Dienstag, 20 August 2013 12:00

Badekultur

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BauernbadEs gibt Vergnügliches und auch Unheimliches, also Genuss und Mord. Zuerst die düstere Seite. Sie hat etwas mit adeligen Herren zu tun, die Männer sind von hohem Stand, ein Herzog und ein Bischof. Die Frauen sind sehr schön.
Die Agnes Bernauer war eine Barbierstochter aus Augsburg und hat sich heimlich mit Herzog Albrecht III. von Bayern vermählt. Sie wurde von dessen Vater wegen Zauberei verklagt und in der Donau ertränkt; das war im Jahre 1435. Damals hatte man keinen Humor, jedenfalls nicht in solchen Dingen.
Für Liebe gab es keine Gnade. Auch nicht für eine schöne Frau, die als Geliebte des Bischofs das Maß des Erlaubten überschritten hatte.

Es handelt sich um ein verbotenes Verhältnis, wobei es nicht so sehr um die Sünde des Fleisches geht - das wurde toleriert -, sondern um den drohenden Machtverlust der Familie des Bischofs. Die schöne Dame wollte nämlich partout ihren geistlichen Herren ehelichen, also eine Dispens vom Papst erwirken, womit auch der Verzicht auf die Bischofswürde verbunden gewesen wäre. Dieser Machtverlust wurde von der Familie nicht hingenommen und die schöne Dame wurde im Toblinosee ertränkt. Ein Unfall? Wurde nachgeholfen?
Dieser Fall beschäftigte die Fantasie der Menschen noch lange, bis in die Gegenwart. Benito Mussolini, für einige Zeit Journalist in Trient, hat diese ungeklärte Frage benutzt, um in einem Roman „L‘ amante del cardinale“ oder „Madruzzo und Claudia Particella“ seine antiklerikalen Ansichten deutlich zu machen.
RIMG0221Auch von der schönen Bernauerin gibt es einige Kunstwerke, so eine Oper von Carl Orff und eine Tragödie von Friedrich Hebbel. Fromme Seelen haben ihr eine Kapelle errichtet, mit einem Standbild, in dem sie - diskret bekleidet - wie eine Heilige betend dargestellt wird.
Mehr als tausend Jahre früher wurde in Eppan, also im Umfeld der Via Claudia Augusta, die auch durch den Vinschgau führt, in einer römischen Villa ein kostbares Bad eingerichtet. Mit allem Luxus, den man sich vorstellen kann. Besonders wertvoll ist das Mosaik des Bodens, das zur Zeit restauriert wird und demnächst mit der ganzen Anlage als Museum für römische Bauten zur Verfügung stehen wird.
Römisch dürfte auch der Ursprung des Bades Egart auf der Töll sein, heute ein bemerkenswertes Museum unter anderem auch für die Zeit der Habsburger, vor allem mit Dokumenten der Kaiserin Elisabeth, besser bekannt als Sissi und vom Kaiser Franz Josef I.
Das bereits 1430 erwähnte Bad Egart wurde über drei Quellen errichtet, die heute wieder lebhaft fließen, aber nicht mehr als Badebetrieb, wohl aber für Trinkkuren genutzt werden. Dafür kann man in dieser einst großen Badeanstalt bestens essen. Es gibt verschiedene Spezialitäten, darunter auch Schnecken. Wem dies weniger zusagt, kann sich um die „Bibliothek“ mit den zahllosen Spezialitäten des Gartens kümmern, liebevoll betreut von der Wirtstochter. Ein Modebad um 1900, als die „Herrschaften“ dort ihre Gesundheit zu pflegen „geruhten“, ist Bad Egart heute ein Museum, eine bemerkenswerte Ansammlung vor allem alter Geräte aus dem bäuerlichen und handwerklichem Bereich.
Aber es gab auch zahlreiche Bauernbadln, also Bäder für „Gewöhnliche“, weniger Bemittelte, auch für Knechte und Mägde. Das hat etwas mit Tirol zu tun, mit dem „Land im Gebirge“, mit der frühen Selbständigkeit der Bauern und Bürger und mit der Hochschätzung der Arbeit. Also gab es auch Kurbäder für die verschiedenen Leiden - für Frauen und Männer - gleichgültig aus welchem Stande sie kamen.
Auf einem Bild von Robert Stolz mit dem Titel „Im BauernbadI“ sieht man ein gemütlich plauderndes Paar in zwei von einem Nachtkästchen getrennten Betten. Eine Kerze, zwei Gläser, eine Flasche Wein, die den Männern zur Auflösung des „Weinsteines“ dient; den Frauen aber, die im Hochsommer ein Bad aufsuchen und sich endlich sorglos entspannen können, dient die Kur „zur Kräftigung ihrer Sprechwerkzeuge“, wie im RIMG0237erklärenden Bildtext bemerkt wird. Besonders auffallend ist die Gleichberechtigung, zumal beide, Mann und Frau, sich pfeiferauchend und weintrinkend unterhalten.
So etwa könnte es auf dem Badl des Hofes Rimpf im Gadriatal zugegangen sein, wo alle möglichen Frauen- und Männerleiden gekurt werden konnten. Eine rostrote Quelle hinter dem Badl und ein kleiner Teich dienten dem Betrieb. ln der Küche konnte Wasser gewärmt werden; den Kessel zum Wärmen brachten sich die Gäste oft selbst mit. Es gab einige Kammern und eine schöne Stube. Erste Erwähnung des Bades und der umliegenden Höfe im Jahr 1164, in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Marienberg. Auch Mönche lieben Bäder.
Die Via Claudia Augusta, der imperiale Weg von der Adria, von Altino bis zur Donau, war vor allem eine Militär- und Handelsstrasse und ganz nebenbei auch eine Kulturstrasse, auf der nicht nur das frühe Christentum zu uns kam, sondern auch die Badekultur.
Wasser, Taufe, Reinigung, Besinnung, Entspannung... wobei nicht unbedingt geraucht werden muss, auch nicht die traditionsreiche Pfeife.

Hans Wielander


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