Dienstag, 06 März 2018 00:00

Wir spielen in der Champions - League des Apfelanbaus

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s38 6480Christoph Tappeiner - Geschäftsführer der TEXEL - im WIND-Gespräch.

Vinschgerwind: Vor genau 10 Jahren fusionierten die NOG Naturns mit der POG Partschins und es ging die TEXEL hervor, vor 20 Jahren hingegen die NOG mit der Plauser Obstgenossenschaft. Sie haben beide Fusionen betreut. Welche der beiden war die schwierigere?


Christoph Tappeiner: Also, beide Fusionen waren von sehr großer Tragweite, sei es für die jeweiligen Mitglieder als auch für die Mitarbeiter. Ich würde sagen die erste Fusion hat sehr viel Kraft gekostet, weil das ganze Land darauf geschaut hat. Es war zu dieser Zeit die erste Fusionswelle, die im Obstsektor gestartet worden ist und deshalb war die Erwartung von Mitgliedern, Mitarbeitern aber nicht zuletzt auch von der Politik sehr hoch.
Vinschgerwind:Es gab noch keine Erfahrungswerte?
Tappeiner: Es gab wenige Erfahrungswerte, wir waren auf uns alleine gestellt und deshalb war es von der Heftigkeit her schon ziemlich deftig. Es hat viel Überzeugung auch von mir selbst gebraucht, damit man keine Zweifel hat aufkommen lassen. Es war aber auf jeden Fall die richtige Entscheidung damals 1998, wie sich dann gezeigt hat. Man darf ja auch nicht vergessen, die Obstgenossenschaften sind ja sehr geschichtsträchtig und deshalb sage ich ganz bewusst: Die Erwartungshaltung war eine hohe ...
Vinschgerwind:... und der Druck dementsprechend groß.
Tappeiner: Genau. Glücklicherweise haben viele Umstände dazu beigetragen, dass es ein Erfolgsmodell wurde und deshalb ist bei der zweiten Fusion die Fusionsdelle relativ klein geblieben. Denn Fusionen, das muss man sagen, hinterlassen immer Dellen. Ich glaube beide Fusionen sind zur richtigen Zeit gekommen. Beide auf einmal wäre zu früh gewesen, zeitverschoben, war das sicher richtig. Was mir wichtig ist zu sagen: Sie sagen 10 und 20 Jahre, das sind zwei Jubiläen und ich sage ganz bewusst: Wir sollen innehalten und zurückschauen auf das, was alles geleistet worden ist und gleichzeitig daraus Kraft und Ideen schöpfen, wie die nächsten 10 und 20 Jahre zu gestalten sind. Denn wir sind ständig in einem Wandel.
Vinschgerwind:Sie haben 1996 in der NOG Naturns angefangen, als jüngster Geschäftsführer und haben Strumpfhosen gegen Äpfel getauscht. Haben Sie die Entscheidung nie bereut?
Tappeiner: Ich bin mit 22 von der Fima Alber zur Vi.P und dann zur NOG Naturns gekommen und nein, ich habe die Entscheidung beruflich nie bereut. Ich identifiziere  mit zu 100 Prozent mit der Landwirtschaft, zu 100 Prozent mit dem Vinschgau und zu 100 Prozent mit dem Produkt. Der Vinschgau gilt - und das wird oft und gerne vergessen - weltweit als eines der besten Anbaugebiete für erwerbsmäßigen qualitätsvollen Apfelanbau.
Vinschgerwind:Vergessen vor dem Hintergrund der jüngsten Pestizid-Polemiken?
Tappeiner: Genau. Es ist kein Zufall, dass wir im Vinschgau Äpfel anbauen. Man kann eigentlich sagen: Wir spielen in der Champions League des Apfelanbaus. Für mich persönlich ist das ein großer Motivationsfaktor, dass ich da Einfluss nehmen darf. Ich sage ganz bewusst: Der Job erfordert Leidenschaft und Talent. Nur Leidenschaft wäre zu wenig und nur Talent wäre zu wenig. Es braucht beides, eine Mischung davon. Ich erlaube mir aber zu sagen, dass ich privat schon einen hohen Preis bezahlt habe, denn mit 22 Jahren diesen Job zu übernehmen heißt irgendwo auch die Jugend hinten zu lassen. Der Rucksack der aufgesattelt wurde, war groß und schwer und es brauchte viel Mut diese Position zu übernehmen aber auch eine Portion Blauäugigkeit.
Vinschgerwind:Von Ihnen zur TEXEL: Welche Qualität und Erntemenge wurde 2017 eingefahren?
Tappeiner: 2017 ist unsere Ernte neuerdings von Frost gekennzeichnet. Dass viele Mitglieder zwei Jahre hintereinander kaum eine Ernte eingefahren haben, geht an die Substanz. Ich möchte aber eines festhalten, wenn wir von Qualität und Menge reden, dann möchte ich nicht immer nur die absoluten Waggons darstellen, denn 2017 ist irgendwo schon ein ganz besonderes Jahr. Ich kann mich nie erinnern, dass wir eine so gute Essqualität bei unseren Äpfeln festgestellt haben. Die Äpfel sind extrem süß, weil die Witterung ihre Spuren hinterlassen hat, auf der anderen Seite ist die Haltbarkeit heuer schlechter. Wir haben 2017 eine Ernte von 5.277 Waggon brutto gehabt, wenn wir das mit den Rekordernten von 7.800 Waggon in Relation setzen, dann fehlt schon eine Hausnummer. Aber die Bauern haben die Werkstatt unter freiem Himmel und das hat eigene Gesetze.
Vinschgerwind:Die TEXEL steht mitglieder- und mengenmäßig nach der MIVOR an zweiter Stelle. Beschreiben Sie die TEXEL in Zahlen.
Tappeiner: Wir haben 342 Mitglieder und rund 1.100 Hektar Anbaufläche, davon sind 230 Hektar Bio, das sind 21 Prozent. Wir haben einen Mitarbeiterstand von 137, davon 13 Angestellte, 33 Fixangestellte und 91 Saisonangestellte. Wir haben nur mehr 42 Prozent Golden Delicious-Anteil. Einen wichtigen Anteil nehmen bei uns Red Delicious, Gala, Fuji und Clubsorten ein.
Vinschgerwind:Welche Clubsorten?
Tappeiner: Kanzi, Ambrosia und Envy. Dann kommt jetzt ein weiteres Clubsortenpaket. Der große Star am Apfelhimmel ist der Cosmic Crisp. Das ist eine amerikanische Sorte, ein ganz spritziger Apfel.
Vinschgerwind:Damit zählt die TEXEL zu den wichtigsten Arbeitgebern in Naturns.
Tappeiner: Wir sind wichtiger Arbeitgeber und verfügen über eine bedeutende Sozialbilanz.

