Dienstag, 18 September 2018 00:00

„Wir brauchen flexible Wassernutzung“

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s6 7725Schlanders/Bozen - Gletscherschwund, steigende Temperaturen in den Sommermonaten, längere Trockenperioden: Die Landwirtschaft - auch im Vinschgau - wird mehr Wasser für die Bewässerung benötigen. Die derzeitigen Konzessionen werden den Bedarf in Zukunft wohl nicht decken können. Dabei werden derzeit wassersparende Tropfbewässerungen umgesetzt. Das Bonifizierungskonsortium Vinschgau hat kürzlich die für das Wasser zuständigen Ämter für den flexiblen Bedarf sensibilisiert.

von Erwin Bernhart

Ohne Wasser - keine Landwirtschaft. Im Vinschgau trifft dies im Besonderen zu.

Denn das Tal ist nicht von Niederschlägen gesegnet, zumindest nicht in der Menge und vor allem nicht in der Verteilung, dass sich Landwirtschaft ohne künstliche Bewässerung bewerkstelligen ließe. Dass unsere Vorväter das Wasser mit Waalen und „Koundln“ zu den landwirtschaftlichen Flächen transportiert haben, ist hinlänglich bekannt. Über Jahrhunderte konnte so eine dürftige Deckung der Grundnahrungsmittel aufrecht erhalten werden. Waale existieren heute noch vor allem an den sonnenseitigen Berghängen, ihre Bedeutung ist heute noch für die Landwirtschaft entscheidend. Wasser war immer schon eine strategische Resource, um die gestritten worden ist, dass manchmal auch außergerichtlich die Fetzen flogen.
Im Talboden hat sich in den vergangenen Jahrzehnten einiges geändert. Vor mehr als 50 Jahren, im Jahre 1964, wurde das Bonifizierungskonsortium Vinschgau gegründet bzw. dessen Gründung wurde vom Staat endlich anerkannt.
Die Sicherstellung und die Verteilung von Wasser waren Schwerpunkte und Ziele des Bonifizierungskonsortiums, daneben die Instandhaltung von Konsortialwegen und Entwässerungsgräben. Die Beregnung hielt Einzug in den Vinschgau und mit ihr einhergehend der Obstbau.
Heute umfasst das Einzugsgebiet des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau 8.400 Hektar - von Plaus/Partschins bis in die Gemeinde Mals. 5.500 Mitglieder zählt das Konsortium, das eine Körperschaft öffentliochen Rechts ist. 70 autonome Beregnungsanlagen werden im Turnusbetrieb betrieben, autonom verwaltet von jeweiligen Gebietsausschüssen.
„Das System hat sich seit gut 40 Jahren eingependelt“, sagt der Direktor des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau Gottfried Niedermair. Niedermair stellte die Grundzüge des Konsortiums am 7. September einer hochrangigen Delegation aus Bozen vor. Der Einladung in das Hauptquartier nach Schlanders sind erstaunlich viele Vertreter aus zwei Ämtern in Bozen gefolgt. Amtsdirektor Thomas Senoner vom Amt für Gewässernutzung wurde von einer starken Delegation aus seinem Amt begleitet und ebenso Robert s7 7727Ghizzi, Amtsdirektor für das Amt für Stromversorgung. Mit Neugier sei man gekommen, sagte Senoner, um das große Konsortium kennen zu lernen. Senoner schickte voraus, dass es aufgrund von Gletscherschwund zu problematischen Wassermangel kommen werde. Die Frage werde sein, wie man die Konzessionen für eine bedarfsorientierte Bewässerung ausrichten könne, um das Feld der Nachhaltigkeit besser managen zu können. Dass es gut war, beide Ämter einzuladen, bewies die Aussage Senoners, dass nämlich geplant sei, die zwei Ämter in ein „Amt für nachhaltige Gewässernutzung“ zusammenzulegen.

