Dienstag, 03 September 2013 12:00

Unternehmer sollen Verantwortung übernehmen

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s20 4776Vinschgerwind: Seit April sind Sie Bezirksvertreter im Unternehmerverband und lösen damit Hans Moriggl an der Spitze ab. Haben Sie das Gefühl, dass die Anliegen der Vinschger Unternehmer in Politik und Gesellschaft Gehör finden?
Gustav Rechenmacher: Ich bin seit 6 Jahren im Vorstand des Unternehmerverbandes tätig. In der letzten Amtsperiode war ich Vize-Bezirksvertreter. Nun haben wir im April die Rollen gewechselt: Hans Moriggl ist seither Vize und ich bin Bezirksvertreter. Ich habe schon das Gefühl, dass man als Unternehmer in der Politik nicht immer gehört wird. Das Gefühl ist in den letzten drei Jahren entstanden,  seit Präsident Pan an die Spitze des Unternehmerverbandes getreten ist und bemängelt hat, dass dreiviertel des Landeshaushaltes für Fixkosten reserviert sind und dass damit wenig Spielraum für Investitionen besteht, dass wir auf Export setzen müssen usw.. Wenn ich auf die letzten drei Jahre zurückblicke, stelle ich fest, dass relativ wenig Konkretes passiert ist. Der Weg ist mühselig.

Haben Sie Hoffnung, dass sich das mit dem anstehenden Politikwechsel ändern wird?


Die Hoffnung geben wir Unternehmer nie auf. Wenn wir das Glas nicht als halbvoll ansehen würden, würden wir vieles nicht mehr machen. Die derzeitigen Rahmenbedingungen sind allerdings sehr schwierig: Bürokratie, Steuerbelastungen, Energiekosten usw.

Wofür werden Sie sich einsetzen, welches werden Ihre Schwerpunkte sein?
Als Bezirksvertreter habe ich die Aufgabe, grundsätzlich die Themen des Verbandes im Bezirk zu vertreten. Alle Bezirksvertreter des Landes treffen sich laufend in Bozen. Wichtig ist, dass wir im Unternehmerverband an einem Strang ziehen. Einen besonderen Focus, den ich mir persönlich gesetzt habe, ist, die soziale Verantwortung der Unternehmen präsent und bewusst zu  machen. Auch werden wir die bereits guten Beziehungen zu allen Ober-, Berufs- und Fachschulen weiter ausbauen und unsere sehr erfolgreiche Initiative „Begegnung Schule-Unternehmen“ fortsetzen.

Was ist unter „sozialer Verantwortung“ zu verstehen?
Es ist in der Gesellschaft nicht immer klar, dass ein Unternehmer einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Frieden leistet. Es geht um die Arbeitsplätze: Wenn die Leute Arbeit haben, ist sozialer Friede garantiert. Das ist der Kern der Dinge. Mir wäre es lieber, wenn Förderungen stark reduziert würden und dafür die Bürokratie abgebaut wird. Den Unternehmern ist mehr Spielraum zu lassen. Nach dem Motto: Lasst uns arbeiten und erstickt uns nicht in der ganzen Bürokratie. Da braucht man nicht nach Rom oder nach Brüssel zu schauen. Wir haben in Südtirol genügend Hausaufgaben zu machen. Ich sage, in der letzten Legislaturperiode sind viele Hausaufgaben nicht gemacht worden.

Südtirol hat eine niedrige Zahl an Arbeitslosen. Bisher. Welche Vision haben Sie, um den Standort Vinschgau in Sachen Arbeitsplatzausbau attraktiver zu machen?
Das Wichtigste ist, dass uns die Möglichkeit geboten wird, Arbeitsplätze zu schaffen. Der Vinschgau ist relativ stabil, was neue Betriebe und somit Arbeitsplätze betrifft, was Veränderungen und Bewegungen in der Wirtschaft betrifft. Es passiert relativ wenig. Weil ich mit meiner Firma auch im Pustertal und in Bozen tätig bin, stelle ich fest, dass es im Pustertal und in Bozen viel mehr wirtschaftliche Bewegung gibt. Der Vinschgau tritt, aus meiner Sicht, seit einigen Jahren auf der Stelle. Will man im Tourismus oder auch in anderen Sektoren etwas weiterbringen, scheitert das oft an mangelnder Zusammenarbeit. Man hat den Eindruck, man will nicht. Der mittlere Vinschgau und der obere Vinschgau wollen nicht zusammenarbeiten. Mein Gefühl sagt mir, dass man an einem Strang ziehen müsste. Beispiel Verkehr: Die ewige Diskussion über die Lösung bei Verkehrsfragen. Das ist eine ewige Baustelle, da muss endlich eine Lösung gefunden und eine Entscheidung getroffen werden. Ob diese dann gut ist oder nicht, das sieht man oft erst nachher. Bei der Mebo zum Beispiel waren zuerst viele dagegen, heute kann man sich die Mebo nicht mehr wegdenken. Oder die Zusammenschlüsse der Skigebiete im Obervinschgau. Ein schwieriges Thema. Es ist schon recht, dass es Gegner gibt, dass wir auf die Umwelt Rücksicht nehmen müssen. Auf der anderen Seite müssen wir schauen, dass wir Arbeitsplätze schaffen, damit uns die Jugend nicht abwandert. Das ist einer der wichtigen Punkte. Wenn die Jugend abwandert, ist das eine Spirale nach unten. Und zur Arbeitslosigkeit: Dass wir Vollbeschäftigung haben, ist längst vorbei. Ein Beispiel: Ich habe für meinen Betrieb im Raum Bozen-Pustertal zwei Sekretärinnen gesucht und habe 100 Bewerbungen bekommen. Das war in den letzen 10 Jahren nicht so.

Was ist Ihr Zuruf an die Vinschger Unternehmer?
Nicht den Mut aufgeben. An die Vision, an die Zielsetzung des eigenen Unternehmens glauben. Positiv in die Zukunft schauen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass jeder die Verantwortung für den eigenen Betrieb übernimmt. Man soll nicht sagen, da und dort ist das Land zuständig, oder das Land sagt, da ist der Staat zuständig oder da ist die EU zuständig. Jeder muss seine Verantwortung übernehmen. Das fängt bei den Mitarbeitern an, die ihre Verantwortung übernehmen müssen. Jeder Unternehmer soll in seinem Umfeld das tun, was zu tun ist. Wenn wir als Unternehmer von Krise reden, dann ist das ein Multiplikatoreffekt, der sich auf die Motivation der Mitarbeiter, auf die Handlungsfähigkeit niederschlägt. Wir müssen das anders angehen und sagen, dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben, dass wir uns neu aufstellen und ausrichten müssen. Oft hängt eine Krise vom Unternhemen selbst ab, von einem geänderten Kundeverhalten und man erkennt das nicht. Der Krise wird dann die Schuld gegeben. Wichtig ist es also, die eigenen Hausaufgaben zu machen, die Mitarbeiter ins Boot zu holen und zu motivieren, und nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Die Unternehmer sollen die eigene Verantwortung wahrnehmen.

Interview: Erwin Bernhart


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