„Wenn miar Bauern zommholtn, nor kennen di ondern lai kemmen“

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Symbolisches Bild für die Abgänge: Raimund Prugger (rechts) überlässt das BB-Bezirksobmann-Feld Joachim Weiss (links) und BB-Obmann Leo Tiefenthaler kann mandatsbeschränkt nicht wiedergewählt werden Symbolisches Bild für die Abgänge: Raimund Prugger (rechts) überlässt das BB-Bezirksobmann-Feld Joachim Weiss (links) und BB-Obmann Leo Tiefenthaler kann mandatsbeschränkt nicht wiedergewählt werden

Vinschgau-Schlanders - Bei der Bezirksversammlung des Bauernbundes hat der am 29 Jänner noch designierte neue Landesrat für Landwirtschaft Luis Walcher einen Satz rausgehauen, der aufhorchen und auf künftige Konfrontation schließen lässt. Der Wechsel in Politik und auf allen Bauernbundebenen wird so sichtbar.

von Erwin Bernhart

Dem neuen Landesrat für Landwirtschaft Luis Walcher dürften die Rösser durchgegangen sein, als er nach seinem kurzen und lauten Statement bei der BB-Bezirksversammlung am 29. Jänner im vollbesetzten Kulturhaus von Schlanders den Bäuerinnen und Bauern zufrief: „Wenn wir Bauern zusammenhalten, dann können die anderen lai kemmen.“ Der Spruch glich einer Kampfansage und zugleich einen Bruch bisheriger politischer Gepflogenheiten.
Denn der scheidende Landesrat Arnold Schuler, der vom neuen BB-Bezirksobmann Joachim Weiss zu einer eigentlich nicht vorgesehenen Rückblickrede in Schlanders zugelassen wurde, betont in seinen Abschiedsreden immer wieder, dass er immer die Auffassung vertreten habe, dass die Landwirtschaft in die Gesellschaft eingebettet zu sehen sei. Eine Art Gesellschaftsvertrag habe ihm vorgeschwebt, sagte er in Schlanders. Und das gerade auch im Hinblick auf die hitzig geführten Diskussionen um die Pflanzenschutzmittel. In der Verteidigungsphase sei damals von den Politikern weit und breit niemand zu sehen gewesen. Er sei nach wie vor davon überzeugt, dass die Qualität der landwirtschaftlichen Produkte auch etwas mit dem Anbau zu tun habe. Und dann sei die Stimmung irgendwann gekippt. Schuler meinte, dass im Obervinschgau „etwas zu machen sei“ und mahnte dort einen gemeinsamen Weg an. Auch erinnerte er an die Rahmenbedingungen in Sachen Wolf. Er habe den Weg vertreten, dass mögliche Abschüsse wenn überhaupt nur über eine entsprechende Dokumentation erreicht werden könnten. Wie diese auch bei Murmeltieren, Steinböcken und Kormoranen möglich seien. Der Bauernbund habe da nicht mitgespielt. Das vom Landtag mehrheitlich genehmigte Landesgesetz zum Wolfsschutz sei aufgrund der italienischen Justiz fraglich. Und überhaupt: Bei den Förderungen und Prämien sei in den vergangenen Jahren nicht nur mehr, sondern viel mehr Geld geflossen.

„Und jetzt Joachim bist du dran.“

Die Begrüßung und der Rückblick oblag dem scheidenden BB-Bezirksobmann Raimund Prugger. Prugger erhielt am Ende großen Applaus. Einen komprimierteren Jahresrückblick, wie ihn Raimung Prugger seit Jahren bringt, muss ihm erst einer einmal nachmachen. Für 2023: Futtermenge und - Qualität - gut. Preise für Zucht- und Nutztiere - gut. Der Milchpreis bei 70 Cent pro Kilo. Die Qualität von Almkäse und Butter ist bei den Wettbewerben in Galtür und in der Fürstenburg eindeutig belegt. Auf den 25 Milchalmen waren 2023 1386 Kühe und 370 Almfacken. 261 Geißen waren auf den drei Geißalmen. Über Leader 1 sei viel Geld geflossen und mittlerweile sei ein Drittel der Almen EU-zertifiziert.
Beim Obst habe es für Bioware eine Durststrecke gegeben, die integrierte Produktion habe sich gut verkauft. Beim Wein herrscht eine gute Stimmung, die sich auch im großen Interesse an den Pflanzrechten niederschlage. Beim Gemüse seien die Preise recht stabil geblieben. Die Euphorie beim Kirschenanbau sei gesunken. Prugger wörtlich: „Es ist eine schwache Perspektive, wenn man auf Ernteausfälle andernorts hoffen muss, um für die eigenen Produkte gute Preise erzielen zu können.“ Harte Zeiten für den Wald, aufgrund des Sturmtiefs Vaj, des Schneedruckes und des Borkenkäfers. Waren 2022 noch 600 Hektar im Vinschgau von Schäden betroffen, so seien 2023 300 Hektar hinzugekommen. Die Gemeinden Laas und Taufers seien am schwersten betroffen. Gute Erfolge haben man mit durch den Einsatz vom Präparat aus Bacillus thuringiensis erzielen können.

2023 sei ein gutes Honigjahr gewesen. 45 Millionen Euro habe man über die Marke Roter Hahn umsetzen können. Für das positive Gutachten für den Nationalparkplan bedankte sich Prugger ausdrücklich an den Marteller BM und Präsident des Führungsausschusses Georg Altstätter. Der Parkplan habe noch eine große Hürde - er müsse vom Ministerium genehmigt werden. Ad Wolf und Bär: Eine schleichende Auflösung der Almen sei nur sehr schwer rückgängig zu machen. Vinschgau Marketing sei wieder aktiv und bei Leader habe die neue Förderperiode begonnen. Sorgen bereite der Verkauf von geschlossenen Höfen. Und wer, formulierte es Prugger spitz, mache eigentlich den Bürokratieabbau.
In eigener Sache bedankte sich Prugger vor allem bei seiner Familie und bei seiner Frau. Dankesworte gingen auch an die Mitstreiter, an die Orts- und Bezirksbauernräte, an die Fürstenburg für Gastfreundschaft. Dann brandete der große Applaus auf.

