Dienstag, 04 Oktober 2016 12:00

Wird der Traum in Graun wahr?

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s6 titel 18 10St. Valentin auf der Haide/Graun/Reschen - So wie’s ausschaut, steht im Oberland demnächst eine Fusion zwischen der Haideralm und Schöneben an. Wenn das gelingt, würde ein Traum Wirklichkeit, die Gemeinde Graun wär’ aus dem Schneider und im Oberland müsste tatsächlich zusammengearbeitet werden. Plötzlich wären ganz neue Diskussionen möglich. Aber: Es sind viele Fragen offen.

von Erwin Bernhart

Die vergangene Woche war in der Gemeinde Graun eine äußerst intensive. Intensiv an Sitzungen, intensiv in der Sache und auch intensiv an Emotionen. Und es ist noch lange nicht vorbei. Der Vinschgerwind zeichnet die Chronik einer unglaublichen Entscheidungskaskade nach.

Den Auftakt bildet die Vollversammlung der Haider AG am Samstag, den 24. September 2016. Der Verwaltungsrat um Präsident Roman Hohenegger kann eine für die Haideralm verhältnismäßig tolle Bilanz präsentieren. Der Bilanzzeitraum Juni 2015 bis Juni 2016 weist ein Minus von läppischen 20.000 Euro auf. Einem Supersommer 2015 folgte ein schneearmes Weihnachten 2015. Der Winter danach verlief zufriedenstellend. „Zu Weihnachten“, sagt der bisherige Präsident der Haider AG Roman Hohenegger, „sind uns gut 100.000 Euro durch die Lappen gegangen, sonst...“ Sonst hätte die Haider AG wohl schwarze Zahlen geschrieben. Unter dem Punkt Allfälliges lässt Hohenegger der Vollversammlung wissen, dass er als Präsident zurücktreten werde.  Am Montag, den 26. September gibt Hohenegger seinen Rücktritt dem Verwaltungsrat schriftlich zur Kenntnis. „Ich gehe erhobenen Hauptes“, sagt Hohenegger dem Vinschgerwind. Noch bis zum 10. Oktober ist er Präsident der Haider AG. Offiziell geht Hohenegger aus „persönlichen Gründen“, über die er nicht sprechen möchte. Jedenfalls habe sein Abgang nichts mit der Haider AG zu tun. Die Haider AG wird also demnächst präsidentenlos.

Weil sich die Gemeinde Graun von ihrer rund 60-prozentigen Mehrheitsquote an der Haideralm trennen will, wurde der Vollversammlung auch das Schätzgutachten und die möglichen Ausschreibungsmodalitäten vorgestellt. Das im Mai an das Meraner Steuerberaterbüro Hesse, Baldessarelli & Partner von der Gemeinde in Auftrag gegebene Schätzgutachten war bislang nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
Spätestens ab dieser Vollversammlung bzw. vor allem wegen des Schätzgutachtens sind die Uhren in der Gemeinde Graun etwas schneller gelaufen.
Am Montag, den 26. September findet in Reschen eine Sitzung des Verwaltungsrates der Schöneben AG statt. Inhalt, neben der Vorbereitung der Vollversammlung samt Bilanz, die Vorstellung des Schätzgutachtens durch Matthias Theiner. Der Meraner Strategieentwickler Matthias Theiner hat im Juli ein „Investorendossier“ vorgestellt (Vinschgerwind  Nr. 16/2016) und ist bis dahin in den möglichen Ausschreibungsmodalitäten involviert gewesen. Den Verwaltern von Schöneben dürfte aufgrund der Zahlen im Schätzgutachten sofort klar gewesen sein, was zu tun ist. Denn die Gemeinde-Anteile, also jene rund 60 Prozent an der Haider AG, wurden mit einem Verkaufswert von rund 160.000 Euro beziffert. Ein Schnäppchen für einen ernsthaften Investor, ein Schnäppchen auch für einen Investor, der bereits im Vorfeld angekündigt hat, mit Schöneben nichts zu tun haben zu wollen.
Der Schönebner Verwaltungsrat unter Präsident Oswald Folie hat umgehend reagiert. Mit einem einstimmigen Beschluss hat man die Marschrichtung vorgegeben: Man wolle eine Fusion mit der Haider AG anstreben. Der für die Liftanlagen zuständige Gemeindereferent Franz Prieth, Verwaltungsrat sowohl bei der Haider AG als auch bei der Schöneben AG, wurde beauftragt, im Gemeindeausschuss eine mögliche öffentliche Ausschreibung unverzüglich zu stoppen. Prieth konnte mit dem einstimmigen Beschluss des Schöneben-s7 1385Verwaltungsrates am Dienstag, den 27. September die Mehrheit im Gemeindeausschuss von einer Richtungsänderung überzeugen. Es gab Proteste, vor allem von Seiten von Referent Josef Thöni. Thöni sagt dem Vinschgerwind , dass plötzlich all die Vorbereitungen, die den ganzen Sommer über für eine Ausschreibung gemacht worden sind, über Bord geworfen wurden. Dass im Beschluss der Schöneben AG kein Zeitrahmen angegeben wird, sieht Thöni als großes Manko. Und dass die Oberländer Gletscherbahn sicherlich ein Offert abgegeben hätte. Thönis Stimme wurde überstimmt.
Am selben Tag noch informierte Prieth in einer informellen Sitzung den Verwaltungsrat der Haider AG über den Richtungswechsel. Prieth sagt dem Vinschgerwind: „ Eine Fusion wäre das Vernünftigste. Ein Zusammengehen der Liftgesellschaften schafft Synergien und ist die Voraussetzung für eine Weiterentwicklung.“

