Dienstag, 18 September 2012 00:00

Nationalpark Stilfserjoch: Die Alpenkonvention - Denkwerkstätte Alpen in Poschiavo vom 5.– 9. September

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Wolfgang Platter, am Tag der Hlg. Hildegard von Bingen, 17. September 2012

DSC_1968Die Alpenkonvention ist ein internationales Abkommen, das die acht Alpenstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz und Slowenien) sowie die Europäische Union verbindet. Die Alpenkonvention hat die nachhaltige Entwicklung des Alpenraumes zum Ziel, ebenso den Schutz der Interessen der ansässigen Wohnbevölkerung. Der Ansatz der Alpenkonvention ist ein ganzheitlicher und umfassender und schließt die ökologische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Dimension in die Entwicklung ein. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden von den Mitgliedsstaaten eine Rahmenkonvention und acht Protokolle zu verschiedenen Sachbereichen angenommen. Die Themen umfassen die Raumplanung, Landwirtschaft, Wald, Natur und Landschaft,   Energie, Boden, Tourismus und Verkehr. Nicht alle Protokolle wurden bisher von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert. So hat das italienische Parlament erst in den letzten Wochen erneut das Verkehrsprotokoll nicht verabschiedet.

 

AlpWeek
Die diesjährige Generalversammlung von Alparc war eingebettet in die 2. Alpenwoche alpweek, welche vom 5. – 9. September ebenfalls in Poschiavo stattgefunden hat. Im Rahmen dieser Alpenwoche hat auch die 12. Alpenkonferenz der Umweltminister aus den acht Mitgliedsstaaten stattgefunden. Die Konferenz der Umweltminister hat in Poschiavo u.a. zwei Dokumente zu den Sachbereichen Bergwälder und Energiewende verabschiedet. Diese Dokumente sind verbindliche Arbeitsaufträge für die Mitgliedsstaaten der Alpenkonvention.

DSC_1946Erneuerbare Alpen
Die 2. Alpenwoche in Poschiavo stand unter dem Thema „Erneuerbare Alpen“. Damit gemeint war die Suche nach Antworten auf Fragen wie etwa die folgenden: Wie müssen sich die Alpen für die Zukunft erneuern?  Auf welche erneuerbaren Ressourcen können die Bewohner der Alpen in Zukunft bauen? Kann der Klimawandel eine Chance darstellen? Und was kann gemacht werden, um den jungen Menschen in den Alpenländern eine Zukunft zu geben? In Plenarkonferenzen und 30 Arbeitsgruppensitzungen ist intensiv zu verschiedensten Teilbereichen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens im Alpenraum diskutiert worden.
Unter dem derzeitigen Vorsitz der Schweiz in der Ministerkonferenz der Alpenkonvention hat die Bundesrätin Doris Leuthard als Schweizer Umweltministerin die Konferenz nach Poschiavo gebracht. Mit der Wahl dieses Tagungsortes wurde dem ländlichen Raum bewusst der Vorzug gegenüber dem städtischen Raum von Lugano gegeben. Und die Organisatoren in Poschiavo haben dem ländlichen Raum Ehre gemacht und für die Konzeption und die organisatorische Umsetzung der Tagung zu Recht das Lob der vielen Teilnehmer an der Alpenwoche geerntet. Besonders lobenswert war auch der direkte Einbezug der Jugend.

Alparc
Alparc ist der Zusammenschluss der Naturschutzgebiete in den Alpen im Rahmen der Alpenkonvention. Dieses Netzwerk wurde 1995 auf Vorschlag Frankreichs eingerichtet. Es hat seinen Sitz in Chambery in Südfrankreich. Das schlanke, derzeit sechsköpfige Team der Geschäftsstelle von Alparc wird als Task Force bezeichnet und von Guido Plassmann geleitet. Die Organe von Alparc sind die Generalversammlung (GV) und der Internationale Lenkungsausschuss (ILA). Auf der diesjährigen Generalversammlung, welche am 6. und 7. September in Poschiavo – Puschlav abgehalten worden ist, wurde Michael Vogel als Präsident wiederbestätigt. Michael Vogel ist im Hauptberuf Direktor des deutschen Nationalparks Watzmann Berchtesgaden Königssee. Die Generalversammlung findet im Zweijahres-Rhythmus statt.

