Dienstag, 07 Juli 2015 12:00

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s6 6390Ich bin noch nie morgens aufgestanden und hab mir gedacht, heute schaff ich zehn neue Arbeitsplätze, sagt Christoph Hoppe im Vinschgerwind-Interview. Ziel eines Unternehmens sei es nicht, Arbeitsplätze zu schaffen, sondern zufriedene Kunden. Und: Es sei ein bisschen wie beim Formel-1-Fahren. Die Maschinen seien fast alle gleich gut, aber einige fahren damit eben ein bisschen schneller als die anderen. Und nur darauf komme es an: Ganz vorne mitzufahren.

Interview: Angelika Ploner  I  Fotos: Magdalena Dietl Sapelza

Vinschgerwind: Herr Hoppe, vorab eine persönliche Frage: Wie wichtig ist Ihnen Prestige?


Christoph Hoppe: Frau Ploner, das hängt von der Definition von Prestige ab. Status? Dann sage ich ganz klar unwichtig.

Ansehen, ich meine Prestige im Sinne von Ansehen.
Leumund? Ansehen? Dann sage ich, das ist mir sehr wichtig, im Hinblick auf vertrauenswürdig, im Hinblick auf redlich, im Hinblick auf ehrlich, nur als Beispiele genannt.
Sind Sie ehrgeizig?
Ja.

Fällt heuer die Sommerpause bei der Firma HOPPE in den Werken in Schluderns und in Laas aus?
Ja. Und zwar werden wir unterschiedlich in den beiden Werken mit verminderter Mannschaft durchproduzieren.
Das ist das erste Mal, das man bei HOPPE keine Sommerpause macht.
Ja,  und das ist eine der Auswirkungen aus unserem Strategieprojekt und den Verlagerungen. Gewisse Märkte haben im Sommer eine lange Ruhepause, da kann man sich das leisten, typisch der mediterrane Bereich, andere machen das überhaupt nicht. Man muss den Kunden versorgen, wenn er den Bedarf hat und nicht gerade, wenn man einmal Lust hat zu arbeiten.
Stimmt es, dass zur Zeit auch an den Wochenenden gearbeitet wird?
Ja, in einigen Bereichen. Wir haben mehrere Engpassstellen, die werden im Prinzip 24 Stunden am Tag fast 7 Tage die Woche bedient. Nicht ganz 7 Tage, denn wir brauchen eine gewisse Zeit zum Instandhalten.
Ich fasse zusammen: Bei HOPPE wird zurzeit rund um die Uhr gearbeitet, es gibt keine Sommerpause. Nach Kurzarbeit ist das im Prinzip positiv zu sehen.
Christoph Hoppe (lacht): Ja, es ist ein regulärer Paradigmenwechsel von ganz, ganz stark auf der Bremse stehen hin zu voller Leistung. Wir haben momentan eine hervorragende Auftragslage.
Die HOPPE ist der größte Arbeitgeber im Vinschgau. Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie derzeit in den Werken in Schluderns und in Laas?
Zum 1. Juli waren in Schluderns 340 Mitarbeiter fix angestellt und 26 Leiharbeiter beschäftigt, das macht in Summe 366 Mitarbeiter. In Laas drüben sind’s 259. Das Werk in Schluderns ist heuer im Mai übrigens 50 Jahre alt geworden.

