Mittwoch, 25 Juli 2012 00:00

Nationalpark Stilfserjoch: Der älteste Nationalpark Italiens Gran Paradiso: Heuer 90-jährig

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Wolfgang Platter, um Jakobi, 25. Juli 2012

Der Naturschutzgedanke
Italien hat heute 23 Nationalparks auf seinem Staatsgebiet. Im Alpenbogen gibt es derzeit zwischen Frankreich und Slowenien 13 Schutzgebiete mit der Klassifizierung als Nationalpark. Der Nationalpark Gran Paradiso ist der erste und damit älteste Nationalpark Italiens. Er wurde im Jahre 1922 ausgewiesen und besteht demnach seit 90 Jahren. Weltweit der älteste Nationalpark ist hingegen der Yellowstone-Nationalpark in den Vereinigten Staaten von Amerika. Er wurde im Jahre 1876 eingerichtet. Der erste Nationalpark in den Alpen war der Nationalpark Schweiz. Dieser bis heute einzige Nationalpark der Schweiz wurde im Jahre 1914 ausgewiesen und erreicht im Jahre 2014 sein hundertjähriges Bestehen.


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Ähnliche Fragestellungen
Mein heutiger Beitrag ist dem italienischen Nationalpark Gran Paradiso gewidmet. Den Anlass für einen Besuch im piemontesischen Anteil des Parks hat die Verteilung der Preise an die Sieger des 7. Wettbewerbes für Naturfotografie gegeben. Den Fotowettbewerb hatten wir als Nationalpark Stilfserjoch zusammen mit den beiden italienischen Nationalparken Abruzzen, Latium und Molise sowie Gran Paradiso und dem französischen Nationalpark La Vanoise mit Sponsoring der Preise durch Swarovski Optik Italien und Nikon sowie weiteren Förderern im Jahre 2011 ausgelobt. Die Preisverleihung fand heuer eben anlässlich der 90. Wiederkehr seines Bestehens im Nationalpark Gran Paradiso statt. Der Besuch hat unter anderem auch  gezeigt, dass der Nationalpark Gran Paradiso als Schutzgebiet in den Bergen ähnliche Fragestellungen wie der Nationalpark Stilfserjoch beantworten muss. Dies gilt etwa für den oft schmalen Grat zwischen ökologischen Schutzansprüchen und wirtschaftlichen Nutzansprüchen in Gebieten mit Strukturschwäche, Landflucht und negativem Bevölkerungssaldo.

Der Nationalpark Gran Paradiso im statistischen Porträt
Der Nationalpark Gran Paradiso ist mit königlichem Dekret vom 3. Dezember 1922 eingerichtet worden. Er umfasst heute eine Fläche von 70.318 Hektar (z. Vgl. Nationalpark Stilfserjoch 131.000 ha). Von dieser Fläche liegen 48 % in der Region Piemont und 52 % in der Region Aosta. In seiner Höhenamplitude schließt der Nationalpark Gran Paradiso Gebiete zwischen 800 und 4.061 Metern Meereshöhe ein. Damit ist der Nationalpark Gran Paradiso ein Gebirgspark: 60 % der Fläche des Schutzgebietes liegen über 2.200 Metern. In der Zuordnung zu den verschiedenen Habitaten entfallen 62 % der Fläche auf Moränen, Felsen, Gewässer und Gletscher, 17% auf die alpinen Rasengesellschaften und Almen, 20,2 % auf Misch- und Nadelwälder und 0,8 % der Fläche sind urbanisiert und bewohnt. In den 13 Gemeinden, welche Gebietsanteile am Nationalpark Gran Paradiso haben, leben heute 8.300 Personen, davon nur knapp 300 innerhalb der Grenzen des Nationalparks (zum Vergleich Nationalpark Stilfserjoch:  64.000/ 12.130). Das Bevölkerungssaldo im Nationalpark Gran Paradiso ist negativ. Nach dem 2. Weltkrieg haben viele Menschen die Täler des Parkgebietes verlassen. Mit vielfältigen Initiativen versucht die Parkverwaltung heute, Beiträge zu leisten, diesen Trend zur Entleerung des ländlichen Raumes zu stoppen oder zu verlangsamen. Als touristische Kennzahl werden für den Nationalpark Gran Paradiso 1.200.000 Jahresbesucher angegeben. Der Park liegt im unmittelbaren Hinterland der Großstadt Turin. Mit 1.700.000 Einwohnern ist Turin nach Mailand, Rom und Neapel nach Wohnbevölkerung die viertgrößte Stadt Italiens.