Der neue BB-Bezirksobmann Joachim Weiss sagte, er wolle das Amt mit Demut antreten. Die Themen allerdings blieben: das Wassermanagement, das Großraubwild, das Tierwohl, die Energie, die Gentechnik, die Senioren, dann die EU-Wahlen im Sommer und die Gemeinderatswahlen im kommenden Jahr. Weiss erinnerte an die Bauernproteste in Deutschland. Es seien Proteste für mehr Anerkennung. Da sehe er Parallelen zu Südtirol. Denn wenn man bis Ende des Jahres nur spesendeckend gearbeitet habe und auch von der Politik, bei der Hofschlachtung etwa, das Leben schwer gemacht werde, dann sei das alles andere als eine Anerkennung. Aber er sehe mit Zuversicht in die Zukunft.

Absage an den Green Deal

Weil die EU-Wahlen im Juni bevorstehen, habt auch der BB-Bezirk Vinschgau „seinen“ Kandidaten und derzeitigen EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann geladen. Dorfmann referierte über Versorgungssicherheit und verwies darauf, dass „wir auf den Welthandel nicht verzichten können und wollen.“ Denn für Äpfel und Wein aus Südtirol sei der Welthandel relevant. Eine Breitseite gab Dorfmann für den „Green Deal“. Denn weltweit sei die EU-Landwirtschaft höchstens mit 1 Prozent an den Treibhausgasen beteiligt. Eine Breitseite gab Dorfmann auch in Richtung Frans Timmermanns, den für den Green Deal verantwortlichen ehemaligen EU-Kommissar. Der sei ein, so Dorfmann, „grün-linker Ideologe und habe viel Unheil angerichtet. Eine entschärfte Variante des Green Deals werde für die Schlussbestimmungen im Parlament eine Mehrheit erhalten, aber für Südtirol wird das alles kaum spürbar werden.
Dorfmann sprach auch die Bestrebungen in der EU an, die neue Gentechnik (NGT) neu zu definieren. Als NGT1, so ein Vorschlag, werden jene genetisch veränderten Pflanzen (mit Hilfe der Genschere Chripr/Cas) bezeichnet, deren Änderungen auch als „Mutation in der Natur“ möglich wären. Ähnlich konventionellen Züchtungen. Als NGT2 würden gentechnisch veränderte Pflanzen bezeichnet. Was Dorfmann nicht gesagt hat, ist, dass das bleibende Gentechnikgesetz der EU mit den neuen Definitionen unterlaufen wird.
Zum Wolf sagte Dorfmann: Es gebe 20000 Wölfe in der EU. Der bisherig Schutzstatus sei so nicht mehr notwendig. Allerdings müsse dazu die Berner Konvention geändert werden, so dass der Schutzstatus von „stark geschützt“ auf „geschützt“ herabgestuft werden könnte. Einen Zeitplan dazu konnte Dorfmann nicht nennen.

Dann blickte auch der scheidende BB-Obmann Leo Tiefenthaler zurück. Tiefenthaler verwies unter anderem auf den EU-Wahltermin im Juni. Denn die politischen Entscheidungen würden vermehrt auch in Brüssel getroffen. Mit Herbert Dorfmann, der ehemals 10 Jahre lang Direktor des SBB war, habe man einen guten Kandidaten. In den Gemeinderäten sei man gut vertreten. Die Bauern und Bäuerinnen, die 7 % Anteil an der Bevölkerung hätten, sind mit 23 % der Gemeinderäte in diesen Gremien gut vertreten. Man solle sich aber früh genug Gedanken für die Gemeinderatswahlen 2025 machen.

In der Diskussion war es Anja Matscher vom Lechtlhof, die ihre großen Sorgen gegenüber der neuen Gentechnik äußerte. Sie bekam von anderen Bauern, von Karlheinz Stocker aus Prad etwa dafür Unterstüztung. Dorfmann hatte bereits den Saal verlassen und so nahm Schuler Stellung. Man solle die neue Gentechnik als Chance sehen, vor allem im Hinblick auf Einsparungen bei den Pflanzenschutzmitteln.
Georg Altstätter appellierte in Sachen Nationalpark an die Politik: „Das Spiel mit dem Park ist noch lange nicht fertig. Jetzt muss der Parkplan ins Ministerium. Und da wird es die ganze politische Kraft brauchen.“

Gemeinde Mals verliert vor dem Staatsrat
Am Rande wurde bereits bei dieser BB-Versammlung das Urteil des Staatsrates in Sachen Pestizidverbot in Mals angesprochen. Offiziell zugänglich war das Dokument dann ab Dienstag vormittag. Der Staatsrat hat den Rekurs der Gemeinde Mals abgewiesen. Die Gemeinde habe bei der Verankerung des Pestizidverbotes in ihrem Reglement gegen die Hierarchie der Gesetze verstoßen. Bekanntlich hatte die Gemeinde Mals in ihrem Reglement vorgesehen, dass „sehr giftige (T+)“ und „giftige (T)“ Pestizide auf Gemeindegebiet verboten seien. Das gehe nicht, so der Staatsrat, denn die Zulassung von Pestiziden geschehe in der EU und gelte für alle EU-Staaten. Auch die Abstandsregelungen können nicht gelten, weil eine Abstandsregelung bereits vom Land vorgesehen sei.

 

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