Dienstag, 02 Oktober 2012 00:00

Wenn Wirklichkeit auf Theorie trifft

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Schnals

s7_1287In Schnals könnte der Traum von neuen Hotels Wirklichkeit werden. Mit einem deutschen Investor aus Oberstdorf werden gemeinsam mit der Schnalstaler Gletscherbahn AG konkrete  Pläne geschmiedet. Eine Gesellschaftsform ist angedacht und in Ausarbeitung, einen Zeitplan gibt es auch. Der Gemeinderat drängt mehrheitlich - nur einer bockt: Bürgermeister Karl Josef Rainer. Er mahnt zu Vorsicht und zu mehr Diskussion.

von Erwin Bernhart

­Was kann in Schnals Besseres passieren, als der Neubau eines (oder gar zweier) Hotels? Wozu hat die Gemeinde Schnals  ein Tourismus-Entwicklungskonzept eingereicht und damit 550 neue Betten zugesprochen bekommen? Die einhellige Meinung in Schnals ist, dass es neue Betten braucht. Für die Belebung des Tourismus im Tal, für einen Aufschwung - auch für einen moralischen - und vor allem für die Auslastung der Gletscherbahn.
s6_1200-1s6_jakob007-1Und plötzlich steht ein möglicher Investor vor der Tür, der - gemeinsam mit der Schnalstaler Gletscherbahn AG - ein neues Hotel in Kurzras bauen möchte. Mit einem für Schnalser und für Südtiroler Verhältnisse innovativen Konzept, welches vor allem auch den Schnalser zugute kommen könnte. Ein Hotel im Dreisternebereich, ohne eigene Gastronomie, 110 Zimmer - also rund 220 Betten. Angesprochen werden sollen junge, internetaffine Leute, die kurzfristig buchen, die das Abenteuer suchen, die sich zum Schlafen im Hotel, zum Konsumieren außerhalb davon aufhalten.
Der Gletscherbahn AG um Präsident Florian Kiem ist es gelungen, über die Münchner „Treugast“, einer Beraterfirma vor allem im Hotel- und Gastronomiebereich, einen möglichen Investor und Hotelbetreiber für ein Engagement in Kurzras zu gewinnen. Die „Treugast“ hat mit Ulrich Demetz vom Hotel Dominik einen Ableger in Brixen.
Demetz hat Anfang August gemeinsam mit den Verwaltungsräten der Gletscherbahn dem Gemeinderat von Schnals zwei Konzepte vorgestellt. Eines von der deutschen Hotelkette „travelcharme“ und eines von der Hotelkette „Explorer“. Konkret ist das Konzept von der Gruppe „Explorer“ von Jürnjakob Reisigl. Reisigl ist Gründer der Hotelgruppe „Oberstdorf Resort“, zu der sieben Betriebe mit knapp 600 Betten und einem Jahresumsatz von mehr als 12 Millionen Euro gehören. Reisigl hat zudem mit den „Explorer Hotels“ einen neuen Geschäftszweig aufgetan. Ein Hotel steht im Allgäu in der Nähe von Oberstdorf, eines in Vorarlberg in Montafon. Ein drittes ist in Nesslewang in Bau.
„Explorer hat eine Liste von 18 möglichen Standorten in den Alpen, an denen Interesse besteht, zu bauen. Kurzras ist derzeit an dritter Stelle“, sagt Ulrich Innerhofer, Verwaltungsratsmitglied der Gletscherbahnen. Die Gletscherbahn AG hat mit Reisigl bereits Abmachungen, wie man an die Sache rangehen möchte. Für den Bau eines Hotels gibt es Gespräche für eine eigene Gesellschaft, je zur Hälfte sollen die Gletscherbahn und „Explorer“ dabei sein. Die genauen Prozente sind derzeit in Verhandlung. Rund 8 Millionen Euro, so die überschlägige Schätzung wird der Bau kosten. Als Betreiber steht „Explorer“ fest, der dann der übergeordneten Gesellschaft eine entprechende „Pacht“ für die Rückzahlung der Baukredite entrichtet.
