Dienstag, 16 April 2013 00:00

Vogelfreier Rambach

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Das Mandat ist für die Bürgermeister von Taufers und Mals klar: Beide Gemeinden haben sich um eine Konzession am Rambach zu bemühen - und diese auch zu gewinnen. Einfach wird dies allerdings nicht. Denn am Rambach soll das größte und damit lukrativste Kraftwerk im Vinschgau entstehen (die großen Konzessionen - Reschensee, Martell und Schnals - ausgenommen). Ein Moratorium, wie es die Grünen den Gemeinden nahelegen wollen, wird es nicht geben. Ein Projekt liegt bereits auf.

von Erwin Bernhart

In der Haut der beiden Bürgermeister von Mals Ulrich Veith und von Taufers Hermann Fliri möchte man derzeit nicht stecken. Die Freude darüber, dass sich die Bürger bei den beiden Volkabstimmungen in Mals und in Taufers mehrheitlich für ein Kraftwerk am Rambach ausgesprochen haben, ist wohl mit enormen Druck auf die Bürgermeister gepaart.

Beide haben im Vorfeld kein Hehl daraus gemacht, dass sie für einWasserkraftwerk am Rambach sind. Der Hintergedanke: Mit dem Erlös aus dem Strom können die Gemeindehaushalte in Taufers und in Mals erheblich aufgepeppt werden. Vorausgesetzt, dass die beiden Gemeinden die Wasserkonzession überhaupt erhalten und ein E-Werk bauen können.
Und genau dieses Unterfangen wird alles andere als leicht werden. Denn die Zahlen, vor allem die Euros, die am Rambach möglich sind, sprechen eine verlockende Sprache: 20 Millionen Kilowattstunden sind mit einem E-Werk einer mittleren Leistung von drei Megawatt möglich. Was Techniker und Anhänger alternativer Energiequellen in Verzückung versetzt, heißt übersetzt: Das Werk am Rambach wirft auf den heutigen Stand gerechnet, rund 2,5 Millionen Euro jährlich ab.
Das weckt Begehrlichkeiten und zwar nicht erst, seit die Bürger von Taufers  (am Sonntag vor einer Woche) und von Mals (im vergangenen Herbst) mehrheitlich zu einem E-Werk am Ram Ja gesagt haben. Ein Beispiel: Die Tauferer Gemeinderätin Margit Gaiser, eine vehemente Kraftwerksgegnerin, ließ gleich nach der Abstimmung öffentlich verlauten, dass Taufers eine 70-prozentige Beteiligung am Kraftwerk zustehe. Begehrlichkeiten? Diese Aussage hat für mehr als Kopfschütteln in Mals und in Laatsch gesorgt.
Begehrlichkeiten gibt es auch andernorts. Es liegt seit längerem von der Eisackwerk GmbH des Hellmuth Frasnelli und Karl Pichler ein Projekt beim Amt für Stromversorgung. Ein Projekt unterhalb der magischen Drei-Mega-Watt-Grenze. Frasnelli bestätigt dies gegenüber dem Vinschgerwind auf Anfrage. Das Projekt sei eingereicht worden, nachdem die Gemeinden Mals und Taufers bei der Landesregierung eine Unterschutzstellung des Rambaches beantragt haben und diese Unterschutzstellung (es sollen keine Kraftwerke von mehr als 3 Megawatt errichtet werden dürfen) von der Landesregierung bestätigt worden ist. Die Eisackwerk GmbH macht mit ihrer Begehrlichkeit auf den Ram demnach Ernst. Es ist also derzeit das Projekt Nummer 1 am Rambach.
„Das Projekt von Frasnelli ist unser Taktgeber“, sagt dazu der Malser BM Ulrich Veith, der noch ein anderes Projekt in Ausarbeitung oder bereits beim Amt für Stromversorgung vermutet. Die Srategie in Mals und in Taufers scheint noch nicht auf soliden Füßen zu stehen. Wann das Projekt von Frasnelli im Amt für Stromversorgung behandelt werden wird, weiß niemand. In vier, in fünf Jahren? Bei der Bearbeitung für private Projekte hinkt man im Amt für Stromversorgung der Zeit weit hinterher. Man hat dort offensichtlich weiß Gott anderes zu tun, in der Causa SEL etwa. „Wir sind bei der Behandlung von Ansuchen im Jahr 2009“, sagt ein wortkarger Luca Corona im Amt für Stromversorgung dem Vinschgerwind. Bis das Frasnelli-Projekt zur Behandlung kommen wird, so ist es anzunehmen, rinnt noch einiges Wasser den Rambach hinunter.
