.beratung-hickmann.it
Tel. 333 269 0799
beratung@hickmann.it

Interview mit Gertrud Wellenzohn, seit 1. September 2022 Direktorin vom Bildungshaus Schloss Goldrain

Vinschgerwind: Was sind die größten Herausforderungen bei der Führung eines Bildungshauses?
Gertrud Wellenzohn: Es gibt viele Herausforderungen finanzieller, organisatorischer und personeller Art. Im Kleinunternehmen Schloss Goldrain werden verschiedene Aufgaben wahrgenommen. Wir organisieren Seminare und Kurse, wir bieten Räume für Gastveranstaltungen, wir haben einen Restaurantbetrieb und ein Gästehaus. Das sind viele Aufgaben für den kleinen Mitarbeiterstab. Jeder Bereich ist sehr aufwändig und letztlich sorgt ein kleines, sehr motiviertes Mitarbeiterteam dafür, dass alles gut läuft. Darin liegt wohl die größte Herausforderung. Unsere Hauptaufgabe liegt in der Planung und Organisation von Weiterbildungsveranstaltungen für Erwachsene. Es müssen Themen und Referenten gefunden werden, die dem Wunsch nach Weiterbildung entsprechen. Der Weiterbildungsmarkt in Südtirol stagniert seit zehn Jahren. Zudem gibt es immer mehr Anbieter, die sich diesen gesättigten Markt teilen und sich gegenseitig verdrängen. Um auf diesem Markt bestehen zu können, müssen wir Schwerpunkte setzen.

Vinschgerwind: Wie wichtig sind Gastveranstaltungen und welche Gäste kommen nach Goldrain?
Gertrud Wellenzohn: Gastveranstaltungen sind Veranstaltungen, die anderswo geplant, aber im Schloss durchgeführt werden. Meist sind es Betriebe, welche bei uns Fortbildungen durchführen oder Musiker, Chöre oder Wissenschaftler, die eine Woche lang üben oder sich mit einem Themenkreis beschäftigen. Diese Gastveranstaltungen sind sehr wichtig für uns, denn die „Gäste“ mieten Räume, schlafen im Gästehaus und essen in unserem Restaurant. Meist handelt es sich um Menschen, die sich in den Räumlichkeiten des Schlosses sehr wohl fühlen und die Atmosphäre hinter den Schlossmauern lieben.

Vinschgerwind: Was sind die Besonderheiten, die Vorzüge von Schloss Goldrain?
Gertrud Wellenzohn: Dank der gelungenen Restaurierung von Schloss Goldrain gegen Ende der 1980iger Jahre ist dem Gebäude eine außergewöhnliche Atmosphäre inne. Es gibt Säle und Stuben, die unvergleichlich in ihrer Schönheit bei gleichzeitiger Schlichtheit sind. Die Menschen, die zu uns kommen, fühlen sich in diesen Räumen sehr wohl. Sie können in diesen Mauern abschalten und das Schlossgelände genießen. Das Bildungshaus Schloss Goldrain sieht sich als Ort der Begegnung und der Weiterbildung in einem besonderen Ambiente. Deshalb sind es auch die Veranstaltungen im Bereich der Persönlichkeitsbildung und Gesundheitsbildung, die hier gut angenommen werden.

Vinschgerwind: Was sind die Schwerpunkte, wer die Zielgruppen?
Gertrud Wellenzohn: Dass die Schwerpunkte nicht im Bereich der Digitalisierung, im Bereich der Schulungen rund um KI geht, liegt in der Natur der Dinge. Der Mensch und sein Bedürfnis nach Weiterbildung und Entwicklung bilden den Schwerpunkt unserer Arbeit. Es geht zum einen um das große Spektrum der Persönlichkeitsbildung. Dazu gehört der ganzheitliche Ansatz, um den Menschen in einer überforderten Gesellschaft Halt zu geben, Resilienz aufzubauen, Würde zu wahren und eine gute Kommunikation zu ermöglichen. Wie man das erreichen kann, zeigt ein vielfältiges Weiterbildungsangebot. Dazu gehören Themen wie die gewaltfreie Kommunikation, Massagetechniken, Innehalten und Meditation, Fastenseminare, Tod und Sterben, etc. Ein weiteres großes Thema ist die Gesundheit. Was kann ich tun, um meinen Körper und meinen Geist fit zu halten? Die Kreativität spielt noch eine Nischenrolle, das möchten wir ändern. Es geht im Bildungshaus um Erwachsenenbildung, d.h. wir sprechen vor allem Menschen an, welche für den Grundbedarf an Bildung wie Schule, Ausbildung, für Familie und Wohnen bereits gesorgt haben. In den Schulferien finden Kinder und Jugendliche ein umfangreiches Angebot bei den Sommer-Aktiv-Wochen im Schloss.

