Dienstag, 19 August 2014 09:06

Heimatliebe und Naturverbundenheit

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s17 869Josef Kaserer empfängt mich mit einem festen Händedruck, als ich in sein Wohnhaus in Tschars komme. Umgeben von Nähmaschinen, Skizzen und seinem Schneiderwerkzeug erzählt mir der 86-Jährige aus seinem Lebenslauf. Mir fallen sofort die vielen Ehrenurkunden und Familienfotos, welche den Hausgang zieren, auf. Heimatliebe und Naturverbundenheit lese ich daraus.

von Brigitte Thoma

Josef Kaserer wurde am 23. Februar 1928 in Tschars als drittes Kind seiner Eltern Anna und Josef geboren. „I bin gonz a kluans Poppele gweesn!“

Eine Nottaufe wurde von der Hebamme veranlasst. „Und heint bin i a nit dr Greaschte!“, fügt er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu. Nach dem Besuch des italienischen Kindergartens besuchte Josef die Volksschule in Tschars. Es durfte kein Wort deutsch gesprochen werden, sonst gab es Schläge mit der Rute oder dem Stock. Es missfiel ihm, die Einheitsuniform der faschistischen Jugendorganisation „Balilla“ zu tragen, auch beim „Ducelied“ blieb seine Stimme stumm. Der blaue Schurz durfte nicht getragen werden, die Buben versteckten den Schurz auf dem Schulweg hinter Holzhaufen. Die Widumshäuserin Hermine Gerstl aus Latsch unterrichtete viele Kinder, darunter auch Josef und seine Geschwister in einer Katakombenschule in deutscher Sprache. Mit 14 Jahren ging er nach Andrian zu einem Bauer. „Miar hot’s an nicht gfahlt, lai hon i Drweillong noch Dahuam kopp!“ Sein Vater hat ihm das Geld für die Heimfahrt bereits mitgegeben und so konnte Josef die Heimreise mit dem Zug nach einer Woche antreten. Als Stallknecht wollte er einem Bauer auf dem Trumsberg zur Hand gehen. Die schwere körperliche Arbeit schaffte er aber nicht, so ist er bei Nacht und Nebel nach kurzer Zeit abgehauen. Daraufhin war er mehrere Jahre beim Falzrohrhof als „Hiatbua“, bis seine Mutter meinte, er solle einen Beruf erlernen. 19-jährig begann er seine Lehre beim Gruber Schneider in Tschars. Bevor er seine Lehrstelle antrat, machte er eine Wallfahrt zur „Latscher Brugg“. „I hon betet, dass i´s ausholt!“ Von Anfang an hatte er Freude an seinem Beruf, der Kontakt mit Menschen und der Stolz über ein gelungenes Stück machten aus ihm einen fleißigen Lehrling. Während der wärmeren Jahreszeit ging Josef mit seinem Lehrmeister zu seiner Stammkundschaft „af d´Schtear“. Während der dreijährigen Lehrzeit erlernte er einen sicheren Umgang mit Nadel, Faden, Schere, Maßband und Nähmaschine. Als er ausgelernt hatte, suchte er nach einer neuen Arbeitsstelle, mit dem Rad fuhr er bis zum Reschenpass, Stelle fand er keine. Erst als er eine Anzeige in der Tageszeitung schaltete, meldete sich der Müller Schneider aus Partschins. In diesem größeren Betrieb, mit 7 Angestellten, lernte er das Nähen von Männertrachen und Mänteln.
1956 machte er sich in Staben selbstständig. 1963 baute er in Tschars „in olten Etschbett“ und richtete dort seine Schneiderwerkstatt ein. Seine Frau Zenzi Schnitzer vom Pardellerhof bei Naturns lernte er auch auf „Schtear“ kennen und lieben. Zenzi´s Mutter gab einen Mantel bei Josef in Bestellung und beim „Halbprobieren“ kamen sich die beiden näher. Am 01. Mai letzten Jahres feierten sie die goldene Hochzeit. Der Verkauf von Konfektion, der Kleidung von der Stange, kam in Mode. Durch das Schneidern von Männertrachten schaffte er sich ein neues Standbein, bei der Handarbeit wurde er tatkräftig von Zenzi unterstützt. Wenn es der Haushalt, der große Garten und die Kinder Evi und Helene zuließen. Unzählige Männertrachten haben sie in Teamarbeit, in liebevoller Handarbeit, für viele Vinschger und Burggräfler Vereine angefertigt, jede ein Unikat. Den nötigen Ausgleich zum Arbeitsalltag suchten sie in den Bergen und der Natur bei Wanderungen, sowie der Tätigkeit in den Vereinen. Josef war treibende Kraft und Gründungsmitglied beim Alpenverein Untervinschgau. Auf seine Initiative hin wurde das Tscharser Wetterkreuz auf 2552 m errichtet. Die Organisation zum Zünden der Herz-Jesu-Feuer am Herz-Jesu-Sonntag hatte er viele Jahrzehnte inne. „Sell isch ollm a Aufregung gweesn! Ob´r bsundersch in di 60-ger Johr, sem isches verboten gwees´n, miar hobm´s obr decht getun!“ 48 Jahre war er mit einer Holzkiste mit Pinsel, roter, weißer und schwarzer Farbe als Markierungswart in seinen geliebten Bergen unterwegs.
Beim Bau der Marteller Hütte war er an vielen Wochenenden daran beteiligt. 37 Jahre marschierte er in den Reihen der Schützen mit und half, wo Not am Mann war. Die feierliche Beflaggung des Dorfes war ihm stets ein Anliegen. Auch politisch betätigte er sich im SVP-Ortsausschuss. Drei Legislaturen war er in der Gemeindebaukommission tätig und trat dort für den Natur- und Umweltschutz ein. 1984 erhielt er aus den Händen von Eduard Wallnöfer in Innsbruck die Verdienstmedaille des Landes Tirol für seine Verdienste im Vereinswesen, insbesondere im AVS. Bis 2005 machte Josef kleine Änderungen, eine Sehschwäche hindert ihn seitdem daran. „Miar genießn die Rente und Longeweile hobmer it!“ Der große Garten und die vielen Obstbäume wollen gepflegt und versorgt werden. Rüstig und gängig sind er und Zenzi viel mit dem Vinschgerzug unterwegs. Auf seiner täglichen „Moosrunde“ zu Fuß lässt er sich gerne auf einen Ratscher ein. Auch Gipfelwanderungen unternehmen sie noch gerne im Kreise ihrer Lieben.

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