Mittwoch, 10 Juli 2013 09:06

Viel Lärm um nichts?

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s6 IMG 5094Hans Rubatscher, unter anderem Mehrheitseigener der Kaunertaler-Pitztaler Gletscherbahnen hat sein Angebot mit einer gewissen Enttäuschung zurückgezogen. Rubatscher hat angeboten, eine Bahn von Melag auf’s Karlesjoch zu bauen, welche seit Jahren im Volksmund „Kaunertal“ genannt wird, und Rubatscher hat angeboten, in die Haideralm einzusteigen. 

von Erwin Bernhart

Die Entscheidung in Graun dürfte gefallen sein. Und zwar gegen einen Investor von außen: Das bedeutet, dass man in der Gemeindeverwaltung gegen einen Anschluss von Langtaufers auf das Gletscherskigebiet Kauntertal, gegen den Einstieg eines Hans Rubatscher in die Haider AG und letztlich auch gegen einen Zusammenschluss Haideralm-Watles ist.

Endgültig entschieden ist zwar noch nichts, aber die Weichen zeigen in die Richtung, dass man eine gemeindeinterne Lösung favorisiert. Eine interne Lösung heißt, dass die Schöneben AG einen Verbindungslift zwischen St. Valentin und dem Skigebiet Schöneben errichten könnte.
Diese Konturen haben sich innerhalb der vergangenen Woche in Graun immer deutlicher abgezeichnet.
Das derzeitige Ergebnis: Hans Rubatscher hat sein Angebot zurückgezogen, der Präsident der Haider AG, Johann Sprenger, und das Verwaltungsratsmitglied Martin Mall sind - vorerst im Zorn und mündlich - zurückgetreten. Sprenger hat sich mittlerweile von seinem Rücktritt - auf Druck vieler relevanter Aktionäre aus St. Valentin - wieder distanziert.

Was ist los in Graun? Mit welchen Methoden wird da gearbeitet? Wie wird da diskutiert?
Diskussionen scheinen in Graun überflüssig, höchstens notwendiges Übel zu sein. Denn in der vergangenen Woche hat eine Bürgerversammlung samt reger Diskussion vielversprechend begonnen. Vielversprechend deshalb, weil man das Gefühl hatte, dass sich Befürworter für den Anschluss mit dem Kaunertal, für den Einstieg von Rubatscher in die Haider AG und Bedenkenträger, die sich um Umweltschutz, Verkehr, Parkplätze, Trinkwasserschutz sorgen, und die Bedenken der Schöneben AG die Waage hielten. Die Diskussion ist offen verlaufen, sachlich auch, von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Der Vortrag vom Langtauferer Gastwirt Josef Thöni über die Visionen verlief unprätenziös, Markus Moriggl hat die Grundlagen, die Einkommenssituation, die Bevölkerungsstruktur, die Bettenauslastung und andere wirtschaftliche Eckdaten in der Gemeinde Graun dargelegt. Die Arbeitsgruppe, die in 14 Treffen in St. Valentin  Zukunftsvisionen auch für das Skigebiet Haideralm entwickelt hat, hat sich Mühe gegeben. Ein Anfang in der Öffentlichkeit, ein guter Anfang. Ergebnisoffen.
Allerdings lief bereits während der Diskussion die Gegenoffensive, weniger öffentlich. In einem Schreiben (Kuvertpapier mit dem Logo der Haideralm - der Brief selbst war ohne Logo - nicht einmal jenes der Gemeinde Graun) hat BM Heinrich Noggler die Aktionäre der Haider AG zur Vorstellung des Projektes „Varianten - Studie für die skitechnische Verbindung der beiden Skigebiete Haideralm-Schöneben“ eingeladen. Einen Tag nach der Diskussion im Kulturhaus in Graun fand im Kulturhaus von St. Valentin unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Variantenvorstellung durch Ingenieur Erwin Gasser statt: Ein Verbindungslift samt Mittelstation von der Talstation der Haideralm direkt hinauf in das Skigebiet Schöneben. Den Gondellift der Haider AG würde die Gemeinde Graun übernehmen.
Tags darauf, am vergangenen Freitag, war eine außerordentliche Vollversammlung der Haider AG angesetzt. Einziger Tagesordnungspunkt: Man solle darüber abstimmen, welche Richtung die Aktionäre der Haider AG gehen wollen: Richtung Rubatscher oder Richtung Schöneben. Die Abstimmung kam nicht zustande. Der Mehrheitsaktionär, die Gemeinde Graun, mit 57 Prozent an der Gesellschaft beteiligt, legte sein ganzes Gewicht in die Waagschale und erreichte damit einen Aufschub einer solchen Abstimmung um drei Wochen. Die Begründung Nogglers: Rubatscher habe ihm am morgen desselben Tages einen Terminaufschub um drei Wochen gewährt. Aktionär Thöni Heinrich, mit Rubatscher gut befreundet, erklärte, dass das nicht stimme. Er habe mit Rubatscher telefoniert. Enttäuscht kamen daraufhin die Rücktritte von Haider AG-Präsident Sprenger und von Mall.
Nun hat im Verwaltungsrat der Haider AG jene Fraktion die Mehrheit und das Sagen, die sich auch bisher für die Variante mit Schöneben stark gemacht hat.
Die Dämme scheinen schon gebrochen zu sein, bevor die Diskussion in Graun richtig losgegangen ist. Die Aufbruchstimmung, die Hoffnungen auf einen entscheidenden wirtschaftlichen Impuls für das Oberland, für den oberen Vinschgau, scheinen verwelkt, bevor sie blühen hätten können. Das ist die eine Seite, die Seite vieler Hoteliers, die Seite vieler Handwerker, die Seite auch vieler Junghoteliers. Die andere Seite, die den möglichen Verkehr ins Langtauferertal befürchten, die langfristig im Skifahren kaum Zukunft für das Oberland sehen, die einer Fremdbestimmung eines auswärtigen Investors äußerst skeptisch gegenüberstehen, wird der entgangenen Diskussionsoffensive wohl keine Träne nachweinen.