Vinschgerwind: Was hat sich durch die Corona Pandemie und durch Ihre Führung geändert.?
Gertrud Wellenzohn: Die Corona Pandemie hat die Weiterbildung in die Knie gezwungen. Jetzt gilt es wieder aufzubauen und auf die Bedürfnisse der Gesellschaft zu hören und sich im Weiterbildungsangebot daran zu orientieren. Ich bin nach der zwanzigjährigen Tätigkeit von Claudia Santer am 1.9.2022 ins Schloss gekommen. Es ist mein Wunsch, dieses schöne Schloss wieder zu einem Zentrum der Kultur und Bildung zu machen. Das ist ein großes Ziel und der Weg dahin ist nicht einfach. Gleich zu Beginn meiner Arbeit gab es die Energiekrise, die uns finanziell schwer zugesetzt hat. Schließlich haben wir das Schloss für zwei Monate geschlossen. Wir arbeiten daran, unsere Weiterbildungstätigkeit auszubauen und Schloss Goldrain ein klareres Profil zu geben. Eine Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten ist die gute Beziehung zur Umgebung. Deshalb war es mir ein Anliegen, einen guten Austausch mit den Menschen vor Ort, den Bewohnern von Goldrain und mit der Eigentümergemeinde Latsch zu pflegen. Es ist eigentlich ihr Schloss und ihre Geschichte, vor allem die Fraktion Goldrain ist eng mit dem Schloss Goldrain verbunden. Ich freue mich, wenn die Menschen von hier zu den Veranstaltungen ins Schloss kommen.

Vinschgerwind: Wer sind die wichtigsten Kooperationspartner des Hauses?
Gertrud Wellenzohn: Wir haben mit der Gemeinde Latsch, der Schule, dem Bildungsausschuss Goldrain Morter einen guten Austausch. Im Schloss werden auch standesamtliche Trauungen durchgeführt. Wir werden von der Gemeinde Latsch gut unterstützt. Wir sind in diesem Jahr auch Mitglied des Tourismusvereins Latsch Martell geworden. Wir bieten z. B. auch Schlossführungen an. Auch die Vinschger Gemeinden haben uns im letzten Jahr unterstützt. Dafür sind wir dankbar und sehen dies als Auftrag für unser Weiterbildungsprogramm. Wir haben die Unterstützung der Bezirksgemeinschaft erfahren und sind im Austausch mit den anderen Bildungshäusern. Wir pflegen einen regelmäßigen Austausch mit dem GWR, der Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung in Spondinig. Wir arbeiten eng mit dem Amt für Weiterbildung zusammen; es gibt die Richtlinien für unsere Arbeit durch das Weiterbildungsgesetz vor. Dann gibt es auch noch Kooperationen mit Vereinigungen im In- und Ausland, welche Gastveranstaltungen bei uns abhalten.

Vinschgerwind: Welche Bedeutung hat das Bildungshaus für Südtirol, für den Vinschgau?
Gertrud Wellenzohn: Die Weiterbildungslandschaft in Südtirol hat sich stark gewandelt. Südtirol hat eine große Dichte an Bildungshäusern. Es sind insgesamt 5 Bildungshäuser, vier davon befinden sich im Einzugsgebiet der Ballungszentren Bozen und Brixen. Wir sind sehr klein und liegen peripher. Wir sind das einzige Bildungshaus, das nicht von einer religiösen Organisation geführt wird. Das gibt uns einige Freiheiten. Es ist schwer einzuschätzen, wie groß die Bedeutung von Schloss Goldrain für Südtirol ist. Die Bedeutung für den Vinschgau ist sicher gegeben. Neben den vielen kleinen Weiterbildungseinrichtungen haben wir auch eine große Kraft als etabliertes Bildungshaus. Unsere Gesellschaft unterliegt einem starken Veränderungsprozess. Wie kann der Mensch umgehen mit den vielfältigen Herausforderungen wie den demographischen Wandel, Klimawandel, Überforderung, nachhaltiges Handeln, aggressiver Kommunikation. Das ist eine wichtige Aufgabe und auch Inhalt vieler Weiterbildungseinheiten. Die Weiterbildung kann Menschen in diesem Prozess begleiten und dabei unterstützen. Es braucht aber neue Inhalte, neue Bildungsformate und neue Finanzierungsmöglichkeiten.

