Dienstag, 17 September 2013 09:06

„I hon drhoam lai an Stroasock kopp“

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s17 4091Vor 56 Jahren hat Maria Luise Stocker Laatsch verlassen und ihr Glück als Küchenmädchen in der Schweiz gesucht. Sie ist dort geblieben und hat eine Familie gegründet. Ein bisschen Heimweh begleitet sie bis heute. Dagegen hilft ihr alle 14 Tage der Vinschgerwind. „Der bringt a bissl fa dr Hoamat“, betont sie. „Es gang gor nit ohne deis Heftli“.

von Magdalena Dietl Sapelza    


Das „Schwitzer Tütsch“ klingt hie und da mit, wenn  Marie Louise den  Vinschger Dialekt spricht. „Oa Toal fa miar isch olm in Lootsch bliebm. Dies isch mai Hoamat“, sagt sie.

In Laatsch ist sie in bescheidenen Verhältnissen in einer Bauersfamilie mit drei Geschwistern aufgewachsen. Ihr erstes Geld verdiente sie sich beim Baumsetzen in den Schludernser Leiten. Mit den 15.000 Lire kaufte sie sich ihre erste Matratze. „Deis wear i nia vergessn. I hon drhoam lai an Stroasock kopp“, so Marie Louise.
Als 16-Jährige suchte sie Arbeit in der Schweiz und fand sie in der Küche eines Hotels in Wengen. Es war schon immer ihr Wunsch gewesen, Köchin zu werden und sie arbeitete geschickt. Das gefiel dem Küchenchef. In der nächsten Saison nahm er sie mit in ein Hotel nach Pontresina. Kurz darauf trat Marie Luise eine Stelle als Köchin in einer Arztfamilie in Gerlachingen an. Sie war dort ausschließlich für das Essen zuständig und hatte sogar eine Putzfrau zu ihrer Verfügung. Sie blieb den Ärzteleuten bis zu deren Tod verbunden. „Si hoobm miar nia mea gean glott“, erklärt sie. Bei einer Tanzveranstaltung lernte sie 1962  Max Rieder kennen, der als Gärtner bei den Ingebohl-Schwestern in Biberist beschäftigt war. Sie heiratete ihn und zog mit ihm nach Brittern „Buachiberg“. Marie Louise schenkte ihrem Mann einen Sohn und eine Tochter.
Viele Jahre lang kochte sie für die Geleise-Bauer, die sogenannten „Kramper“, der Schweizer Bundesbahn.  „Deis isch für miar dr scheanste Job af dr Welt gwesn unt a scheane Zeit“, schwärmt sie. Die Arbeiter lobten ihre Kochkünste. Die unterschiedlichen Schichten verlangten, dass Marie Louise rund um die Uhr einsatzbereit sein musste. „Kocht hon i mängisch am Tog unt mängisch z`Nocht“, erklärt sie. Oft übernahm sie nebenbei den Schrankendienst. Einige Male leistete sie als Köchin Dienst beim Schweizer Zivilschutz. In Solothurn schloss sie sich den Frauen der „Aktion für verfolgte Christen und Notleidende“ AVC an. In der „Brockenstube“ nimmt sie seither gebrauchte Kleider entgegen und versucht, diese wieder zu verkaufen. Der Erlös geht an die „Mutter Theresa Schwestern“. Stücke, die sich nicht verkaufen lassen, werden an andere AVC-Stellen abgegeben zum Beispiel  an jene in Bulgarien. Kürzlich hatte Marie Louise die Gelegenheit, dort zu kontrollieren, was mit den Kleidern passiert. Sie war überrascht, wie gut alles funktioniert. „Dort verkafn si di Sochn ebenfollz in den Brockenstuben unt geben so vielen Leuten Arbeit“, erklärt sie. Viele Male begleitete Marie Louise Kranke zum Marienwallfahrtsort  „Lourdes“. Einmal übernahm sie spontan die Betreuung einer krebskranken Frau, die sie im Flugzeug kennengelernt hatte. Drei Wochen später erfuhr sie von deren Tod. Vor kurzem war Marie Louise auch daheim als Betreuerin gefordert. Liebevoll half sie ihrem Mann nach einem Herzinfarkt wieder auf die Beine. Er hat sich mittlerweile gut erholt. „ Iaz isch s Hilfswerk, s` Haus unt dr groaß Gorten meine Lebensaufgabe“, meint sie. Sie plant keine längeren Reisen mehr, sondern nur noch die Fahrten nach Laatsch, wo sie und ihr Mann vor einiger Zeit eine Wohnung gekauft haben. In jüngster Zeit zieht es Marie Louise besonders oft in ihre alte Heimat. Und mit jedem Mal klingt in ihrem Dialekt weniger vom „Schwyzer Tütsch“ mit.


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