Dienstag, 04 März 2014 09:06

„Mit dr Freiheit ischas dahin“

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s17 0709Eleonora Egua hatte im Alter von 14 Jahren eine Spenderniere bekommen. 24 Jahre lang führte sie ein fast normales Leben. Sie ging auf Reisen und feierte sportliche Erfolge. Nun wartet sie erneut auf eine Niere.

von Magdalena Dietl Sapelza  

Iatz kemman si mi holn“, denkt Eleonora als sie die Sirene des nahenden Rettungsautos hört. Es ist der 5. April 1987.

Sie sitzt gerade in einem Saal in Bozen. Seit sechs Monaten ist sie Dialysepatientin und wartet auf eine Spenderniere. Kurz darauf rufen Rettungsmänner ihren Namen. Dann geht alles blitzschnell. Sie wird nach Innsbruck gebracht und in der Universitätsklinik  transplantiert. In der Intensivstation öffnet sie die Augen, und ihre erste Frage lautet: „Wie geht es der neuen Niere?“ Als sie erfährt, dass alles gut gelaufen ist, fällt sie glücklich in den Dämmerschlaf zurück. Die Niere arbeitet. Bereits am 30. April kehrt sie zu ihren Eltern und den zwei Brüdern nach Mals zurück. Dass sie nun täglich bis zu 20 Tabletten schlucken muss, um eine Abstoßung des Organs zu verhindern, macht ihr nichts aus. Sie genießt ihre wieder gewonnene Freiheit. Denn die Dialyse hat ihr Leben sehr eingeschränkt.
Eleonora war mit einer Schrumpfniere zur Welt gekommen. Als klar wurde, dass auch die zweite Niere nur teilweise arbeitete, wurde sie in der Urologie der Universitätsklinik Innsbruck behandelt. „Dr Professr Madersbacher hot long mit miar kämpft“, sagt Eleonora. Die Leistungsfähigkeit der Niere konnte bis zum 13. Lebensjahr erhalten werden. Im Oktober1986 musste sie sich mit der Dialyse anfreunden. Dreimal wöchentlich holten sie Rettungsmänner des Weißen Kreuzes Mals in Schlanders ab, wo sie die italienische Mittelschule besuchte, und brachten sie nach Bozen. Sehr oft war Luis Stocker der Fahrer: „Dr Luis hot mi ollm aufgmuntert unt miar jedes Mol eppas mitbrocht“, betont sie. Die Stunden am Blutreinigungsgerät nutze sie, um Schulaufgaben zu machen. Müde kam sie abends heim.
Später - nach der Nieren-Transplantation fühlte sich Eleonora wie neugeboren. Das funktionierende Organ löste einen Wachstumsschub aus. Innerhalb von drei Monaten schoss sie 30 Zentimeter in die Höhe (von 1,33 auf 1,62 Metern). Und die Schuhgröße kletterte von 33 auf 40. „Di Mama hot ollm nuie Turnpotschn kafn gmiaßt“, lacht sie. Eleonora stand schon bald auf den Skiern und begann mit dem Radfahren. In Begleitung ihres Vaters schaffte sie täglich 40 Kilometer. Dieses Training stellte die Weichen für ihre Sportkarriere im „Transplant Sport Club Südtirol“, die sich sehen lassen kann. 1991 wurde sie Weltmeisterin in Budapest, 1992 Italienmeisterin in Mailand, 1994 Europameisterin in Auer. 1996 Vize-Weltmeisterin in Vancouver. 1997 eroberte sie in Frankreich sogar den Weltmeister-Titel im Ski-Parallel-Slalom. Mit Freundinnen, die sie in der Sportgruppe kennen gelernt hatte, bereiste sie die Türkei, Ägypten, Sardinien, Calabrien… „I honn an morts Drong kopp unt mai Freiheit genossen“, schwärmt sie. Glücklich war sie über die Arbeit, die sie im Haus der Lebenshilfe in Schlanders gefunden hatte- als Vollzeitkraft.
Ab  März 2009 machte ihr Fieber zu schaffen und sie fühlte, dass die Niere versagen würde. Am 16. Oktober 2009 fuhr sie erstmals wieder zur Dialyse. Die  Spenderniere musste entfernt werden. „Sel hot mea wea toun, als di Transplantation“, erinnert sie sich. Die Familie dachte an eine Lebendspende. Ihre Eltern  wollten ihr eine Niere schenken, doch die Werte stimmten nicht.
Dreimal in der Woche hängt sie nun wieder am Dialysegerät, diesmal im Krankenhaus Schlanders. „Dialyse hoaßt sechsmol di Woch stechn unt viele Stundn an dr Maschin“, erklärt sie. „Zun Glück wearn miar bestens betreut“. Oft fühlt sie sich kraftlos. Sie darf keine kaliumhaltige Nahrung essen, keine Banane… keine Schokolade. Das schmerzt am meisten. Sie kann nur noch in Teilzeit arbeiten und nicht mehr verreisen. „Mit dr Freiheit ischas dahin“, betont sie. Trotz Einschränkungen lässt sie sich nicht unterkriegen. „I bin sehr gläubig, unt sel hilft miar viel“, erklärt sie. Halt findet sie in der Familie und in der Selbsthilfegruppe der Vinschger Nierenpatienten. Dankbar ist sie, dass Organspende kürzlich in Schluderns zum Thema gemacht worden ist. Die Sensibilisierung erhöht die Bereitschaft zum Spenden. Eleonoras Name steht erneut auf der Warteliste. Sie wünscht sehnlichst eine Niere, die ihr die Freiheit zurückbringt. Und jedes Mal wenn sie die Sirene eines nahenden Rettungsfahrzeuges hört, hofft sie, dass sie sie holen.


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