Dienstag, 27 November 2012 00:00

Nationalpark Stilfserjoch: Julius von Payer (1842-1915) Kartograph, Bergsteiger, Alpen- und Polarforscher, Maler

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Wolfgang Platter, am Tag der Hlg. Katharina, 25. November 2012

DSC_2535payerEin Gang durch den Wiener Zentralfriedhof im November dieses Jahres hat mich auch an das Grab des Ritters Julius von Payer geführt. Den Namen von Julius Payer verknüpfen wir zuallererst mit Sulden, der Payer-Hütte und den Erstbesteigungen in der Ortler- und Großglockner-Gruppe und den kartographischen Darstellungen.  Der Grabstein dieses großen Österreichers steht im Ehrenhain Nr. 32 A im Wiener Zentralfriedhof in unmittelbarer Nähe der Präsidentengruft. Der Grabstein trägt die Inschrift JULIUS von PAYER F.LEHRER D. NORDPOL-EXPEDITION 1872-1874 und HISTORIEN-MALER 1.9.1842-30.8.1915. Im gleichen Feld der Ehrengräber ruhen illustre Persönlichkeiten und große Österreicher aus Musik, Theater, Schauspielkunst, Malerei  und Technik so etwa L. v. Beethoven, W.A. Mozart, F. Schubert, Karl Ritter von Ghega (Erbauer der Semmering-Bahn), Alois von Negrelli (1799-1858. Ihm verdankt die Welt die Erbauung des Suezkanales),

 

Johann Nestroy, Hans Moser (1880-1964), Paul Hörbiger (1894-1981), Max Weiler (1910-2001), Johann Strauss Vater und Sohn, C. von Millöcker, J. Lanner, F. von Suppè, J. Brahms.
Allein die Position des Ehrengrabes am Wiener Zentralfriedhof zeigt, dass Julius Payer ein Großer war. In den Jahren 1865-1869 hat Julius Payer mit seinem legendären Suldner Bergführer Hans Pinggera wesentlich zur Erschließung der Ortler-Gruppe beigetragen. Grund genug, das Leben von Julius Payer und seine Leistungen im heutigen Beitrag vorzustellen.

Eine erste Kurzbiographie
Das Internet Lexikon Wikipedia fasst das Leben Julius Payers gerafft folgendermaßen zusammen: „Julius Johannes Ludovicus Payer, seit 1879 Ritter von Payer, geboren am 1. September 1842 in Schönau bei Teplitz in Böhmen, gestorben am 30. August 1915 in Veldes (Bled) in der Krain in Slowenien, war ein österreichisch-ungarischer Offizier, Polar- und Alpenforscher, Kartograph und Professor an der Militärakademie, der sich auch als Maler einen Namen machte und in den erblichen Adels- und Ritterstand erhoben wurde.“

Stationen des Lebens
Payers militärische Ausbildung erfolgte am Kadetteninstitut bei Krakau und an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt. Am 24. Juni 1859 erlebt er die österreichische Niederlage bei Solferino. Von 1860-1868 war Payer an verschiedenen Orten in Oberitalien stationiert. In   diese Zeit fällt die Erkundung verschiedener Alpengipfel. Dreißig Erstbesteigungen in der Ortler- und in der Glockner-Gruppe werden ihm zugeschrieben. 1865 wirkte Payer auch als Lehrer für Geschichte und Geographie an der Militärakademie. 1866 wurde er bei Custozza dekoriert und zum Oberleutnant befördert. 1868 wurde er als Generalstabsoffizier zum k.u.k. militärgeo-graphischen Institut nach Wien berufen. Im gleichen Jahr verlieh in die Universität Halle aufgrund seiner bergsteigerischen Forschungen und Publikationen die Ehrendoktorwürde.

Polarexpeditionen
1869/70 nahm Payer auf dem Schiff „Germania“ an der zweiten deutschen Nordpolexpedition nach Ostgrönland teil. Die Expedition erreichte als  nördlichsten Punkt die Shannon-Inseln. Die grönländische Küste zwischen dem 73. und 76. nördlichen Breitengrad wurde vermessen. Payer unternahm mehrere Schlittenfahrten zur Erforschung des Landes und bestieg küstennahe Berge. Der 1.793 m hohe Payer Tinde ist nach ihm benannt worden.
Eine zweite Expedition führte Payer mit Karl Weyprecht auf dem Schiff „Isbörie“  in die Gewässer zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja. Diese Fahrt bereitete die große österreichisch-ungarische Nordpolarexpedition vor, welche 1872-74 von Carl Weyprecht als Kommandant zur See und Julius Payer als Kommandant am Land mit dem Expeditionsschiff „Admiral Tegetthoff“  unternommen wurde. Die Expedition führte zur Wiederentdeckung des „Römebeck-Landes“ (Nils Fredrik Römebeck, 1868) und zu seiner Umbenennung in „Franz-Josefs-Land“. Das vom Packeis eingeschlossene Schiff driftete nordwärts durch die Barentssee und stieß auf den Archipel, der eben zu Ehren des amtierenden Kaisers als Franz-Josefs-Land benannt wurde. 1874 gab die Mannschaft das Schiff auf und kehrte wieder in die Zivilisation zurück. Die mühevolle Reise hielt Julius Payer auch als Maler fest. Die Bilder und ein Modell des Expeditionsschiffes „Admiral Tegetthoff“ sind im Marinesaal des Heeresgeschichtlichen Museums im Arsenal in der Nähe des Südbahnhofes in Wien zu bestaunen. Monumentalgemälde von J. Payer mit arktischen Themen sind weiters am oberen Ende der Hauptstiege  im Naturhistorischen Museum ebenfalls in Wien ausgestellt.
Nach der Rückkehr von der Expedition meldeten Kritiker Zweifel an der Existenz des Franz-Josefs-Landes und an den Erlebnissen der Expeditionsteilnehmer an. Durch Zeugenaussagen, Tagebuchaufzeichnungen und wissenschaftliche Skizzen konnte Payer zwar die Wahrheit beweisen, er war aber in seiner Ehre so gekränkt, dass er den Militärdienst quittierte.