Neben der Vorstellung des Bonifizierungskonsortiums ging es Obmann Paul Wellenzohn und Direktor Niedermair um zwei wesentliche Anliegen: Einmal um das Wegräumen des Vorurteils, dass die Landwirtschaft ein Wasserverschwender sei und zum Zweiten um die Sensibilisierung, dass der Wasserbedarf für die Landwirtschaft in Zukunft sehr flexibel gehandhabt werden müsse.
Mit beeindruckenden Zahlen widerlegte Niedermair dem vor allem von den Provinzen unterhalb Salurn geäußerten Vorurteil, dass die Südtiroler Landwirtschaft mit dem Wasser verschenderisch umgehe.
Von den durchschnittlich 157 Kubikmetern pro Sekunde, die in der Etsch bei Salurn abfließen, benötigt die Südtiroler Landwirtschaft 4,7 Kubikmeter. Das seien lediglich 3 Prozent. Rund ein Drittel davon entfalle auf den Vinschgau. „Wir nehmen der Etsch kaum etwas weg“, sagt Niedermair und: „Wir wollen das wenige Wasser, das wir haben, unter den Mitgliedern so effizient wie möglich verteilen.“
Auf den Abfluss der Etsch im Vinschgau bezogen: Rund 30,9 Kubikmeter ist der mittlere jährliche Abfluss der Etsch bei der Töll. Davon werden 1,2 Kubikmeter in der Vegetationszeit für die Beregnung im Vinschgau benötigt. Zudem sei man dabei, auf wassersparende Tropfberegnungen umzustellen. Gelungen sie dies auf 800 Hektar zwischen Naturns und Kastelbell bereits vor Jahren und derzeit liege ein baureifes Projekt für 800 Hektar zwischen Laas und Kortsch auf. „Baubeginn ist nächstes Jahr“, sagt Niedermair. Das seien Gebiete, die vor allem im Frühjahr wenig Schüttung aufweisen.

Das Bonifizierungskonsortium verfügt insgesamt über 60 Wasserkonzessionen mit einer Schüttung von insgesamt 4.000 Sekundenlitern. Für die Frostberegnung stehen für rund 2.000 Hektar 20.000 Sekundenliter zur Verfügung. Es sei jedes Mal ein ungeheurer Kraftakt für die jeweiligen Anlagen, wenn das Wasser für die Frostberegnung abgerufen werden müsse. Das Wasser für die Frostberegnung komme aus den Stauseen von Reschen nd von Martell und auch vom Wasserstollen zwischen Laas und Kastelbell. „Wir haben ein relativ gutes Verhältnis zu den Kraftwerksbetreibern.“ sagt Niedermair.

„Das Wasser ist eine strategische Resource“, sagte Romano Comunello. Comunello ist als Ingenieur so etwas wie der technische Guru nicht nur des Beregnungsbaus im Vinschgau. Viele Anlagen stammen aus seiner Planungsfeder. Comunello hat in Schlanders ein kleines Zwischenreferat gehalten. Entlang von internationalen FAO-Richtlinien (die FAO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft „The Food and Agriculture Organization“) skizzierte Comunello den Wasserbedarf für die Landwirtschaft im Vinschgau. Mit einberechnet die Niederschlagsmengen, die Temperaturen und der damit einhergehende Verdunstungsgrad, der Wasserbedarf der Pflanzen und noch einigen Parametern mehr. Auf der Hand liege, so Comunello, dass der höchste Wasserbedarf in den Monaten Mai, Juni und Juli liege.  Festzustellen sei auch, dass die Oberkronenberegnung eine s7 2367Effizienz von 70 bis 80 Prozent  und die Tropfberegnung von 80 bis 90 Prozent habe. Bei der Tropfbewässerung ergebe sich das Problem, dass die Nutzpflanzen, die Apfelbäume usw. mit der selektiven Bewässerung gesichert seien, allerdings der Boden in den Fahrgassen austrockne, was wiederum zu Lasten der Biodiversität gehen könne. Die eigentliche Conclusio von Comunello ist, dass die derzeit konzessionierte Wassermenge von 0,5 Litern pro Sekunde und Hektar für die Beregnung im Laufe der Vegetationsperiode sehr flexibel zu handhaben sei.
Niedermair umriss das Problemfeld so: „Ohne die großen Stauseen und ohne Variable bei der Wasserentnahme geht es nicht.“
Mit dem Hinweis, dass die Waale zwar schön seien, aber der Wasserverbrauch aufgrund der Verluste hoch sei und mit der Feststellung: „Wenn man Landwirtschaft betreiben will, braucht es Wasser“ schloss Niedermair seinen Vortrag.
Die Besucher aus den Landesämtern aus Bozen wurden im Anschluss daran zu einer Besichtigung einer Beregnungsanlage in Tschengls geladen.

 

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