Was bleibt, ist ein Scherbenhaufen, den letztlich die Gemeindeverwaltung in Graun mit BM Heinrich Noggler an der Spitze zu verantworten hat. Ein Scherbenhaufen deshalb, weil in der Diskussion der letzten Tage einige Standpunkte bezogen worden sind, die so leicht nicht mehr vom Tisch zu kriegen sind: Da sind einmal die Nauderer, die vor allem über ihren BM Robert Mair verkündeten, dass sie für einen Zusammenschluss mit dem Kauntertal seien und Mair hat in der Bürgerversammlung in Graun unmissverständlich gewarnt und gerügt. Er hat wörtlich gesagt: „Wenn die Haideralm stirbt, sind wir an einem Kartenverbund nicht mehr interesssiert.“ Tatsächlich kommen viele Gäste auch aufgrund des Pistenangebotes nach Nauders, in der Region unbestritten die bettenreichste Destination. Und viele von den Nauderer Gästen fahren nach Schöneben zum Skifahren, ein Umstand der ökonomisch zugunsten der Schönebner ausgeht. Das ist Fakt und Schöneben will daran nichts geändert wissen.
Aber gerade auch für Nauders wäre die Anbindung zwischen Langtaufers und dem Kaunertal höchst interessant gewesen, mit einer Saisonsverlängerung in den Herbst und in den Frühling hinein. Auch für den Sommer. Denn im Verbund mit der Tirol-Werbung und im Verbund mit den möglichen Werbekampagnen von den Kaunertaler Gletscherbahnen hätten die Nauderer gute Karten gehabt. Aus der Traum. Die Nauderer Scherbe ist eine im Scherbenhaufen.

Auch die an Graun angrenzende Gemeinde Mals hätte, so die Meinung in der dortigen Politik und in den Reihen des Verwaltungsrates für den Watles, dem Angebot von Hans Rubatscher Positives abgewinnen können. Mit einer Skizze und einem Sack voller Ideen sind die Verantwortlichen für den Watles bei der Bürgerversammlung in Graun in der ersten Reihe gesessen. Die Skizze beinhaltete einen Lift vom Galtberg ins Zerzertal, mit der Talstation in der Nähe der Bruggeralm. Und die Skizze beinhaltete Pistentrassierungen, die ein Skikarussell mit der Haideralm ermöglicht hätten. Am Watles hat man mit einem doppelten Vorteil gerechnet: Pisten an den Nordhängen, die gerade im Frühjahr noch Schneesicherheit versprachen und eine direkte Anbindung mit dem Skigebiet Haideralm, eine seit Jahren geträumte Vision. Aus der Traum. Die Watles-Scherbe ist eine zweite im Scherbenhaufen.
Was geschieht mit Langtaufers? Hansi Klöckner, der das Skigebiet Maseben betreibt, hat bereits vor einem Jahr Alarm geschlagen und ist mit einem Angebot von Hans Rubatscher und dem Geschäftsführer der Kaunertaler Gletscherbahnen Eugen Larcher für einen Zusammenschluss Langtaufers-Kaunertal in der Gemeinde Graun hausieren gegangen. Er und das Angebot wurden offensichtlich nicht besonders ernst genommen. BM Heinrich Noggler beschwichtigt: „Wir haben rund 50.000 Euro im laufenden Haushalt für die Aufwertung des Langlaufens in Langtaufers vorgesehen. Dieses Projekt werden wir angehen.“ Und was passiert skitechnisch, wenn Maseben nicht mehr da sein wird und die Tür ins Kauntertal endgültig zugeschlagen ist? „Die Schönebner haben versprochen, einen Busdienst für Langtaufers einzurichten.“
Die Scherbe Numero drei liegt also in
Langtaufers.


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