Wie eilig haben es die Gemeinden Mals und Taufers? Wollen sie tatsächlich abwarten, bis das Projekt von Hellmuth Frasnelli irgendwann behandelt wird? Oder will man vorpreschen und einen E-Werksbau am Ram beschleunigen? Möglich ist das. Es gibt eine Vorzugsschiene für Projekte von Gemeinden bzw. von Projektträgern  von öffentlichem Charakter, sagt Corona. Dies bestätigt auch der Wasserbau- und E-Werksexperte Walter Gostner. Gostner hat in den vergangenen Jahren einige Genehmigungsverfahren als Projektant erlebt. Er weiß, wie der Hase bei E-Werksbauten läuft. Übersetzt heißt das: Wenn die Gemeinden ein Projekt einreichen, wird es möglicherweise innerhalb eines Jahres behandelt. Und der Lokalaugenschein dafür eingeläutet. Ein ganzes Arsenal von legalen Tricks steht dann den Gemeinden zur Verfügung, den Konzessionsweg zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Begehrlichkeiten kommen aber auch von anderer Seite. „Die Gemeinde Glurns wird sich in Sachen Rambach positionieren“, sagt der Glurnser BM Erich Wallnöfer, „wir schauen sicher nicht zu, wie sich Mals und Taufers den Kuchen aufteilen werden.“ Der Kuchen am Ram war schon einmal oder gar mehrmals aufgeteilt. Das Ansinnen, am Ram ein E-Werk zu bauen, stamme ursprünglich aus Glurns, sagt Wallnöfer. Vor gut 30 Jahren wollte der Abwasserverband Obervinschgau, die Gemeinden Mals, Glurns, Taufers und Schluderns, gemeinsam am Ram ein E-Werk bauen. Ziel war es damals, mit den Erlösen aus dem E-Werk die Abwassergebühren für die Bürger in Schach zu halten. Das Projekt scheiterte unter anderem an der ablehnenden Haltung des Nationalparkes.
Nachdem die Konzessionsvergabe vom Staat an das Land übergegangen ist und nachdem das Nationalparkgebiet aus der Talsohle zurückgezogen worden ist, wurde am Ram ein zweiter Anlauf gestartet: Das Ansuchen des Abwasserverbandes wurde aus der Mottenkiste geholt, die SEL reichte ein Projekt ein und Hellmuth Frasnelli auch eines. Für den Abwasserverband hat dann die Malser E-AG das Projekt überarbeitet, die Aufteilung der Anteile zwischen den Gemeinden stand fest und „2005 hätte gebaut werden können“, behauptet Wallnöfer.
Gekommen ist es anders. Weil man Angst hatte und vor allem verhindern wollte, dass die Eisackwerk GmbH von Hellmuth Frasnelli mit dem angeblich besten Projekt den Zuschlag am Ram bekommen könnte, wurde die Unterschutzstellung vorangetrieben.
Dann kam die Bürgerbefragung in Mals und nun auch in Taufers.
Und nun?
Der Rambach hat bereits eine Konzession. Eine Konzession für die Landwirtschaft. In der Vegetationsperiode vom 1. April bis zum 31. Oktober wird die Beregnung der Mitterwaalanlage mit einer Wassermenge von 130  Sekundenlitern gespeist. Vom Rambach. Rund 250 Hektar Wiesen zwischen Glurns, Schluders und Lichtenberg werden so mit Wasser versorgt. Dass das Wasser für die Landwirtschaft vor der elektrischen Nutzung geht, ist gesetzlich geregelt. Wie man nun diese Wasserkonzession der Landwirtschaft in ein mögliches neues E-Werk einbaut, das ist Gegenstand von Überlegungen und Verhandlungen, die ebenfalls demnächst anstehen. Armin Bertagnolli, Vize-Obmann des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau, nimmt die Angelegenheit in die Hand. Derzeit liegt die Fassungsstelle für die Beregnung rund 130 Höhenmeter tiefer, als jene Stelle, an der eine mögliche Fassung für ein E-Werk gebaut werden könnte. Ob man eine gemeinsame Fassungsstelle errichten soll? Ob diese Übergabestation elektrisch genutzt werden könnte? Ob diese Nutzung innerhalb der Vegetationsperiode rentabel sein könnte? Ob das Bonifizierungskonsortium am möglichen E-Werk im Ausmaß der Ausbeute an der Übergabestelle  beteiligt werden kann? Diese Fragen sollen geklärt werden. Denn eines ist klar: Das Wasser für die Beregnung kann von einem möglichen E-Werk nur dann elektrisch genutzt werden, wenn an der Übergabestelle ein kleines Werk gebaut werden kann.
Eigentlich ist es uns egal, mit welchem Partner wir diese Fragen klären, sagt Bertagnolli pragmatisch. Jedenfalls wolle man schnell reagieren.
Die Bürger von Taufers haben am Sonntag vor einer Woche mit 287 Stimmen Ja zu einem E-Werk gesagt, 269 haben sich gegen ein E-Werk ausgesprochen. Eine knappe Mehrheit ist eine Mehrheit, mühsam im Abstimmungs-Gekröse lesen zu wollen. Jedenfalls ist der Auftrag für BM Hermann Fliri ebenso klar, wie jener, den die Malser Bürger im vergangenen Herbst mehrheitlich der Verwaltung in Mals gegeben haben: Her mit einem E-Werk.
Mit dem ungeschriebenen Zusatz: Ein E-Werk, welches in den Händen der beiden Gemeinden Taufers und Mals sein muss.


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