Dienstag, 30 September 2014 09:06

Nationalpark Stilfserjoch - Florenwandel durch Klimawandel - Eine Folge der Erderwärmung

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Angelus VertainspitzeWolfgang Platter, am Tag der Hlg. Kosmas und Damian, 26. September 2014

Die Ursache für die Erwärmung unseres Planeten Erde ist die Zunahme der Treibhausgase in seiner Atmosphäre. Ein Treibhausgas ist das Kohlendioxyd CO2. Es entsteht bei allen Verbrennungsprozessen. Der Gehalt von Kohlendioxyd in der Luft lag vor Hundert Jahren bei 290  ppm (pars per million), derzeit liegt er bereits bei 395 ppm.

Ein weiteres Treibhausgas ist das Methan CH4. Methan entsteht unter anderem als Stoffwechselprodukt im Magen-Darm-Trakt von wiederkäuenden Wild- und Haustieren. Ein Viertel des Methans wird heute von den Wiederkäuern unter den Haustieren erzeugt. Methan ist 21 Mal stärker treibhausfördernd als Kohlendioxyd.
Ein natürlicher Treibhauseffekt aus Wasserdampf ist für die Bewohnbarkeit unserer Erde notwendig: Ohne Treibhausgase wie Wasserdampf  und Kohlendioxyd in der Atmosphäre läge die Durchschnittstemperatur auf der Erde bei -18°C, weil die gesamt Wärmestrahlung von der Sonne von 236 Watt pro m² wieder in das All zurückreflektiert würde.
Der Treibhauseffekt entsteht, wenn die Wärmestrahlung aus der Sonne v.a. nachts und in den Nichtsonnenscheinstunden von der Erdoberfläche in das Weltall zurückreflektiert wird. Mit der Zunahme der Treibhausgase wird die Erdatmosphäre zunehmend trüber. Durch diese Eintrübung dringt die von der Erde abgestrahlte Wärmestrahlung schwerer in das Weltall zurück als durch eine weniger stark getrübte Atmosphäre: Ein größerer Teil der von der Erdoberfläche abgestrahlten Wärmestrahlung wird durch Reflexion in der Atmosphäre wieder zur Erde zurückgespiegelt. Daher erhöht sich die Durchschnittstemperatur der Luft auf unserem Planeten. Von 1906 bis 205 hat sich die Jahresdurchschnittstemperatur der Luft auf der Erde global um 0,74 ± 0,18°C erhöht.
In den Alpen ist die Erhöhung der Jahresdurchschnittstemperatur mit +2,0°C in den letzten 100 Jahren  doppelt  so hoch ausgefallen wie im europäischen Durchschnitt.

Gletscherschwund
DSC 0785Eine Folge der Erderwärmung ist das beschleunigte Abschmelzen der Gletscher. In den Alpen gibt es nach Jürg Alean (Die Gletscher in den Alpen, Haupt Verlag Bern 2010)  insgesamt 5.000 Gletscher mit einer Gesamtfläche von 2.400 km². Den Daten des World Glacier Monitoring Service WMGS  ist zu entnehmen, dass im Jahre 1850  4.460 km² der Alpen vergletschert waren. Setzt man diese damalige Gletscherfläche gleich 100%, so beträgt die Eisfläche heute 48%, anders ausgedrückt: die Alpengletscher sind in 164 Jahren auf weniger als die Hälfte ihrer Fläche geschrumpft.
Eine weitere Folge der Erderwärmung ist die Veränderung des Pflanzenkleides und die Verschiebung der Verbreitungsgrenzen von Pflanzen. So dringen mediterrane Pflanzen immer weiter in die kontinentale Klimazone vor und Pflanzen des Tieflandes steigen immer höher in das Gebirge auf.

Das Projekt „Gloria“
Die Abkürzung Gloria steht für das englische „Global Observation Research Initiative in Alpine Environment“, zu deutsch „Weltweite Forschungsinitiative zur Dauerbeobachtung von alpinen Lebensräumen“. Das im Jahre 2001 gestartete internationale Forschungsnetzwerk Gloria wird inzwischen mit einer einheitlichen Methodik in 100 Untersuchungsgebieten auf 6 Kontinenten unserer Erde betrieben. Die Leitung und Koordination liegt in den Händen von Univ. Prof. Dr. Georg Grabherr vom Botanischen Institut der Universität Wien.