Zurück zu den Wurzeln. Ihr Vater hat die HOPPE Holding AG 1952 gegründet. Wissen Sie mit wievielen Mitarbeitern man später in Schluderns und in Laas angefangen hat?
Das stimmt nicht ganz von der Formulierung her. Die HOPPE Holding AG ist seit 1995 aktiv, davor waren es andere Gesellschaften. Die Unternehmensgruppe, damals noch ein Einzelunternehmen, ist 1952 gegründet worden. Also  62 und werden jetzt 63 Jahre alt. Nach Südtirol kamen wir 1965. Am 24. Mai 1965 wurden 10 Mitarbeiter in Schluderns gemeldet und dann zum Jahresende, also am 31.12.1965 waren es bereits 122 Mitarbeiter. Das ging extrem schnell. Und in Laas haben wir am 1. Jänner 1988 10 Mitarbeiter gemeldet, am Jahresende waren es 42.
Die HOPPE hat eine rasante Entwicklung gemacht.
Ja, Frau Ploner, es ging recht schnell. Dann kam die eine oder andere Krise hinzu. Die Ölkrise beispielsweise und dann gab’s diese ganz, ganz große Krise ab dem Jahr 2007. Und jetzt geht es zwischenzeitlich wieder aufwärts, aber eben nicht zuletzt wegen der Reduktion von den 7 auf 6 Standorten. Die Arbeiten mussten ja von den anderen aufgefangen werden.
Verraten Sie uns den Umsatz, den Sie in den Werken Schluderns und Laas machen?
Das geht nicht. Und zwar deshalb nicht, weil die Umsatzzahlen der Einzelwerke nicht aussagekräftig sind. Wir können nur sagen, wieviel Umsatz die italienische AG insgesamt macht. Das waren im Vorjahr knapp 87 Millionen Euro und heuer werden es knapp 98 Millionen Euro sein. Es gibt bei uns neben dem direkten Außenumsatz zunehmend Intercompany-Geschäfte.

Mit Jahresende 2013 wurde das Werk in St. Martin geschlossen. Unternehmensanalysen haben Sie zu diesem Schritt gezwungen, um auch in Zukunft auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben. Was hat sich seither getan? Ihre Bilanz.
Also mir ist der Ausdruck „gezwungen“ ganz wichtig. Wir wollten das nie, es war aber leider unumgänglich und ich bin nach wie vor überzeugt davon, dass die Entscheidung richtig war. Wir stellen ja die gesamte Struktur der HOPPE-Gruppe um. Wir hatten vorher Werke, die komplette Produkte gefertigt haben, dadurch gab es die gleichen Produkte an mehreren Standorten. Wir haben das alles zusammengefasst. Wir haben die Werke aufgeteilt in Vorfertigungswerke, in Endfertigungswerke und in ein Montage- und Logistikzentrum. Daraus ergibt sich natürlich eine intensive Zusammenarbeit zwischen diesen Werken. Es ist eine sehr massive Umstrukturierung und wir haben da sehr viel gelernt. Sehr viel über Wissen, das nur bei einzelnen Mitarbeitern vorhanden ist und nicht automatisch übertragen werden kann, sehr viel gelernt über die Erfahrung der Menschen, die sie haben.
Sie sprechen von Fachwissen, das kann nicht transferiert werden.
Kann schon, aber es ist sehr, sehr schwierig.
Gilt das auch für das Herzstück, die Gießerei, die im Zuge der Umstrukturierung von Crottendorf nach Schluderns gekommen ist?
Also mit dem Ausdruck Herzstück habe ich meine Schwierigkeiten. Denn das ganze Unternehmen funktioniert ja nur, wenn alle Bereiche gut zusammenarbeiten. Denn auch wenn ein Stück gut gegossen und dann in der Oberflächenbearbeitung schlecht gearbeitet wird, ist es ruiniert.
Laufen deshalb die Umstrukturierungen in den Werken weniger geschmiert, als geglaubt? Oder worin liegen genau die Probleme?
Die Produktion ist deutlich anspruchsvoller, als man das so auf den ersten Blick meinen würde. Es ist ein hochkomplexer Vorgang und es gehört wahnsinnig viel Fachwissen dazu. Und wenn man das richtig durcheinanderwürfelt, ist das problematisch. Denn die Erfahrung, das Wissen des Menschen an der Maschine – das ist für uns ja der entscheidende Wettbewerbsvorteil –muss erst übertragen respektive an den Standorten neu gelernt werden. Deswegen geht das auch nicht so reibungslos. Es gibt hohe Anforderungen an die Prozesssicherheit. Jeder muss pünktlich an das Montagewerk liefern, sonst kann der Auftrag nicht montiert und erfüllt werden. Und es ist eine ganz große Herausforderung an die Planung. Man muss über mehrere Werke und über mehrere Ländergesellschaften planen.

Wie schwierig ist es denn im Vinschgau Fachpersonal zu finden?
Das ist schwierig, gerade für die Metallbearbeitung ist das sehr schwierig. Und wir haben die Schweiz sehr nah. Die Schweiz zahlt natürlich viel höhere Löhne und hat ein vorteilhafteres Steuersystem. Das zieht Mitarbeiter ab. Und hinzu kommt die – glücklicherweise - ganz niedrige Arbeitslosigkeit im Vinschgau.

