„I hon olm gschuntn“

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Antonia Niederfriniger Wwe. Kurz, genannt Touna, Jg. 1924, Tschengls. Ihre größte Sorge gilt ihrer beeinträchtigten Tochter Maria. Diese möchte sie noch lange behüten. Denn es fällt ihr schwer, sie loszulassen.  Antonia Niederfriniger Wwe. Kurz, genannt Touna, Jg. 1924, Tschengls. Ihre größte Sorge gilt ihrer beeinträchtigten Tochter Maria. Diese möchte sie noch lange behüten. Denn es fällt ihr schwer, sie loszulassen.

Antonia Niederfriniger Wwe. Kurz, die „Franza Kasper Touna“, feiert am 31. Juli 2024 in Tschengls ihren 100. Geburtstag. Ihre Mutter war mit ihr schwanger, als der verheerende Dorfbrand am 18. April 1924 auch den Heimathof der Familie zerstörte.

von Magdalena Dietl Sapelza

Touna verbrachte ihre ersten Lebensmonate im Haus ihrer Verwandten, die ihren Eltern und den vier Geschwistern nach dem Brand Unterschlupf gewährt hatten. Erst nach mühevollem Aufbau konnte die Familie wieder in ihren Hof einziehen. „Dr Votr isch für a bissl Gelt oft als Knecht noch Meran gongen“, erzählt sie. Drei Geschwister kamen noch dazu. Touna besuchte die italienische Schule. Als 14-Jährige vermittelte ihr die „Maestra“ eine Stelle im italienischen Kindergarten. Dort wurden 37 Kinder in blau-weißen Balilla Uniformen betreut. Touna scheuerte Holzböden, heizte die Öfen ein, bürstete den Schnee von den Schuhen der Kinder, zog ihnen die Pantoffel an, wusch Wäsche und einiges mehr. „Jeds Kind hot zur Jause an Epfl unt a Broat mitbrocht“, erinnert sie sich. „Unt z Mittog hots weiße Nudl mit Buttr aus dr Sennerei gebm odr oft a an Plentn.“ Im Jahr darauf arbeitete sie einen Sommer lang bei einem Tschengelser Bauern. Im Winter besuchte sie in Laas einen Nähkurs. „Miar hobm zohlt, obr olm lai für di Lait flickn gmaißt“, erinnert sie sich. Dann nutzte Touna die Möglichkeit, im Meraner Krankenhaus kochen zu lernen. „Miar hobm mea onders tian gmiaßt, als kochn“, sagt sie. Wie man gute Gerichte auf den Tisch zaubert, lernte sie kurz darauf als Haushaltshilfe von einer Arztfrau in Obermais. Sie half bei den Vorbereitungen für Einladungen und räumte den Speisesaal nach den Festen auf. Besonders liebte sie es, mit dem Hund Rex spazieren zu gehen. Vom Krieg, der in Europa wütete, spürte sie kaum etwas. Nur hie und da kamen Uniformierte ins Haus. Nachdem die Arztfamilie Meran verlassen hatte, kehrte sie 1944 heim. Dort holte sie der Krieg ein, als ein Soldat die Nachricht brachte, dass ihr Bruder Kaspar gefallen war. „Deis isch a traurige Gschicht gwesn“, erinnert sie sich. In der Nachbarschaft fand sie Trost beim Bauern Michael Kurz (Jg. 1910). Er hatte im I. Weltkrieg einen Lungendurchschuss erlitten und war Kriegsinvalide. Mit ihm freundete sie sich an. „Main Monn hon i pan Holzstock troffn“, lacht sie. Im Juni 1948 feierte sie mit ihm um 5 Uhr in der Früh Hochzeit. Nach dem Besuch der Wallfahrtskirche in Riffian kehrte das Paar wieder nach Tschengls zurück, wo die Heuarbeit wartete. Touna packte überall tatkräftig an und wirtschaftete sparsam. Nach dem Tod ihrer Tante kümmerte sie sich auch um deren fünf Kinder. Sie selbst wurde Mutter von Sepp, Maria und Franz. Maria, die Zweitgeborene, wurde ihr Sorgenkind. Im Alter von neun Monaten fieberte die Kleine so sehr, dass sie diese auf Anraten des Hausarztes mit dem Pferdegespann zum Bahnhof nach Eyrs und dann mit dem Zug ins Krankenhaus nach Meran brachte. Dort wurde eine Hirnhautentzündung diagnostiziert. Die Kleine kämpfte tagelang um ihr Leben. Eine intensive Behandlung rettete sie, doch eine Beeinträchtigung blieb. Voller Gottvertrauen brachte Touna die Betreuung ihrer Tochter und die tägliche Arbeit in Haus, Hof und auf den Feldern unter einen Hut. Ihr Mann handelte mit Rindern und Pferden und war viel unterwegs. „I hon olm gschuntn“, betont sie. Liebevoll betreute sie später auch ihre Enkelin Alexandra. Wertvolle Hilfe kam 1981 mit ihrer Schwiegertochter Margareth Telser ins Haus. Diese wurde zur Stütze für Touna, vor allem nach dem Tod ihres Mannes Michl 1988 und nach ihren drei Hüftoperationen, denen Therapien in Prissian folgten. „Sel isch für miar olm Urlaub gwesn“, unterstreicht Touna. Noch heute leben sie und Maria in der Familie ihres Sohnes Sepp. Maria wird tagsüber in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Prad betreut. Mutter und Tochter folgen einem festgelegten Tagesablauf. Dazu zählen das Rosenkranzbeten, das Fernsehschauen und das Lesen der Tageszeitung. „Wos miar in dr Zeitung nit passt, sain di viele Fremdwörter“, ärgert sie sich. Touna ist geistig frisch, erzählt gerne und weiß, was sie will. Auch körperlich ist sie recht rüstig. Hie und da benutzt sie den Rollator. Die Veranstaltungen im Gedenken an den Großbrand vor 100 Jahren im vergangenen April verfolgte sie wetterbedingt von daheim aus. Sie konnte nicht aktiv dabei sein, weil ein eisiger Wind wehte, genauso wie damals vor 100 Jahren. Nun freut sie sich auf den Geburtstag mit ihren Kindern, Schwiegerkindern, den vier Enkelkindern, den Verwandten und Bekannten.
Und sie hofft auf gutes Wetter.

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