Die Gletscherbahn, in der auch die Gemeinde Schnals Aktionär ist, hat Vorarbeit geleistet und lässt damit den Wunsch im Schnalstal nach neuen Betten reale Gestalt annehmen. Seit knapp zwei Wochen liegt in der Gemeinde bereits ein Antrag auf, den Bauleitplan in Kurzras zu ändern und eine entsprechende Tourismuszone auszuweisen. Denn die Operation „Explorer“ soll so schnell wie möglich durchgezogen werden, um den Investor nicht zu verlieren. Die Marschrichtung: Im Frühjahr bzw. Sommer 2013 bauen und zu Weihnachten 2013 eröffnen.
s7_1284Nun prallt das Ansinnen auf die politische Realität in Schnals. Bei der letzten Gemeinderatssitzung vor einer Woche wurde dies sicht- und hörbar. BM Karl Josef Rainer stellt sich gegen die Geschwindigkeit der Vorgangsweise. Die Schnalstaler Gletscherbahn hatte den Antrag gestellt, die Kriterien für die Zuweisung von Betten aufgrund des Tourismusentwicklungskonzeptes abzuändern. Denn dort waren weder  ein Drei-Sterne-Hotel noch 220 Betten für einen einzigen Betrieb vorgesehen. Man wolle eine Neuzuweisung nur für Vier-Sterne-Hotels und maximal 80 Zimmer (160 Betten) vornehmen. Vorerst galt es diese Hürde zu knacken. Er werde sich der Stimme enthalten, kündigte BM Rainer an und begründete dies mit einer schriftlich vorbereiteten Stellungnahme. Er sei mit der Vorgangsweise nicht einverstanden. In seinem Programm komme damit ein Bruch, weil ein Masterplan für Kurzras in Ausarbeitung sei. Es seien viele Fragen offen, etwa ob der neue Betrieb Miglied des Tourismusvereines werde und viele mehr. „Mir geht das zu schnell. Ich werde mich enthalten“, sagte BM Rainer. Dann prasselten die Wortmeldungen der Gemeinderäte auf Rainer. In den letzten 15 Jahren sei im Tourismus eine negative Entwicklung in Schnals festzustellen, sagte Peter Grüner. Jetzt sei ein innovatives Projekt am Tisch, welches zwar kein Vier-Sterne-Hotel sei, aber in die richtige Richtung gehe. Er verstehe den Bürgermeister nicht, der jetzt sage, es gehe ihm zu schnell. Schließlich sei der Bürgermeister auch Referent für den Tourismus. Egon Raffeiner, Paul Grüner, der VizeBM Gerhard Müller, die Referenten Hubert Variola, Harald Rainer und Josef Götsch hieben in etwa in diesselbe Kerbe. Es seien neue Akzente im Tourismus zu setzen und Investoren rennen uns nicht die Türen ein, so die Summe der Wortmeldungen. Einzig von Leo Luis Weithaler unterstützt war BM Karl Josef Rainer mit seiner vorsichtig abwartenden und verzögernden Haltung allein. Es dürfte ein Novum sein, dass die Ausschussmitglieder anders abstimmen als der Bürgermeister. Mit 10 Stimmen dafür bei zwei Enthaltungen (Referent Hubert Variola hat bei der Abstimmung den Saal verlassen, weil er für die Gemeinden im Verwaltungsrat der Gletscherbahnen sitzt) wurden die Kriterien so abgeändert, dass ein Neubau auch für ein Drei-Sterne-Hotel mit 110 Betten möglich wird.
Und nach der Abstimmung wurde weitergebohrt. Bei der Klausur des Gemeinderates sei gesagt worden, dass auch weitere Schritte einzuleiten seien, sagte Paul Grüner. Grüner meinte die Richtung Bauleitplanänderung. Rund 10 Tage vor der Ratssitzung hat die Gletscherbahn AG ein Ansuchen um eine Bauleitplanänderung eingereicht. Der Punkt hätte auf der Tagesordnung Platz haben können, wenn BM Rainer die entsprechenden Gutachten mit einer bestimmten Eile eingeholt hätte. War er aber nicht. So wird es wohl bald wieder eine Ratssitzung in Schnals geben, wenn man will, dass neue Betten weder Traum noch frommer Wunsch bleiben sollen.


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