Dienstag, 13 Dezember 2016 00:00

Die Rosinenpicker

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Aus dem Gerichtssaal - Das muss man den Prader Schützen lassen: sie gehen auch heikle politische Themen schneidig an und reden dabei nicht um den heißen Brei herum! So geschehen bei den jüngsten Diskussionen rund um die italienische Verfassungsreform oder um die Doppelstaatsbürgerschaft. Dass sie bei der Auswahl der Themen “völkische“ bevorzugen, ist für einen patriotischen Verein nicht verwunderlich. Zur Versachlichung des Meinungsaustauschs über die doppelte Staatsbürgerschaft wäre es allerdings hilfreich gewesen, wenn zumindest den Referenten das Gutachten des Innsbrucker Universitätsprofessors Walter Obwexer bekannt gewesen wäre, das dieser im Jahre 2011 im Auftrag der SVP zu den „Bedingungen für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Südtiroler“ erstellt hat. Darin wird erklärt, dass es Österreich nach Völkerrecht und auch nach EU-Recht freigestellt ist zu bestimmen, wer seine Staatsbürger sind. Demnach könnte es die Staatsbürgerschaft all jenen Südtirolern einräumen, die vor Inkrafttreten des Staatsvertrages von Saint-Germain (1919) die österreichische Staatsbürgerschaft hatten („Altösterreicher“) oder zu deren Nachfahren gehören. Die Südtiroler würden dadurch zu Doppelstaatsbürgern mit allen damit verbundenen Auswirkungen. So erhielten sie nicht nur das Wahlrecht für den Nationalrat und die Landtage, sondern auch Zugang zu allen öffentlichen Ämtern, welche mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen verbunden sind, wie Richter, Staatsanwalt, Notar, diplomatischer Dienst, Polizei, Justizwache oder Heer. Dabei genießen wir als EU-Bürger schon jetzt alle Rechte, welche mit der Zugehörigkeit zur Europäischen Union verbunden sind (z.B. Personenfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit). Alles in allem aber wäre mit der Gewährung der mehrfachen Staatsangehörigkeit ein erhebliches Privileg gegenüber all jenen verbunden, die nur eine Staatsbürgerschaft besitzen. Wie wir Südtiroler diese Besserstellung gegenüber den alteingesessenen Österreichern rechtfertigen könnten, wollte keiner der Referenten erklären. Auch nicht, mit welchem Recht wir die Sozialleistungen des österreichischen Staates schmarotzend in Anspruch zu nehmen gedächten, zu dessen Steueraufkommen wir keinen Beitrag leisten! Völlig übergangen wurde außerdem eine für „neue“ Staatsbürger selbstverständliche Verpflichtung, nämlich die Wehrpflicht, welcher alle jungen Südtiroler, die die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben, unterliegen würden.
Aus meiner Sicht handelt es sich bei dem von den Schützen aufgeworfenen um eines jener völkischen Themen, mit denen unsere politische Rechte die Volkspartei als patriotisch zweifelhaften Haufen bloßstellen möchte. Mir scheint hingegen deren Kurs in dieser Frage als besonnen und von Verantwortung getragen. Lieber ein „vaterlandsloser Geselle“ in der Heimat als ein Rosinenpicker im Vaterland Österreich!

Peter Tappeiner
Rechtsanwalt


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