Am Mittwoch, den 28. September geht eine Rundmail vom bisherigen Vizepräsidenten der Haider AG Christian Schöpf aus: Er tritt mit sofortiger Wirkung aus dem Verwaltungsrat aus. Am Donnerstag, den 29. September kommt eine Rundmail von Martina Stocker: Sie tritt als Verwaltungsrat zurück. Im Verwaltungsrat sind bis 10. Oktober also nur noch Roman Hohenegger, Franz Prieth und Elmar Brenner. Was geschieht ab 10. Oktober? Können die Revisionsarbeiten ohne amtierenden Präsidenten weiterlaufen? Auf Seiten der Haider AG türmen sich Probleme auf. Um ein Platzen der Probleme zu verhindern, versucht Prieth Hohenegger zum Bleiben zu bewegen. Bisher ohne Erfolg.

Weil im Oberland die Telefone heiß laufen, sieht sich die Gemeinde Graun bemüßigt, am Donnerstag eine Presseaussendung in die Redaktionen zu schicken: „Die Gemeinde i.V. teilt mit, die für diese Woche vorgesehene Ausschreibung des Verkaufs ihrer Mehrheitsquote (58,37%) an der Haider AG auszusetzen. Eine solche Ausschreibung war noch am Samstag, den 24.09.2016 im Rahmen der Vollversammlung der Haider AG vorgesehen. (...)“ Man wolle die Organe der Haider AG mit dem Thema befassen. „Vorgesehen sind hierbei eine Vollversammlung der Haider AG am 27. Oktober und eine Vollversammlung der Schöneben AG am 29. Oktober 2016.“ Die Gemeinde hat so im Alleingang die Vollversammlung für die Haider AG fixiert.
Tatsächlich sind es die Vollversammlungen, die die grundsätzliche Vorgangsweise beschließen müssen und zwar in Form einer Beauftragung an die jeweiligen Verwaltungsräte, die möglichen Verfahrensschritte in Richung Fusion einzuleiten.

Die Fusion bzw. deren Inhalt wird dann zur Verhandlungssache, wobei die Haider AG als Juniorpartner wenig Forderungen wird stellen können, zumal auch in der vorbereiteten Ausschreibung „nur“ die Sicherheit auf 10 Jahre für die Umlaufbahn und für die Talabfahrt drinnen war. Von den oberen Liftanlagen war nicht die Rede. Die Begründung dafür: Man wolle einem künftigen Investor schon etwas freie Hand lassen. Für die Schöneben AG ist dieser Passus das Entreé, welches man sich nicht entgehen lassen möchte.  Sicher ist, dass nach einer solchen Fusion die Gemeinde Graun in einer neuen Schöneben AG, oder wie auch immer die neue Gesellschaft heißen wird, nicht mehr die Mehrheit der Aktien haben wird.

Was die Haider erwarten könnte, das hat der Präsident der Schöneben AG Oswald Folie in der Vergangenheit mehr als einmal wiederholt: Die Bedingung dafür, dass die Schöneben AG bei der Haideralm einsteigt, sei, so Folie immer wieder, dass die drei kleineren Lifte auf der Bergstation oben abgebaut werden. Und genau das fürchten einige Haider am meisten und zwar, dass das Skigebiet seinen s7 4926Rest an Attraktivität dann verlieren würde. Wohlwissend, dass die Lifte oben nicht mehr zeitgemäß sind und, wenn schon, dringend einer Erneuerung bedürften - oder eben abgebaut werden.
Im Vinschgerwind-Interview im Mai 2016 hat Folie auf die Frage „Wäre es nicht sinnvoller, zuerst zu fusionieren und dann den Verbindungslift zu bauen?“ geantwortet: „Eine Fusion kann nur dann stattfinden, wenn die Haider AG ihre Hausaufgaben gemacht hat. Für mich heißt das, die Lifte soweit abzubauen, dass das Skigebiet wirtschaftlich arbeitet. Wenn es so weitergeht, ist eine Fusion aus wirtschaftlicher Sicht nicht machbar. Es kann nicht sein, dass sich Schöneben in Schwierigkeiten begibt.“

Und was sagt Folie heute?
„Die Vorzeichen“, sagt Folie dem Vinschgerwind , „haben sich komplett verändert.“ Man wollte, das gibt Folie unverblümt zu, einem möglichen Käufer zuvorkommen. Für die Schöneben AG stehe der Verbindungslift zwischen St. Valentin und Schöneben als Priorität fest. Das Projekt hat, mit einigen Auflagen, Ende August ein positives Gutachten bei der Umweltverträglichkeitsprüfung  (UVP) erhalten. Nun müsse die Landesregierung entscheiden.
In Kreisen der Haider AG gibt es auch Skeptiker. Viele Fragen sind offen. Meint es Schöneben diesmal tatsächlich ernst? Werden die Lifte oben tatsächlich abgebaut? Kommt die Verbindung von St. Valentin nach Schöneben? Die Fragen werden zur Verhandlungssache.
Derweil soll der Liftbetrieb der Haider-alm im Winter aufgenommen und die Wintersaison normal gestartet werden. Und zuvor noch die Revision über die Bühne gebracht werden. Nach den Rücktritten des Präsidenten, des Vizepräsidenten und eines Verwaltungsrates wird der Start in die Wintersaison für die Haideralm mehr als eine Herausforderung. Muss die Haider AG eine Dringlichkeitssitzung mit Neuwahlen des Verwaltungsrates abhalten?

Intensiv wird es also im Oberland bleiben, diskussionsintensiv, sitzungsintensiv, arbeitsintensiv, auch intensiv an Emotionen.

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