Montag, 13 Mai 2013 09:06

Menhire und Briefe aus dem Jenseits

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bild-1von Hans Wielander

 
Aufsehen erregte bei uns der Fund eines Menhirs in der Pichlkirche von Latsch. Der Archäologe Hans Nothdurfter entdeckte 1992 bei Restaurierungsarbeiten in der Altarabdeckung über dem Mauerwerk eine mit Zeichen übersäte Marmorplatte, die sofort als Menhir, als „Langstein“ aus der Megalithzeit gedeutet werden konnte. Nach Schätzung dürfte dieser Menhir etwa 5000 Jahre alt sein. Die auf dieser Statue abgebildeten Gegenstände - Dolche, Werkzeuge, Gürtel - rücken diesen Fund in die Nähe des Eismannes vom Similaun, also von Ötzi, den der Gletscher 1991 freigegeben hat.  


„Menhir“ bedeutet „Langer Stein“. Hügelkuppen, Höhlen, Kreuzungspunkte wichtiger Wege galten als heilige Orte; in christlicher Zeit wurden dort Kirchen, Kapellen, Wegkreuze errichtet. Dieser Übergang vom heidnischen zum christlichen Kult erfolgte nicht ohne Konflikte, konnten aber bald entschärft werden, zumal der Papst Gregor der Große bereits um das Jahr 600 die christlichen Missionare angeleitet hat, das religiöse Weltbild der Heiden mit christlichen Anschauungen zu versöhnen.
Etwa 800 Jahre später denkt Cusanus (der gelehrte Kardinal Nikolaus von Kues und Bischof von Brixen) darüber nach, wie die verschiedenen Religionen miteinander in Einklang gebracht werden könnten. Dabei bestätigte er dem Heidentum große Liebe zur Schöpfung und somit auch wahre Gotteserkenntnis.
Die Einschätzung alter Weisheit und die Achtung vor dem religiösen Ernst unserer Vorfahren hat allerdings nichts zu tun mit den  Botschaften der Gottesmutter Maria, also mit den Briefen aus dem Jenseits, die seit einiger Zeit einer wundergläubigen Gemeinde auf den Prader Sandtn vorgelesen werden. Die Briefe enthalten Warnungen von Verstorbenen, düstere Ahnungen, sofern sich die Menschen nicht gründlich ändern - Tod und Verderben.
Es wird vor aufgeschichteten Steinen gebetet und gesungen, so etwa das Lied „Auf zum Schwur Tiroler Land“. Jemand wollte wissen, was dieses Lied mit dem nahen Weltuntergang zu tun hätte und ob Maria eine Vinschgerin wäre, zumal in einem der Botschaften, die fotokopiert verteilt wurden, im Text ein typischer Vinschger Fallfehler entdeckt wurde. Immer zahlreicher versammeln sich  „verzweifelte“ Menschen, die das nahe Ende ahnen und kommen mit Autobussen von weit her, um zu beten.  
bild-2Verloren ist das Vertrauen zur alten Kirche. Es gibt für diese „Gläubigen“ nur mehr Unbehagen, auch mit dem Vatikan, der all die Erscheinungen, Botschaften, Visionen aus dem Jenseits nicht ohne weiteres anerkennen will.
Wer sich mit diesbezüglichen Geschichten näher befassen möchte, kann dies in den Prozessakten des Buches über die Nonnen von Sant‘Ámbrogio nachlesen. Es geht darin um die zweifelhafte Heiligkeit der Gründerin dieses mittlerweile aufgelösten römischen Klosters. Und um die lesbischen Praktiken, die mit Botschaften der Gottesmutter  Maria begründet wurden. Die Nonnen wollten unbedingt eine eigene Heilige und verehrten die Gründerin auch ohne päpstliche Anerkennung. Das war um das Jahr 1860; diese Ereignisse  führten zu einem für die Kirche beschämenden Skandal, auch wenn der Vatikan damit gar nichts zu tun hatte.
Wundergläubigkeit, Stigmatisierung, Erscheinungen, Botschaften aus dem Jenseits ... immer mehr Menschen lassen sich davon beeindrucken und strömen auf die Prader Sandtn. Periodisch in den Abendstunden. Mit einer Taschenlampe wird eine kleine Josefstatue mit dem Jesuskind angeleuchtet. Dann werden die Botschaften vorgelesen. Der Prader Pfarrer wurde um seine Meinung befragt und hat angeblich geantwortet: Solange sie beten, ist nichts einzuwenden.
Statt des abgelehnten Golfplatzes auf den Prader Sandtn jetzt Briefe der Gottesmutter Maria. Botschaften wie Golfbälle aus dem Jenseits? Vielleicht könnte damit auf wunderbare Weise dem krieselnden  Fremdenverkehr geholfen werden? Wir brauchen unbedingt ein Wunder!

 

bild 3Im Winter verwandelt der Schnee die Prader Sandtn in einen großen, weißen Menhir mit vielen Zeichen. Darin können wir vielleicht die Zukunft erkennen. Wir lesen darin wie in Handlinien, auch wenn diese Prophezeiung gar nicht allen gefällt: Obstanlagen im Obervinschgau werden wachsen, wachsen, wachsen... Vielleicht wurde dies bereits in geheimnisvoller Weise auf alten Menhiren angedeutet?

 

P.S. Darüber werden wir demnächst mehr erfahren, zumal das Denkmalamt zur Zeit die neu gefundenen Vinschger Menhire wissenschaftlich untersucht. Nach Reinigung und Restaurierung werden die Ergebnisse und die Bilder demnächst in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit mitgeteilt.

 


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