Mittwoch, 09 Januar 2013 00:00

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 RIMG0023RIMG0024Die Ausstellung russischer Trachten im Frauenmuseum von Meran dient dem europäischen Gedanken. Neben den zahlreichen, auch aus Sibirien stammenden Originalen werden vergleichend auch Tiroler Trachten gezeigt. Zahlreich sind die Stoffe und Farben, volkstümlich oder auch bürgerlich, vor allem die Welt der Frauen betreffend. Und was ist mit den Männern?
„Berührungen Russland Tirol“ war der Titel eines Buches (ARUNDA Nr. 70/2006), in dem neben vielen anderen Mitarbeitern zwei Frauen die verschiedensten kulturellen Verflechtungen aufweisen konnten: Brunamaria Dal Lago-Veneri untersucht darin Entsprechungen unserer Märchen-und Sagenwelt mit der östlichen Erzählkunst; Bianca Marabini Zoegeler vergleicht den Umgang mit Holz, mit dem Wald, erklärt Ähnlichkeiten der Lebensform, der Wohnkultur. Sie kann aus direkter Erfahrung schöpfen, zumal ihre Mutter Russin ist.


Diese schöne Ausstellung vermittelte sie als Vorsitzende des Kulturvereins RUS (mit Sitz in der Villa Borodina in Meran/Obermais) über die rührige Russengemeinde.
„Die Russen kommen!“ ist man versucht zu sagen und zwar mit einiger Besorgnis. Nicht allen klingt dies verlockend in den Ohren, obwohl sie viel Geld ausgeben, die Neureichen Russen ... man schätzt die Zahl der Millionäre auf eine Million.
Die Stiftung Borodina aber stammt noch aus einer ganz anderen Zeit, aus der „Belle Epoque“, als kranke Russen im milden Klima Merans Heilung suchten. Als Russland noch ganz zu Europa gehörte. Das war die Zeit um 1900, die Hochzeit des kultivierten Tourismus, die in Meran in beindruckender Weise dokumentiert wird. Vor allem im Touriseum und im „Weltgarten“ von Schloss Trautmannsdorf. Nicht zu vergessen das K.u. K. Museum Bad Egart auf der Töll mit der Sonderausstellung der Kaiserin Elisabeth; ein Habsburgermuseum gibt es auch in Latsch, gegründet und aufgebaut von Hermann Pegger. Aber wir kehren über die Sissi zurück ins Frauenmuseum nach Meran, zu weiblichen Heiligtümer.
Wo aber ist ein Männermuseum? Was könnte dort ausgestellt werden? Kleidung, vielleicht Rüstungen? Handwerk, schweres Gerät? Uniformen, Waffen, Kanonen, Mordwerkzeuge ohne Ende. Unterseeboote, Flugzeuge, Raketen? Für Sport gibt es bereits Museen, für tausend andere Besonderheiten und Folterinstrumente.
Aber Frauenmuseen, so liebevoll gepflegt, gibt es nur wenige. Ich gehe also herum, schaue auf Gegenstände in Vitrinen, die aus früheren Ausstellungen stammen, aber immer noch gepflegt und erweitert werden und bleibe - typisch Mann - bei der Damenunterwäsche hängen: Historische und aktuelle Büstenhalter, zarte und voluminöse, liebevoll bestickte und durchbrochene. Wie Kunstwerke arrangiert, komponiert und vielleicht auch parfümiert. Es sind gewissermaßen Reliquien, Gegenstände, an denen Erinnerung haftet, eine besondere Kraft.
„Reliquien sind Überreste von Heiligen, ihre Gebeine, Kleider, Marterwerkzeuge.“ So steht es im Lexikon. Ihre Verehrung hat aber auch etwas mit der Hochschätzung von Kunstwerken zu tun. Wer einen Rembrandt zu Hause hängen hat, einen Dürer oder Leonardo da Vinci, der würde ihn wie eine Reliquie verehren - abgesehen davon, dass er das Kunstwerk aus Sicherheitsgründen zu Hause gar nicht aufbewahren kann.
Wir verehren aber auch die Arbeiten der neuen und etwas weniger berühmten Künstler. Ihre Werke hängen in den Gängen und an der Stubenwand, ganz ähnlich den Heiligenbildern, zu denen im Gebet aufgeblickt wird.
Hier denken wir auch an die Ikonen der Ostkirche. Diese Heiligenbilder erheben den Anspruch, nicht nur Symbol, also Abbild des Heiligen zu sein, sondern Zeuge im Sinne von Zeugung. Inspiration durch göttlichen Samen. Auch Männer haben Mutterinstinkt.
Dabei erinnere ich mich an Frankreich, an die Kathedrale von Chartres, in der noch das Hemdchen aufbewahrt wird, das die Gottesmutter Maria bei der Geburt von Jesus getragen hat.
Etwas Ähnliches wird auf einer Malerei in der Kapelle von Hocheppan gezeigt und zwar eine Maria, der im Kindbett zur Stärkung eine Art Knödel gereicht wird. Die erstenTiroler Knödel auf einem romanischen Fresko! Frauen sind Mütter, Frauen sorgen für das Wohlergehen, für Gesundheit, für Kleidung.
Wir Männer haben zwar die Strickmaschinen und alles Mögliche zur Beschleunigung der Stoffproduktion erfunden, aber wir kehren gerne zurück zu den Ursprüngen, gewissermaßen zu Mutters Rock. Zu Stoffen, die den Schoß umhüllen. Ganz einfach gewirkt und genäht, gefärbt mit Rot und Grün und Blau.

Hans Wielander

Die Ausstellung wird ergänzt durch viele landschaftliche und architektonische Stimmungsbilder und bleibt bis zum 15. Februar 2013 geöffnet, Tel. des Frauenmuseums, Meinhardsstraße 2 am Kornplatz in Meran.


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