Mittwoch, 25 Januar 2012 00:00

Die Orgel ist eine Art Orchester

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Portrait - Professor Peter Waldner Reschen

s15_290Professor Peter Waldner, Ordinarius in Salzburg und gebürtiger Malser, zeigt in seiner Heimat auf Einladung des Pfarrgemeinderates Reschen sein Können. Ich treffe Waldner an der Orgel beim Einspiel zum Konzert. Er unterbricht das Spiel und lässt sich bereitwillig fotografieren. Im anschließenden Gespräch erinnert er sich an seine Zugänge zur Orgelmusik.
Er ist in Mals geboren und aufgewachsen. Damals gab es keine Musikschule und nur wenig Möglichkeiten, Musik zu erlernen. Prägend für ihn war das Orgelspiel in der Kirche als Ministrant. Als Sechsjähriger kam er dann übers Akkordeonspiel zur Musik. Bei einem bekannten Unterhaltungsmusiker nahm er 5 Jahre lang Unterricht und spielte Schlager und Unterhaltungsmusik.

Mit elf Jahren kam er in die Mittelschule ins Johanneum in Dorf Tirol. Das war ein Haus mit 19 Klavieren und einem eigenen Klavierlehrer. Dort hatte er zum ersten Mal die Möglichkeit, am Tasteninstrument einen guten Basisunterricht zu bekommen und sehr viel Musik zu hören. Das war der Auslöser, sich mit klassischer Musik und mit dem Spiel von Tasteninstrumenten zu beschäftigen. Das hat angedauert bis zur Matura. Ihm  war dann klar, dass er Musikwissenschaft und Orgel, Cembalo und Klavier studieren würde. Diese Entscheidung wurde vor allem auch vom Elternhaus unterstützt. Die Mutter singt heute noch im Kirchenchor, sie war bei der Volkstanzgruppe, bei der Theatergruppe und spielt Gitarre. „Wir haben daheim auch gemeinsam gesungen.“ Das waren so frühe Prägungen, die dazu führten, daß er mit Musik in Berührung kam. Die Begegnung mit den Lehrern vom Johanneum und vor allem mit Klavierlehrer Prof. Jochinsky, der ihn sehr gefördert und ihm den Weg gewiesen hat.
Auf die Frage, ob Musik das Wort Gottes verständlich machen könne, antwortet Waldner: „Ja! Der eine Bereich, in dem ein Organist tätig ist, das sind die Gottesdienste, also ihre musikalische Gestaltung. Die Musik hat, neben dem gelesenen Wort, auch eine Verkündigungsfunktion. Nicht umsonst ist in vielen protestantischen Kirchen die Orgel über der Kanzel vorne platziert. Über Musik können religiöse und spirituelle Botschaften an die Zuhörer vermittelt werden. Das trägt auch dazu bei, einen sakralen Raum wie die Kirche zu beleben und mit Inhalt zu füllen. Auch bei der Form eines Konzertes, wo geistliche Orgelmusik vorgestellt wird, können Konzertbesucher religiöse Erfahrungen machen.“
Kann man über Musik eine Gotteserfahrung erleben? „Das glaub ich auch, weil Musik etwas Immaterielles ist. Mit ihr kann man Wege dorthin aufzeigen. Ludwig von Beethofen hat einmal gesagt: “Meine Musik: das sind die göttlichen Gedanken“. Er war der Meinung, dass über seine Musik göttliches Gedankengut zugänglich wird.“

Musik wird im Warenhaus oder auf dem Waffenplatz als Manipulation eingesetzt. Kirchenmusik auch? „Musik ist immer auch eine Form der Beeinflussung und kann instrumentalisiert werden. Im Dritten Reich wurde die Musik im Dienste einer Ideologie genommen. Mit meiner Arbeit möchte ich das nicht tun. Kirchenmusik soll schon den Zuhörer beeindrucken, bewegen, berühren, Erfahrungen auslösen, ihn aufbauen, ihm Trost spenden, ihm Hoffnung machen und Welten aufzeigen, die man auch braucht, weil der Mensch nicht vom Brot alleine lebt, sondern auch was anderes braucht. Kirchenmusik soll nicht manipulieren, sondern soll einen Freiraum aufzeigen und dem Zuhörer die Freiheit zu seinen Erfahrungen und seinem Erleben lassen.“
Welche Beziehung haben Sie zur Orgel? „Was mich immer fasziniert hat an dem Instrument, ist der totale Körpereinsatz, aber auch der Einsatz von Geist und Seele beim Spielen. Man spielt die Orgel mit Händen und Füßen, mit Geist und Herz und allem, was man zur Verfügung hat. Ein Organist kann sehr viel Musik selber darstellen. Eine Orgel ist auch eine Art Orchester. Man verfügt über viele Farben und kann sich sehr kreativ über Registrierungen ausdrücken. Durch einen langen Übungsweg geht das Orgelspiel dann in Fleisch und Blut über. „Die Orgel ist eine Art Maschine, in der man sich klar ausdrücken kann.“
Wie gefällt Ihnen die Orgel in Reschen? „Diese Orgel ist ein sehr, sehr schönes und wertvolles Instrument. Sie spielt sich sehr angenehm und hat eine leichte Traktur. Die klangliche Qualität ist außergewöhnlich. Die Reschner können sich über so ein Instrument freuen. Diese Orgel ist nicht nur eine Funktionsorgel, sondern ein sehr schönes Konzertinstrument von hoher Qualität.“

Nach unserem Gespräch, widmet sich Waldner mit konzentrierter Ruhe seinem Konzert. „Ich habe ein auf diese Orgel abgestimmtes Programm zusammengestellt. Es ist Barockmusik vor, um und nach Johann Sebastian Bach.“ Waldner zitiert aus den Werken von Johann Pachelbel, Friedrich Wilhelm Zachau, Dietrich Buxtehude und Johann Sebastian Bach. Sehr zum Wohlgefallen der Einheimischen und der Gäste in der Pfarrkirche von Reschen.

Andreas Waldner

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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