Und wir sind gestern (am 23. Februar wurde das Interview aufgezeichnet, Anmerkung der Redaktion) auf Rang zwei beim Top Company Award gewählt worden. Den ersten Platz hat sich die Ivoclar Vivadent auch aus Naturns gesichert.
Vinschgerwind: Ein Riesenkompliment.
Tappeiner: Ja, das ist ein wichtiges Feedback von den Mitarbeitern. Denn die Befragung erfolgt anonym und es ist wie in der Wahlkabine: Man weiß nie den Ausgang. Bei aller Euphorie zeigt es uns aber auch, wo wir noch Baustellen haben. Dieses Ergebnis pusht natürlich auch den Wirtschaftsstandort Naturns.
Vinschgerwind: März ist traditionell Halbzeit in der Vermarktung. Wie lief diese bisher?
Tappeiner: Das vergangene Jahr war - wie bereits gesagt - geprägt von den Spätfrosten im April. Diese haben extreme Spuren hinterlassen. Der Markt hat sich von einem Käufermarkt zu einem Verkäufermarkt gewandelt und das hat sich dementsprechend auf das Preis-Niveau niedergeschlagen. Auf der anderen Seite muss man dies wieder abschwächen, weil wir durch die geringe Haltbarkeit sicher eine Erlösschmälerung haben. Trotzdem: 2017 ist vom Preisniveau ein positives Jahr.
Vinschgerwind: In welche Richtung geht die erste Akontozahlung?
Tappeiner: Diese wird ein Spiegelbild dieser Situation sein. Man muss immer den Ball flach halten und sagen das Fell wird dann verkauft, wenn der Bär erlegt ist.
Vinschgerwind: Jeder Geschäftsführer hat seit Vi.P 3 sein Aufgabenfeld. Welches ist das Ihre?
Tappeiner: Ich habe die Aufgabe den regionalen Einzelhandel in Italien zu betreuen und kümmere mich zusätzlich um die Grossisten in Mittel-, Süditalien und Inseln.
Vinschgerwind: Wer sind die größten Kunden? Wieviel Waggon verkaufen Sie pro Tag?
Tappeiner: Einer meiner größten Kunden ist beispielweise die Aspiag, dieser verkaufen wir rund 400 Waggon Äpfel pro Jahr. In Summe gehen rund 5.000 bis 6.000 Waggon Äpfel durch meine Finger. Die Menge pro Tag hängt von verschiedenen Faktoren ab, entscheidender bei uns ist die Jahresmenge.
Vinschgerwind: Wenn wir in die Zukunft blicken, was steht als nächstes in der Texel an?
Tappeiner: Wir haben einen Masterplan im Investitionsbereich, den wir umsetzen. Ich glaube an Effizienzverbesserung in der internen Logistik. Hier ist noch großes Potential, wir müssen aber auch unsere Sozial- und Aufenthaltsräume für unsere Mitarbeiter anpassen. Das sind unsere infrastrukturellen Schwerpunkte.  Aber wir müssen auch unsere Mitarbeiter fördern und nicht zuletzt müssen wir Sortenerneuerungskonzepte konzentriert steuern. Auch die Weiterentwicklung der Produktionsweisen steht an, sei es im biologischen als auch im integrierten Obstanbau.

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