Julius Payer als Maler
Payer war auch studierter Maler. Seine Ausbildung hierzu absolvierte er am Städel-Institut in Wien. In  Frankfurt beschäftigte er sich mit der Anatomie an Leichen und der zeichnerischen Perspektive. Dort griff er auch zum breiten Pinsel und malte Ölbilder. In den Jahren 1880-82 setzte Payer seine Ausbildung an der Münchner Akademie fort. In München schuf Payer einen großen Zyklus über die Polarexpedition. Ende 1882 zog Payer mit seiner Familie von Frankfurt nach Paris, wo er in den folgenden Jahren ein Atelier unterhielt. 1884 verlor er in Folge einer Infektion ein Auge. Obendrein war er von Jugend an kurzsichtig.

Das Alter
1877 hatte Julius Payer die geschiedene Bankierstochter Fanny Kann-Gumpertz geehelicht. Zwei Kinder wurden geboren. 1890 trennte sich Julius Payer von Frau und Kindern. Angeblich hatte Fanny von Payer einen ausgeprägten Hang zum gesellschaftlichen Leben und es lag ihr daran, den berühmten Nordpolarforscher überall herumzuzeigen. Dies missfiel Payer offenbar zunehmend. Nach der Trennung kehrte Payer von Paris nach Wien zurück und eröffnete eine Malschule für junge Damen. Seit 1882 fühlte er sich krank und an nervöser Erschöpfung leidend. Ab 1895 zeigte er Interesse an den Planungen zu einer deutschen Südpolexpedition. 1898 besuchte ihn Fridtjof Nansen in Wien. Der Zoologe, Polarforscher und nachherige Diplomat Nansen durchquerte 1888 als Erster Grönland über das Inlandeis und erreichte 1995 den Rekord der bis dahin größten Annäherung an den geographischen Nordpol. Für seine Verdienste in der internationalen Flüchtlingshilfe erhielt der Diplomat Nansen 1922 den Friedensnobelpreis.
In den folgenden Wiener Jahren hielt Payer über 1.000 Vorträge, mit denen er einen Teil seines Auskommens verdiente. Um 1903 geriet Payer weitestgehend in Vergessenheit. Seine Sommerurlaube verbrachte er regelmäßig am See von Bled zwischen den Julischen Alpen und den Karawanken in Slowenien. 1912 traf ihn ein Schlaganfall, es war ihm nur mehr die schriftliche Verständigung möglich. Am 30. August 1915 starb Payer in Bled infolge einer Herzattacke, am 4. September wurde er im eingangs erwähnten Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.

BZur Erinnerung
Nach Julius Payer benannt sind:
•    Die Payer-Hütte auf 3.029 m MH am Tabaretta-Grad zwischen dem Sulden- und dem Trafoital unterhalb des Ortlers. Die Hütte wurde von der Sektion Prag des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins unter dem damaligen Vorstand Johann Stüdl im Jahre 1875 erbaut. Bereits im Jahre nach ihrer Erbauung wurde die Payer-Hütte erstmals erweitert, was in den Folgejahren wegen des großen Zuspruchs noch mehrfach erfolgte. Nach einem Brand vermutlich infolge Blitzschlags wurde die Payer-Hütte wieder aufgebaut. Mit der Angliederung Südtirols an Italien im Jahre 1919 ging die Payer-Hütte an den Staat Italien über, der sie der Sektion Mailand des italienischen Alpenvereins CAI weitergeben hat. Im Jahre 1999 ist die Hütte mit anderen Schutzhütten vom Staat an das Land Südtirol übergegangen. Seit über 30 Jahren wird die Payer-Hütte im Sommer mit großem Engagement von der Familie Hermann Wöll bewirtschaftet. Die Hütte kann heute 80 Personen in Betten und weitere 80 Personen im Lager aufnehmen.
Weiters erinnern an die große Persönlichkeit von Julius Ritter von Payer: 
•    die Payer-Spitze in Ostgrönland,
•    die Payer-Gruppe in Neuschwabenland,
•    die Julius Payer-Gasse in Wien Donaustadt,
•    die Payergasse in Wien Ottakring,
•    die Vega-Weyprecht-Payer-Kaserne in Wien Penzing.
In seinem Suldner Museum zum Thema „Berg und Eis“ zeigt Reinhold Messner fünf originale Ölbilder zur Polarexpedition 1872-74 von Julius Payer und schließt damit einen schlüssigen Kreis zu den Pionierleistungen von Payer vor über 150 Jahren.

Nationalpark Stilfserjoch

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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