Wieviel Zeit geben Sie sich, bis sich das einpendelt?
Im nächsten Jahr sollte sich das einpendeln, in der gesamten Unternehmensgruppe.
Sind Sie mit der Motivation der Vinschger Mitarbeiter zufrieden?
Das ist die einzige Frage, die ich ohne Wenn und Aber mit einem einfachen „Ja, 100%ig“ beantworten kann.

Trotz aller Probleme: Schluderns und Laas sollten durch die Schließung von St. Martin als Standorte gestärkt werden. Ist das gelungen?
Ja. Wir haben, ganz nebenbei bemerkt, 118 Mitarbeiter in beiden Werken neu angestellt.  

Themenwechsel: Sie – wie bereits Ihr Vater - beklagen hohe Strom- und Wärmekosten. Sie fordern eine Gasleitung für die Firma HOPPE wie Sie etwa die Firma Recla in Schlanders bekommen hat. An welchem Punkt ist man bei den Verhandlungen?
Ich find das Ganze einfach extrem frustrierend. Das ist eine unangenehme Geschichte. Bis Schlanders geht ja die Gasleitung. Diese würde uns enorme Summen sparen. Dass man die aus irgendwelchen Gründen, seien die nun bautechnischer Natur, seien die umweltschutztechnischer Natur oder politischer Natur nicht weiterführt, ist für uns ein Riesenproblem und ich halte das für sehr bedenklich, dass man so etwas einer Industrie von einer bestimmten Größenordnung zumutet. Natürlich sind wir in Verhandlung, aber dann kommt noch hinzu, dass man es ganz schwer hat, die beiden Werke Schluderns und Laas vertragstechnisch zu verbinden. Das ist – wie gesagt - einfach nur frustrierend.

Also ist kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen?
Ach wissen Sie, es gibt ja Wunder, aber ich habe das Gefühl, eher geht die Sonne im Westen auf.
Haben Sie sich mit dem Landeshauptmann noch nie diesbezüglich getroffen?
Direkt zu diesem Thema nicht.

Um wieviel hat sich der Energiebedarf durch die Umstrukturierungen am Standort Schluderns gesteigert?
Im November 2013 haben wir ausgerechnet, dass wir 50 Prozent mehr brauchen werden. Gießen ist extrem energieintensiv. Das Metall muss auf über 700 Grad erhitzt werden und das kostet sehr viel an Energie. Ein Streichholz darunter zu halten reicht da nicht. Deshalb ist es ja so wichtig, dass wir die Gasleitung bekommen, denn da stehen ganz massive wirtschaftliche Interessen dahinter.

Was kostet HOPPE dieser erhöhte Energiebedarf?
Berechnet auf den Gaspreis von knapp 4 Cent  2013 ist das rund 1 Million Euro.

Ein Blick in die Zukunft.
Durchwachsen. Wenn ich nach Griechenland schaue, dann sträuben sich mir die Nackenhaare. Wenn ich das als Unternehmer machen würde, dann wäre ich schlicht und ergreifend am nächsten Tag pleite. Außerhalb von der großen Politik: Wir möchten dieses Strategieprojekt erfolgreich abschließen, der Zeithorizont ist wie gesagt 2016, wir setzen intensiv auf die Schulung der Mitarbeiter. Gut ausgebildete Mitarbeiter sind der entscheidende Wettbewerbsvorteil. Sie können fast jede Maschine kaufen, aber das ist wie beim Formel-1-Fahren. Die Maschinen sind fast alle gleich gut, aber einige fahren damit eben ein bisschen schneller als die anderen. Es kommt drauf an, dass man vorne mitfährt und zwar ganz vorne. Die momentanen Ineffizienzen durch die Umstrukturierung müssen deshalb möglichst schnell beseitigt werden und das Ziel ist die Schaffung zufriedener Kunden. Das ist übrigens die Hauptaufgabe eines Unternehmens. Es ist absolut nicht die soziale Verantwortung eines Unternehmens, Arbeitsplätze zu schaffen, wohl aber vorhandene möglichst zu erhalten. Arbeitsplätze sind eine Folge vom Erfolg des Unternehmens am Markt.

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