Dienstag, 20 Januar 2015 00:00

Kalt und warm

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kultur„In 100 Jahren wird es nur mehr 5 Könige geben“, prophezeite Faruk, der letzte Ägyptische Monarch nach seiner Absetzung 1952: „Die vier Könige des Kartenspiels und die englische Königin.“
Die Habsburger wurden zwar auch abgesetzt, aber ihr Kult wird wieder aktuell - wirtschaftlich und politisch. Wie soll das weitergehen mit Europa?

Diese Frage wurde so nebenbei im Gasthaus einem hohen italienischen Finanzbeamten gestellt. Die vielen sehr verschiedenen Kleinstaaten und auch die großen können nur überleben, wenn sich Europa auch politisch einigt, mit einer zentralen Regierung und Hauptstadt. So die Meinung des Finanzbeamten. Was in Europa falsch gemacht wurde? Die Einheitswährung wurde leider vor der politischen Einigung - rasch, rasch - durchgedrückt und nun müssen die Tüchtigen die Schulden der weniger Tüchtigen übernehmen. Wenn das nicht geschieht, wird Griechenland den Traum von Europa sprengen. Wem wird jetzt noch warm beim Gedanken an Europa?
Seit dem Jänner 2015 hat ein weiteres europäisches Land den Euro übernommen und zwar Litauen, das südlichste Land der baltischen Staaten. Vier Millionen Einwohner, davon leben 600.000 in der Hauptstadt Wilna. Die Geschichte dieses Landes ist sehr bewegt, wobei Schweden, Russland, die Ukraine, Polen und früher auch Deutschland großen Einfluss ausübten.
Die Selbständigkeit dieses Landes an der baltischen Ostseeküste wurde 1991 von der Sowjetunion anerkannt. Litauen wurde in die UNO aufgenommen und gehört nunmehr auch zur NATO, zum westlichen Militärbündnis unter Führung Amerikas. Und damit beginnt das Zittern, das Frösteln. Es wird kalt. Liegt hier eine weitere Sprengladung, eine gefährliche Mine, in die Russland treten wird? Was wird das neue Jahr an Überraschungen aus dem kalten Osten bringen?
Derartige Betrachtungen gelingen unter anderem auch auf einer besinnlichen Wanderung in unserem Lande, so etwa auf dem Rimpfhof. Dort herrschen klimatische, dem politischen Klima in Osteuropa vergleichbare Verhältnisse. Sie sind ablesbar an einem Laubbaum, dessen Blätter an der Südseite noch im Grünkleid leuchten, während die Nordseite, wo kalte Winde aus der Bachschlucht zum Baum aufsteigen, bereits in feuriges Rot getaucht ist. Der Baum ist zwei völlig verschiedenen Klimas ausgesetzt, ablesbar nicht nur an der Rinde, sondern im ganzen Haushalt.
Kalt und warm, so stelle ich mir auch das politische Klima im Osten vor und hoffe auf gute Witterung im neuen Jahr. Vor 20 Jahren ist Österreich der EU, also der europäischen Union beigetreten. Darüber waren keineswegs alle erfreut. Gefürchtet wurde eine ungute Globalisierung und das Ende einer zwar kleinen, aber sehr soliden Nationalwirtschaft. Die Mehrheit der Bevölkerung hat dann aber für den Beitritt gestimmt und die Gegner verstummten vorübergehend. Durch die neuen, gesamteuropäischen Krisen gewinnen ihre Argumente wieder an Gewicht. Man träumt wieder vom „Alpendollar“, vom Schilling und die Italiener von der Lira.
Aber schon damals, also vor 20 Jahren, wurden die österreichischen Beitrittsgegner von Südtiroler Seite beschworen: Seid ihr verrückt, diese Chance zu verpassen? Durch die EU und durch die Schengener Abmachungen, also durch das Wegfallen der Grenzen, kann das Südtirolproblem gelöst werden. Endlich! Nur eine europäische, eine andere Lösung gibt es nicht!
Also was immer auch passieren wird - für uns haben sich alle Tore geöffnet. Neue Freiheit, neue Anfänge. Freiheit ist die Möglichkeit zum Neubeginn. Das wird in der ehemaligen DDR bewiesen, wenn auch mit Verspätung.
Das erhoffen sich die Litauer, die unter anderem gezeigt haben, dass auch ein armes Land - verglichen mit den fetten Weststaaten - eine gute Reformwirtschaft betreiben kann, mit beachtlichem Wachstum.
Und was wäre mit Südtirol im Falle eines Scheiterns der EU, des Euros, bei der Wiedererrichtung der Grenzen? Das sind üble Aussichten, ein Tummelplatz für politische Dämonen, die leider immer mehr Zulauf bekommen.
Wer freut sich an den neuen Möglichkeiten? Wer wagt es, sich für die Euregio einzusetzen? Das europäische Vaterland ist noch nicht  angekommen. Der Versuch, die alten Beziehungen wieder zu festigen, zwischen Norden und Süden, erschöpft sich meist im Verkehr, im Reisetourismus. Der Osten und der Westen - der Lauf der Sonne!
Das wird oft vergessen; dabei ist es gerade der Westen, die Schweiz, die sich im Gewirr von Sprachen und Nationen noch immer zurecht findet und eigentlich ein Modell für Europa sein könnte. Europäische Lustlosigkeit ... wer versucht, sie zu überwinden? Geredet wird nur über Geld ...kalt und warm.
Hans Wielander

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