Zielsetzung des Projektes  Gloria
DSC 0786Im Rahmen dieses Monitoring-Projektes werden auf Berggipfeln Untersuchungsflächen eingerichtet, um die Veränderungen von Artenvielfalt, Artenzusammensetzung, Bodenbedeckungsgrad der Vegetation, Bodentemperatur und Schneedeckendauer über einen längeren Zeitraum zu erfassen. Alle 5-10 Jahre werden die Flächen wieder aufgesucht und aufgenommen, um das Einwandern bzw. Absterben von Pflanzenarten zu quantifizieren. Die Untersuchungen dienen der Risikoabschätzung eines Artenverlustes durch den Klimawandel und für die Prognosen zur Stabilität der alpinen Ökosysteme.

Zwei Probeflächen auch in Südtirol
In unserem Land wurden im Rahmen des Gloria-Projektes  ebenfalls zwei Dauerbeobachtungsflächen eingerichtet. Eine Fläche liegt im Naturpark Texelgruppe und betrifft als Bodensubstrat die Gneise des Ötztal-Stubai-Komplexes. Die zweite Fläche liegt im Weltnaturerbe Dolomiten und betrifft als Ausgangsgestein den Latemar-Kalk und den Schlern-Dolomit. Laut Gloria-Vorschrift sollten pro Untersuchungsgebiet vier Berggipfel von der Waldgrenze bis zur subnivalen bzw. nivalen Höhenstufe ausgewählt werden, auf denen in jeder Himmelsrichtung Beobachtungsflächen einzurichten sind.

Dolomiten am artenreichsten
Die Dolomiten haben eine deutlich höhere pflanzliche Biodiversität als die Ötztaler Alpen mit ihrem silikatischen DSC 0810Untergrund. Der Unterschied in der Anzahl der Pflanzen-arten beruht auf der unterschiedlichen Geo-logie und Florengeschichte der beiden Gebiete. Die Flora über basisch verwitternden Gesteinen, welche einen Großteil der Dolomiten aufbauen, ist fast um die Hälfte artenreicher als jene über Silikat. In den Dolomiten treten auf engstem Raum Kalk- und Dolomitgesteine in abwechselnder Folge mit Vulkaniten nebeneinander auf. Damit treffen sich Kalk- und Silikatarten unter den Pflanzen und die Artenanzahl ist entsprechend hoch. Die Gipfel in den Dolomiten stellen sogar das artenreichste aller 18 Gloria-Gebiete Europas dar.

Zunahme der Artenzahlen
Auf den Südtiroler Gloria-Gipfeln nahm der Artenreichtum in den letzten 7-8 Jahren deutlich zu: Im Gebiet der Texelgruppe stieg die Anzahl der Arten von Blütenpflanzen in den letzten 7-8 Jahren um 10 Arten von 139 auf 149, in den Dolomiten um 9 von 196 auf 205 Arten.
Die Auswertung von 66 europäischen Berggipfeln im Rahmen des Gloria-Projektes zeigt einen signifikanten Trend: die größten Veränderungen finden derzeit knapp oberhalb der Waldgrenze statt, während sich die Artenanzahl auf den höchsten Gipfeln wenig ändert.

Die Waldgrenze rückt nach oben
In den Dolomiten liegt die aktuelle Waldgrenze bei ca. 2.150 Metern Meereshöhe. Im Naturpark Texelgruppe DSC 2649schwankt die Höhe der aktuellen Waldgrenze zwischen 2.150 m (Passeiertal) und 2.300 m (Schnalstal).
Die Ergebnisse der Gloria-Studie in Südtirol deuten darauf hin, dass sich die Waldgrenze derzeit nach oben verschiebt. Vor allem in den Dolomiten entwickeln sich knapp oberhalb der Waldgrenze Zirben, Fichten und Lärchen sehr gut. Viele junge Bäume waren zum ersten Erhebungszeitpunkt noch nicht vorhanden, keimten und etablierten sich aber innerhalb der 7 Jahre des bisherigen Untersuchungszeitraumes.

 

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