Die Leistungen von Alparc
•    Versammelt um die 1.000 Schutzgebiete (14 Nationalparks, 80 Regionalparks, 350 Naturschutzgebiete, 10 Biosphärenreservate und mehr als 500 andere Schutzgebiete der Alpen).
•    Repräsentiert 25% der Fläche der Alpenkonvention. Das Gebiet der Alpenkonvention nimmt eine Fläche von 190.959 km² ein (zum Vergleich: die Südtiroler Landesfläche beträgt 7.400 km²) und umfasst 5.867 Gemeinden (Stand: Jänner 2008).
•    Arbeitet mit mehr als 200 Schutzgebietsverwaltern der Alpenregionen zusammen.
•    Kommuniziert und publiziert in den 4 Alpensprachen Französisch, Deutsch, Italienisch und Slowenisch und gegebenenfalls auch in Englisch für die Webseite, bei Ausstellungen und gedruckten Veröffentlichungen.
•    Hat von 1997-2012 mehr als 500 Veranstaltungen, Konferenzen, Arbeitsgruppen, thematische Exkursionen und Fortbildungen für das Personal der Schutzgebiete organisiert und mehr als 100 Publikationen veröffentlicht.
•    Besitzt ein leistungsfähiges geographisches Informationssystem GIS zur kartographischen Darstellung der Schutzgebiete.
•    Entwickelt innovative Instrumente zur Kommunikation mit der breiten internationalen Öffentlichkeit. Beispiele dafür sind der virtuelle Überflug über die Alpen ViViAlp, die Multivisionsschau „Für die Alpen“ oder die Ausstellung „Mythische Berge“.
•    Wird von einem multinationalen und mehrsprachigen Team animiert mit 16-jähriger Erfahrung im Projektmanagement einschließlich EU-Projekte, internationale Naturschutzpolitik, Kooperation mit Ministerien und lokalen Instanzen, Nicht Gewinn-Organisationen und wissenschaftlichen Einrichtungen.
•    Erspart den Schutzgebieten Zeit und Geld durch die Koordination gemeinsamer Aktivitäten und Projekte beispielsweise im Bereich der Kommunikationsmittel.
•    Hilft bei der Entwicklung von Projekten und betreibt Lobbying für die alpinen Schutzgebiete bei Regierungen und europäischen Einrichtungen.
•    Bemüht sich und findet Finanzmittel durch europäische Projekte und andere Quellen, um in gemeinsame Arbeit zu investieren,  von der die einzelnen Schutzgebiete profitieren können.

Zum Nachdenken:
Ein paar statistische Angaben zu den Alpen

➤ Derzeit leben 14,01 Mio. Menschen im Gebiet der Alpenkonvention. Die meisten Alpenbewohner leben im italienischen und österreichischen Alpengebiet.

➤ Die Wohnbevölkerung verteilt sich nicht homogen auf die einzelnen Alpenregionen. 2/3 der Alpengemeinden erfuhren eine positive Bevölkerungsentwicklung. Es sind dies die Gemeinden in den tieferen und gut erreichbaren Lagen. In 24% der Gemeinden ist die Zahl der Einwohner im Zeitraum 1990-2004 zurückgegangen.

➤ Viele Gemeinden der Südalpen sind in der Altersstruktur der Bevölkerung überalternd.

➤ Die Alpen haben eine herausragende Rolle für die Biodiversität Europas. Die unterschiedlichen Standortbedingungen in den Alpen (wie Trockentäler, Staulagen, Höhenstufen, komplexe geologische Verhältnisse, natürliche und kulturlandschaftliche Prägung) bedingen das Vorkommen unterschiedlichster Lebensräume und damit verschiedenster Pflanzen- und Tierarten. Für die Alpen wird das Vorkommen von rund 5.000 Arten von Gefäßpflanzen oder 3/7 der europäischen Flora geschätzt.

➤ Die Alpen sind ein Erholungsraum von globaler Bedeutung. Über 60 Mio. Gäste besuchen jährlich diesen Gebirgsraum. Dazu kommt eine ähnlich hohe Zahl von Wochenendausflüglern. Jährlich sind ca. 370 Mio. Nächtigungen in 6,5 Mio. Gästebetten zu registrieren.

➤ Die landwirtschaftliche Nutzfläche nimmt ab. Im Gebiet der Alpenkonvention wirtschafteten im Jahre 2000 zwar noch immer 287.000 landwirtschaftliche Betriebe, doch zwischen 1980 und 2000 stellten rund 160.000 Betriebe (35,8%) die Bewirtschaftung ein. Im selben Zeitraum ist die landwirtschaftliche Nutzfläche um ca. 500.000 Hektar (8,8%) zurückgegangen.

➤ Durch die Alpen fließt sehr viel Verkehr. Dabei konzentriert sich dieser Verkehr zunehmend auf wenige Transitkorridore. Stark gestiegen sind auch die aus dem Güterverkehr resultierenden Belastungen. Seit 1984 erhöhte sich alpenweit die Menge der transportierten Güter auf jährlich 210 Mio. Tonnen. Der Anstieg des Güterverkehrs erfolgte zum überwiegenden Teil auf der Straße weg von der Schiene.

(Datenquelle: „Alpenkonvention – Nachschlagwerk. Alpensignale 1. 2. Auflage 2010, herausgegeben vom ständigen Sekretariat der Alpenkonvention in Innsbruck, verantwortlich für die Publikation: Marco Onida, Generalsekretär)

Bildernachweis: Wolfgang Platter

Nationalpark Stilfserjoch

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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