1a1bSeit Montagmorgen zieht der Wanderkünstler seine 300 kg schwere Lebensmühle durch die Welt, von Dorf zu Dorf, ein langer Fußmarsch in den Süden. Er verweilt einige Zeit, vielleicht auch Tage, damit Menschen sie nutzen können und reist dann weiter. Die Reise dauert so lange wie er braucht...

Wer möchte schieben helfen? Seit Montagmorgen ist er unterwegs. Seine 300kg schwere Mühle im Schlepptau, auf kleinen abseits gelegenen Wegen, ziehend und zerrend landab, Richtung Meran. „Eine Schinderei“, klagen die einen, „überspannt und nicht bei Trost“ sagen die anderen. Für Luxebel ist dieser Fußmarsch die letzte Etappe einer zweijährigen Aktion in Schluderns.

3aFrühmorgens, wenn es noch nicht heiß ist, geht er los. Dann ist die Arbeit noch nicht anstrengend, erschöpft ihn weniger, beansprucht noch nicht seine ganzen Kräfte. Sich plagen und abmühen, sich peinigen und quälen? Wozu diese freiwillige Knechtschaft? Irgendwann oder fast immer ist er auf die Hilfe vorübergehender Passanten angewiesen.
„Das mache ich ganz bewusst. Dass ich von anderen abhängig bin, bleibt nicht verborgen. Wie lange ich für die Strecke brauche, weiß ich nicht. Wichtig sind mir die Begegnungen und die Erlebnisse während dieser Zeit und auf diesem Weg.“

Nur gemeinsam schaffen wir einen Kosmos. Das Aufbrechen und Besuchen vieler Orte, das Treffen und die Mitarbeit unterschiedlicher Menschen, das Unterwegssein und Herumkommen, das Erzählen, das Wärmende versteckt in den Worten, das Miteinander im Erlebten, darum geht es. Das zu erspüren, zu begreifen, zu erfassen, ist sein Wunsch.

3bIm Frühjahr 2010 fing alles an. Im Hof des Südtiroler Vintschger Museums in Schluderns entstand die Lebensmühle aus alten, gebrauchten Materialien. Ein ausgedienter Getreidesilo wird mit unendlich vielen kleinen Spiegelscherben mosaikartig ausgekleidet, die Zwischenräume mit kleinen Lichtern besetzt, das Gehäuse wie eine textile Haut verformt und mit Rädern und Deichsel fahrbar gemacht. Die Besucher betreten einzeln die Mühle, setzen sich und warten bis sich der Sessel zu drehen beginnt.

Im Umgang mit Recyclingstoffen, im Umgang mit Müll, mit Dingen, welche an Glanz verloren haben, schafft der Künstler eine Dimension, welche die Technik nie herausholen kann, weil jene Wert legt auf Funktion, Modernität und Leistung. Damit entzieht sie dem Menschen jedoch seine innere Kraft. Sie schenkt ihm zwar unmessbare äußere Kräfte und Möglichkeiten, raubt ihm jedoch seine innere Größe und hemmt seine Entwicklung. Im bewussten Verzicht auf technische Fortbewegungsmittel schleppt der Künstler die Mühle mit Gurten, um vorwärts zu kommen und ist auf Hilfe der Mitmenschen angewiesen.

Ein begrenzter Raum wird unendlich groß. „Das Innere des Karrens ist eine besondere Welt. Wenn es dunkel wird leuchten unendlich viele winzige Lämpchen, ähnlich dem Sternenhimmel und reflektieren sich in den unzähligen Spiegelbrüchen. Spiegel werden geschaffen, um sich anzuschauen. Für mich war es wichtig, eine Spiegelanordnung zu schaffen, die nicht, wie gewohnt, das Abbild der Besucher zeigt, sondern ihr Denken sichtbar macht.“

Der Wanderkünstler Luxebel ist ein moderner Korrner, welche früher umherzogen, um zu arbeiten. Die Armut und das Herumwandern haben sie gemeinsam. Die Korrner verkauften Waren, der moderne Korrner Luxebel verteilt geistige Nahrung.

1dMit der Lebensmühle durch die Welt
Erste Station Tschenglsburg als ein Raum außerhalb der großen Zusammenhänge und der vollen Wege. Ein Ort, wo jene Menschen sich treffen können, die zu Beobachtern der großen Wirklichkeit werden wollen und dabei bestrebt sind, die Entwicklungen im Tal der jungen Etsch zu überdenken. Der Blick zum Sonnenberg motiviert und die Gedankenwege werden zu Wegen des Tuns.
Weitere Stationen in den einzelnen Dörfern, längere Aufenthalte in Laas, Schlanders, Naturns, Algund.
Jeder darf die Lebensmühle besuchen, ihr Inneres erforschen und beim Schieben eine ganz besondere Gemeinschaft erleben. Wer mithelfen will, meldet sich unter folgender Handynummer: 339 632 5791
Youtube: Die Lebensmühle

Frieda Seissl

Peter Puintner alias Luxebel Feliusstraße 45a  I-39023 Laas  -  Innstraße 9  A-6020 Innsbruck luxebel@gmx.at

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Publiziert in Ausgabe 10/2011

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