Mittwoch, 04 April 2012 00:00

Wassermusik

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In einem Bächlein helle,
Da schoss in froher Eil
Die launische Forelle
Vorüber, wie ein Pfeil...

giovannWelches Gewässer rauschte für Franz Schubert, als er die Musik für „Die Forelle“ komponierte? Daraus entstand das berühmte Klavier Quintett, ein heiteres Musikstück, das um 1819 begonnen wurde. Der Gedichttext stammt vom fast gleichnamigen Christian Friedrich Daniel Schubart, einem deutschen Dichter der Sturm- und Drangzeit, der es um 1787 als Gefangener auf einer Festungshaft verfasste. Wie aus den späteren Strophen hervorgeht, symbolisiert das Schicksal der Forelle den Freiheitsdrang des Dichters. Es ist also ein kämpferisch-politisches Lied, musikalisch gesehen ein flimmernd glitzerndes Wasserballett.


„In einem Bächlein helle...“ vielleicht noch möglich in unseren Gebirgsbächen, im Münstertal?
Die Wasserqualität des Rambaches verschlechtert sich aber von Jahr zu Jahr. „Grund für die Verschlechterung ... dürften Nährstoff-Einträge sein, die aus der Landwirtschaft stammen“. So steht es auf Seite 68 im Buch über den „Zustand der Südtiroler Fließgewässer“, herausgegeben 2009 vom Labor der Landesagentur für Umwelt in Leifers. Wasserproben nach der Grenze zur Schweiz ergaben eine nur mäßige Belastung, die größte Belastung des Wassers entsteht auf Südtiroler Seite, ist also selbstgemacht.
Die Umweltgruppe Vinschgau hat mir den Auftrag gegeben, etwas zum Thema Wasser und des Rambaches zu schreiben. Ich begann also damit, verschiedene Informationen zu ordnen - auch meine Gedanken - und bin dabei auf allerhand Anregendes gestoßen. Zuerst zum Heiligen des Tales: „Sonta Hons“, also Johannes der Täufer. Taufwasser, heiliges Wasser - das war einmal! Zwei bedeutende Kirchen sind dem Wasserheiligen geweiht, die ehemalige Pilgerkirche im südtirolerischen Taufers und die Klosterkirche im schweizerischen Müstair. Dort erhebt sich auf einem Stuckrelief Jesus aus den Fluten des Jordans, getauft von Johannes: Der Herr steigt nackt aus dem Wasser, Johannes steht am Ufer und empfängt den Wassergeborenen; die Erscheinung des Heiligen Geistes wird durch eine herabfliegende Taube anschaubar. Die Taufe wird zum Sakrament.
Und der Rambach heute? Eine braune Schmutzschicht umschließt die Steine. Glitschig sind sie, graubraun und liegen unglücklich im Wasser. Die Fische versuchen sich durch heftiges Schütteln und Reiben von der Trübung zu befreien. Um beim Bild der Taufe zu bleiben: Ein göttliches Sich-wohl-Befinden in sauberem Wasser, ein Grundrecht der Fische, gibt es nicht mehr. Die paradiesische Sauberkeit wird von den Menschen aus Instinktlosigkeit, Übermut und Gewinnsucht ständig missachtet, so sehr, dass die Verschmutzung des Wassers zu einer der großen Sünden unserer Zeit geworden ist.
Also Johannes der Täufer, der Patron der beiden bedeutenden Kirchen, er trat als Moralapostel auf, wetterte gegen die losen Sitten am Königshof, was ihm letztlich den Kopf gekostet hat. Das Wettern unserer Zeit, unsere moralische Empörung richtet sich nicht mehr gegen eine nackt tanzende Salomé und ihre sündige Mutter, es richtet sich gegen die universelle Verschmutzung.
Und gegen andere Verklemmungen und Umweltsünden. Gegen den Missbrauch der Bäche, in denen, wie man früher wusste, Nixen und Nymphen wohnen, also schöne Frauen. Ihnen drohen neue Gefahren durch Vergiftung. Schuld daran ist das Auftauen der Permafrostböden. Damit zusammenhängend die vom Menschen mitverursachte Erderwärmung. Durch Jahrtausende gespeichertes Wasser taut in den Höhenlagen langsam auf, verursacht HAWIErdrutsche. Füllt unsere Bäche und Flüsse zur Zeit noch üppig, aber nicht mehr lange. Zudem  enthält dieses Wasser alle möglichen Mineralien, die dort natürlich gelagert sind, so auch Schwermetalle, also Gifte. Sie wirken wie das Gift unserer Drachen, die in den hintersten Tälern hausten. Davon erzählen alte Sagen - vielleicht eine Erinnerung an die Vergiftung aus früheren Zeiten? Diese Stoffe gelangten dorthin ausnahmsweise ohne menschliches Zutun und beginnen jetzt zu wandern. Durch die Erderwärmung. Immer schon war es bekannt, dass bestimmte Quellen und Bäche gutes Wasser und dass andere weniger gutes Wasser führten. Immer schon gab es Heilquellen und wundertätiges Nass. Und der Tscheche Smetana hat der Moldau, dem Strom seiner Heimat, sogar eine Symphonie gewidmet; es ist die berühmteste Liebeserklärung an ein Gewässer. Nicht zu vergessen das Wolgalied und der Südtiroler Musiker Sepp Thaler, der unserer Etsch ein symphonisches Werk gewidmet hat.
Das Wasser, unser weißes Gold, wir sind dabei, diesen Schatz zu verplempern oder in Strom zu verwandeln, in saubere Energie, wie beschwichtigend gesagt wird. Ein kleines Kraftwerk, nur ein kleines! Man sollte eine Volksbefragung bei den Fischen machen! Das wäre ein exemplarischer Fall für Basisdemokratie, vorbildlich für die ganze Welt. Das wird allerdings nicht so schnell möglich sein, trotz der Nähe zur Schweiz.
Möglich aber ist die Errichtung eines Fischteiches am Unterlauf des Rambaches, in dem versucht wird, exemplarisch aufzuklären, die schweren Schädigungen zu mildern, zu beheben ... Einheimische und Gäste sollten erfahren, dass uns das Wasser heilig ist.
Wassermusik ... die Liebhaber klassischer Musik denken dabei natürlich sofort an das Musikwerk von Händel und an die unendliche Fülle klingender Kunstwerke, die sich aus Wasser entwickeln, aus dem Wasser heraussteigen, wie Jesus aus dem Jordan.

Hans Wielander

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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