Interview: Heinrich Zoderer

 

Bildungshaus Schloss Goldrain
www.schloss-goldrain.com

 

Montag, 19 Februar 2024 13:56

Pestizide bis in die Gipfelregion

Vinschgau/Landau/Wien - Eine aktuelle Studie der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) zeigt, dass Pestizide nicht auf der Anbaufläche bleiben, sondern im ganzen Tal bis in Höhenlagen zu finden sind. Lange gingen selbst Fachleute davon aus, dass die synthetischen Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel im Wesentlichen in der Apfelanlage verbleiben und maximal noch im nahen Umfeld zu finden sind. Mit der modernen Analytik von heute kann man bis zu einhundert Pestizide gleichzeitig und auch in geringen Konzentrationen messen.
Im Vinschgau wurde bereits vor einigen Jahren ein Rückgang von Schmetterlingen auf den Bergwiesen beobachtet. Fachleute vermuteten einen Zusammenhang mit dem Einsatz von Pestiziden im Tal, aber es gibt kaum Studien zur Frage, wie weit aktuelle Pestizide tatsächlich transportiert werden und wie lange sie in Boden und Pflanzen verbleiben. Dies war der Anlass für Carsten Brühl und seinen Kollegen Johann Zaller von der BOKU, im Vinschgau die Verteilung von Pestiziden in der Umwelt zu untersuchen.
„Aus ökotoxikologischer Sicht ist das Vinschgauer Tal besonders interessant, da man im Tal hochintensiven Anbau mit vielen Pestiziden hat und auf den Bergen empfindliche alpine Ökosysteme, die teilweise auch streng geschützt sind“, erläutert Brühl. Gemeinsam mit seinem Team sowie Fachkollegen der BOKU und aus Südtirol hat er die Pestizid-Belastung auf Landschaftsebene untersucht – entlang des ganzen Tals bis in Höhenlagen. Für ihre Studie haben die Forscher insgesamt elf sogenannte Höhentransekte entlang der gesamten Talachse untersucht, Strecken, die sich vom Talboden von 500 Meter Seehöhe bis auf die Berggipfel mit 2.300 Meter erstrecken. Entlang dieser Höhentransekte entnahm das Team auf Höhenstufen alle 300 Meter Untersuchungsmaterial. An insgesamt 53 Standorten wurden so Pflanzenmaterial gesammelt und Bodenproben gezogen. „Wir fanden die Mittel in entlegenen Bergtälern, auf den Gipfeln und in Nationalparks. Dort haben sie nichts verloren“, unterstreicht Brühl. Die Stoffe verbreiten sich aufgrund der teilweise starken Talwinde und der Thermik im Vinschgau weiter als man aufgrund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften annehmen könnte. Nur an einer einzigen Stelle haben die Forscher in den Pflanzen keine Wirkstoffe gefunden – interessanterweise gibt es an jener Stelle auch sehr viele Schmetterlinge.

Dienstag, 20 Februar 2024 16:00

Energiegemeinschaft

Vinschgau/Schlanders - Eine einzige Energiegemeinschaft für den Vinschgau - vom Reschen bis Naturns - das schwebt den BM und den Energieakteuren vor. Die Gründung einer neuen Genossenschaft steht unmittelbar bevor.

von Erwin Bernhart

Die Akteure von E-Werken, von Fernheizwerken und die BM des Tales waren am 9. Februar in die Bezirksgemeinschaft geladen. Bezirkspräsident Dieter Pinggera flankiert von Michael Wunderer (E-Werk Prad) und von Alexander Telser (VEK) informierte über die bevorstehende Gründung einer großen Energiegemeinschaft, die das Einzugsgebiet von Reschen bis nach Plaus umfassen solle. Auslöser dieser bevorstehenden Gründung in Form einer Genossenschaft sind das von Rom erlassene Dekret zu den Energiegemeinschaften und die PNRR-Fördergelder von rund 4 Millionen Euro, von denen rund 3 Millionen Euro auf die Gemeinden des Vinschgau aufgeteilt in Fotovoltaikanlagen investiert werden sollen.
Der Start der Energiegemeinschaft erfolgt bei Null - also keine Stromerzeuger und keine Stromverbraucher. Aber alle neuen Anlagen, Fotovoltaik, neue E-Werke, möglicherweise neue ORC-Kessel in den Fernheizwerken, jedenfalls alle neuen Anlagen, die Strom erzeugen und sich der Energiegemeinschaft anschließen, können mit neu aufgelegten Förderungen rechnen. Dies betrifft auch Verbraucher, die sich in die Energiegemeinschaft einschreiben. Man werde dabei nicht reich, betonten der VEK-Geschäftsführer Alexander Telser und Michael Wunderer vom E-Werk Prad. Aber es sei eine zusätzliche Strategie für die Transformation hin zur Energiewende. Und da wollen alle Gemeinden und die Energieakteure im Vinschgau einen gemeinsamen Weg signalisieren und so einen kritische Masse für die Wirtschaftlichkeit zusammenbringen. Alle bisherigen Förderungen bei der Fotovoltaik etwa bleiben bestehen, ebenso alle Energielieferungen über die E-Werke. Innerhalb der Energiegemeinschaft gibt es eine zusätzliche Förderung, die sich direkt auf Erzeugung und zeitgleichem Verbrauch bezieht. Diese Förderung wird zwischen Erzeugern, Verbrauchern und Verwaltung aufgeteilt.
Der Staat ist bestrebt, regenerative Energie zu fördern. Das Modell der Energiegemeinschaften kann dazu beitragen, dass mehr Fotovoltaikanlagen errichtet werden, vielleicht auch, dass mehr E-Werke an Bächen hinzukommen und das Modell ist so ausgelegt, dass Energieerzeugung und Energieverbrauch regionalisiert werden.
Der Energiegemeinschaft, so ist es per Dekret vorgesehen, dürfen höchstens bis zu 45 % Industrie und Gewerbe beitreten. 55 % der anderen Teilnehmer müssen Einzelhaushalte sein.