DSC_0380DSC_0407Fünf Haupttäler
Der Nationalpark Gran Paradiso umfasst 5 Haupttäler, wovon zwei in der Provinz Turin in der Region Piemont und drei in der Region Aosta liegen.
Das Orco-Tal in Piemont ist nach seinem Bach benannt. Es ist die Gegend der kleinen Bergdörfer an der Südabdachung des Gran Paradiso-Massivs. Bedingt durch die Hobel- und Schleifwirkung der Gletscher hat das Tal heute ein U-förmiges Querprofil. In seinem Gesteinsuntergrund ist es vor allem aus Augengneisen aufgebaut. Auch vom Orco-Tal hat die Ausnutzung der Wasserkraft zur Produktion von elektrischer Energie ihren Tribut gefordert: Naturnahe Bachabschnitte mit großer Fliesdynamik und ästhetisch schönen Bachmäandern etwa talseits von Ceresole Reale wechseln mit Stauseen bergseits dieser Örtlichkeit ab. Die Bergspitzen, welche das Orco-Tal umrahmen, sind vom Dichter Geosuè Carducci ob ihrer Schönheit euphorisch besungen worden.
Auch das noch ursprüngliche Soana-Tal liegt im piemontesischen Anteil des Nationalparks. Erwähnenswert unter den Einrichtungen für die Besucher ist das Museum in Ronco Canavese, welches die Gewinnung des Kupfers rekonstruiert.
Das Tal von Cogne, das Valsavarenche und das Rhremes-Tal liegen im Aostaner Teil des Nationalparks. Der botanische Garten „Paradisia“ in Valnontey bei Cogne beherbergt 1.000 alpine Pflanzenarten.
Das Valsavarenche hat in Bergsteigerkreisen Bekanntheit erreicht. Die Schutzhütten, benannt nach König Viktor Emanuel II und nach Federico Chabod, waren Basislager und Ausgangspunkte für die bekannteste Expeditionen zur Bezwingung des Gran Paradiso-Gipfels auf 4.061 Metern. Berühmt sind auch das vormalige Jagdhaus der Savoyer-Könige in Orvielle, heute Museum, und die landschaftlich reizvolle Hochebene von Nivolet an der Wasserscheide zwischen Dora Baltea und Torrente Orco.

GiancarloGiudiciDie Rettung des Alpen-Steinbockes
International und aus der Sicht des Artenschutzes kommt dem Nationalpark Gran Paradiso vor allem auch Bedeutung zu ob der Rettung des Alpen-Steinbockes (Capra ibex ibex). Alle heutigen Steinwild-Kolonien des Alpenbogens gehen auf eine einzige Gründerpopulation von Steinböcken in den vormaligen Jagdgebieten des Savoyerkönigs Viktor Emanuel II zurück. Entsprechend schmal ist die genetische Variabilität der Alpen-Steinböcke, was ihre Anfälligkeit für Krankheiten und Seuchen erhöht. In den umliegenden Alpenländern Frankreich, Schweiz, Österreich und Deutschland war der Alpensteinbock infolge menschlicher Bejagung bereits ausgestorben, als sich in den königlichen Jagdrevieren noch eine kleine Restpopulation von etwa 100 Tieren halten konnte. Die königliche Jagdreviere wurden 1922 als Kerngebiet in den  ersten italienischen Nationalpark eingebracht. Dank einer durchdachten Strategie der Bewahrung ist es in den folgenden Jahrzehnten gelungen, die Steinwild-Population im Nationalpark Gran Paradiso auf mehr als 4.000 Tiere um die Jahrtausendwende zu steigern. Das nationale wildbiologische Institut Italiens gibt für das Jahr 2011 den alpenweiten Steinwild-Bestand mit ca. 48.000 Stück an. Davon entfallen 16.000 auf den italienischen Teil des Alpenbogens. Im Nationalpark Stilfserjoch gibt es derzeit ca. 1.100 Stück, in Südtirol außerhalb des Nationalparkgebietes ebenfalls ca. 1.100 Tiere.


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