Montag, 04 Januar 2016 09:26

Nationalpark Stilfserjoch - Überwintern im Gebirge Strategien unter den Alpentieren

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268B3Wolfgang Platter, am Silvestertag 2015

Der Winter ist in den nördlichen Breitengraden  um den Polarkreis und in den Gebirgen ein scharfer Auslesefaktor unter den Pflanzen und Tieren. Wer als Tierart im kontinentalen Klima der Alpen den Winter übersteht, hat sich im Laufe der Evolution an den Extremstandort Hochgebirge angepasst.

In strengen Wintern mit hoher Schneedecke und polaren Temperaturen gibt es bei dem knappen Nahrungsangebot eine verschärfte Selektion unter den Tieren. Nur die stärksten Individuen einer Art überleben, schwache Tiere fallen dem Hunger oder der Erschöpfung zum Opfer oder sind leichte Beute für ihre Fraßfeinde in der Nahrungskette.

Wechselwarm und eigenwarm
Enrico Pozzi 2006Unter den fünf Wirbeltierklassen sind die Fische, die Lurche und die Kriechtiere wechselwarme Tiere. Ihre Körpertemperatur passt sich an die Umgebungstemperatur an. Im Winter sinkt daher die Körpertemperatur stark ab, die Lebensfunktionen werden reduziert und die Tiere fallen in Winterstarre. Ihr Energieverbrauch ist dann extrem reduziert.
Vögel und Säugetiere sind eigenwarme Vertreter der Wirbeltiere. Sie halten ihre Körpertemperatur konstant und müssen dafür sehr viel Energie aufwenden. Im kontinentalen Klima unserer Alpen haben die verschiedenen Arten von Vögeln und Säugetieren unterschiedliche Strategien entwickelt, den Winter als lebensfeindliche Jahreszeit zu überstehen. In Bezug auf die unterschiedlichen Überlebensstrategien lassen sich die zwei großen Gruppen der aktiven und der passiven Überwinterer unterscheiden.

Stand-, Zug- und Strichvögel
Unter den Vögeln gibt es Arten, welche dem Winter durch weiträumige Flugwanderungen ausweichen: Es sind dies die Zugvögel. Zu ihnen zählen aus dem einheimischen Artenspektrum vor allem die Insektenfresser. Ihnen fehlt im Winter bei uns die Nahrungsgrundlage.
Die auch im Winter in unseren Breitengraden verweilenden Vogelarten sind Standvögel. Teilzieher und Michele De Lorenzi 2007Mischformen zwischen Stand- und Zugvögeln werden unter dem Begriff Strichvögel zusammengefasst. Es ist bekannt, dass durch die Erderwärmung und den damit einhergehenden Klimawandel manche Vogelarten unter den Zugvögeln in milden Wintern das Mittelmeer nicht mehr überqueren und nicht mehr in Afrika überwintern, sondern bereits in Südeuropa verweilen. Zu ihnen gehören immer häufiger die Weißstörche und die Felsenschwalben.

Winterruher, Winterschläfer und aktive Überwinterer
Passive Überwinterer unter den Säugetieren der Alpen sind das Murmeltier als Winterschläfer und der Braunbär und das Eichhörnchen als Winterruher.
Zu den aktiven Überwinterern gehören alle vier einheimischen Huftierarten unter den Wildtieren: Reh, Rotwild, Steinwild und Gämse.
Die Körpertemperatur konstant hoch bei 37 und mehr Grad Celsius zu halten, bedarf großer Energiemengen. Diese Energie kann nur aus verfügbarer, aufgefundener, aufgenommener und verdauter Nahrung gewonnen oder aus der Verbrennung von im Körper eingelagerten Fettreserven bezogen werden. Und wenn das Nahrungsangebot im Winter knapp und die Nahrungsaufnahme erschwert sind, kann ein Tier auch leicht an seine Überlebensgrenze kommen. In der Zoologie gibt es eine Faustregel, dass Lebensfunktionen wie Stoffwechsel, Herzschlag und Atemfrequenz umso höher sind, je kleiner die Körpermasse eines Tieres ist. Anders ausgedrückt: Kleine Tiere verbrennen besonders viel Energie und müssen daher in viel kürzeren Zeitintervallen fressen als größere Tiere mit langsamerer Herz- und Atemfrequenz oder Flügelschlägen bei Vögeln.

Rücksicht
Wer im Winter Bergsportarten im Freien betreibt und dabei auch in die Lebensräume von Alpentieren vordringt, kann zum tierischen Alpenschutz einen wertvollen Beitrag leisten, wenn er bei seiner Touren- und Routenwahl die Wintereinstandsgebiete der Wildtiere ausspart und umgeht. In Ruhezonen überstehen die Wildtiere den Winter leichter als in Störzonen, wo sie häufig in die Flucht geschlagen werden und dabei ihre Energiereserven verbrennen.

Haar- und Federwechsel
143B4Kälte und Frost, Wind und Wetter überstehen die aktiven Überwinterer unter den Wildtieren in den Alpen auch durch den Fell- und Federwechsel. Das Winterhaar verschiedener Säugetierarten ist aus zwei Haarschichten  unterschiedlicher Länge und Dichte zusammengesetzt. Diese Doppeldecke optimiert den Kälteschutz. Ähnlich gut schützen auch die Winterfedern bei alpinen Vogelarten. Luft zwischen den Federn ist zudem ein guter Isolator. Ein Paradebeispiel für mehrfache Anpassung an das winterliche Leben im Gebirge ist die kugelige Ausformung des Körpers beim Schneehuhn, sein saisonaler Feder- und Farbwechsel, aber auch sein befiederter Raufuß, welcher durch die Befiederung bis zu den Zehen und durch die Ausbildung von Hornsporen das Einsinken in den Schnee verhindert: Die vergrößerte Auftrittsfläche wirkt wie ein Schneeteller.
Der Farbwechsel vom erdbraunen bis grauen Sommer- zum schneeweißen Winterkleid dient vorwiegend der Tarnung und damit auch dem Schutz vor Fraßfeinden. Bekannte Beispiele sind das Mauswiesel oder Hermelin, der Schneehase und eben das Schneehuhn.

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