Montag, 19 Februar 2024 13:54

Faltenrock - Feiern für Fortgeschrittene

Feiern ist nur was für „die Jugend“? Von Wegen! Bei Faltenrock wollen wir uns daran erinnern, wer die fortgeschrittene, also die schon länger erprobte, „Jugend“ ist und alle herzlich einladen, mit uns das Tanzbein zu schwingen. Musikalisch wird es eine bunte Mischung aus Rock/Pop-Covers geben. Gespielt von Livebands und DJ. Fr, 23.02.2024: 19:00 - Einlass und Warmtanzen mit Kevin Jopa aka Otti; 20:00 - Backbone Boogie; 22:00 - Shocking Minds; 00:00 - Rock ‚n‘ Roll DJ-Set After Show Party. Tickets: 15€ an der Abendkasse

Montag, 19 Februar 2024 13:53

Kampfzone

Schlanders - Das Kasernenareal in Schlanders bleibt Kampfzone. Der Gemeindeauschuss von Schlanders hat in der vergangenen Woche beschlossen, gegen den Beschluss der Landesregierung vor dem Verwaltungsgericht zu rekurrieren. Die Landesregierung hatte zu Beginn der Adventszeit 2023 der Gemeinde Schlanders eine Unterschutzstellung von Teilen des Kasernenareals beschert. Nun holt die Gemeinde Schlanders unter BM Dieter Pinggera und dem Kasernenverwahrer und Generalsekretär Georg Sagmeister zum entscheidenden Schlag aus. Wie immer bei heiklen Angelegenheiten wird der Ausschussbeschluss spitz formuliert. So heißt es etwa, dass „das Denkmalamt mit Maßnahme vom 11.10.2022 die direkte Denkmalschutzbindung für das gesamte Areal vorgeschlagen hat“ und “dass die Gemeinde bereits damals mit dieser Maßnahme (...) nicht einverstanden war“ und „dass die vom Gesetz vorgegebene Frist von 180 Tagen für die Umwandlung der provisorischen Maßnahme in eine endgültige Unterschutzstellung verstrichen ist, ohne dass von Seiten des Landes eine diesbezügliche Maßnahme getroffen wurde“ und „dass die Landesregierung weit außerhalb der obigen Frist, in der Sitzung vom 05.12.2023, beschlossen hat, Teile des Kasernenareals unter direktem Denkmalschutz zu stellen, ohne dass die Gemeinde involviert, noch über diesbezügliche Unterlagen dazu in Kenntnis gesetzt wurde.“
Die Vorgehensweise des Landes sei „inhaltlich und formalrechtlich nicht rechtmäßig und ungesetzlich, sowie unbegründet bzw. widersprüchlich“. Der Ausschuss hat seinen Hofrechtsanwalt Anton von Walther mit dem Rekurs beauftragt.
Damit will die Gemeinde Schlanders rechtlich klären lassen, ob der damals lastenfreie Kauf des Kasernenareals nachträglich eine, wenn auch nur teilweise Denkmalbindung erfahren kann. Dass die kampferprobte Gemeinde Schlanders alle Instanzen durchfechten wird wollen, wird vor allem vor dem Hintergrund der Bebauungsmöglichkeiten klar. Die Kasernenkampfzone bleibt also aufrecht und gekämpft wird mit rechtlichen, also friedlichen Mitteln. (eb)


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