Schlanders/Vinschgau
Der Vinschgau wittert Morgenluft. „Der Feind blutet zurzeit“, sagte der SVP-Landtagsabgeordnete Sepp Noggler am Freitag vor einer Woche in Schlanders - und meinte die SEL AG. Die „Liste für Schlanders“ um Martin Daniel und Hansjörg Gluderer hat zu einer Diskussion geladen. Am bunten Podium neben Noggler VEK-Präsident Albrecht Plangger, der Landtagsabgeordnete der Grünen, Riccardo Dello Sbarba und der Präsident des E-Werkes Prad Georg Wunderer. Moderiert hat Peter Gasser. Die Achse Vinschger Stromrebellen mit den Grünen, sagte Daniel, habe spätestens seit dem Bemühen um die Offenlegung der SEL-Verträge Tradition.
Dello Sbarba ließ in diese Verträge blicken - und die Kinnladen im Publikum klappten nach unten. Denn das Fazit Dello Sbarbas war am Beispiel der Verträge SEL AG - Edison vernichtend: Obwohl die SEL mit 60 Prozent an der Hydros beteiligt ist, nimmt die SEL nur 40 Prozent am Gesamtgewinn ein. Die Energie heimholen sei etwas anderes. Dies gilt bis zum Verfall der entsprechenden Konzessionen. Die SEL hat sich in den Verträgen verpflichtet, nur gemeinsam mit Edison (gisl auch für Enel) um die Konzessionen anzusuchen. Erst nachdem die Konzessionen gewonnen sind, greifen die 60 Prozent für die SEL AG. Und, so steht es in den Verträgen, höchstens eine 9-prozentige Beteiligung könne an die Gemeinden abgetreten werden.
Oder als anderes Beispiel: 2009 kauft die SEL um 79 Millionen Euro das Stromnetz vom ENEL. Aber die Kunden sind bei ENEL geblieben. In der Provinz Trient sei das Netz mit den Kunden übergegangen. Oder die Operation Delmi: Das Land hat sich über die SEL und mit 235 Millionen Euro mit 10 Prozent an Edison beteiligt. Grund dieser Aktion: Diese Edisonbeteiligung könne man später mit den Hydros-Anteilen der Edison tauschen. Diese Operation ist sauber in die Hosen gegangen. Die Edison ist zu 100 Prozent an den französischen Stromriesen verkauft - und das Land (die SEL) rutscht mit der DELMI in einen 7-prozentigen Anteil an Edipower. Kurz: Das Land kann sich einen Tausch der Aktien abschminken und in den Südtiroler (Edison)-Kraftwerken sitzt ein französischer Energiekoloss. „Seledison und Hydros sprechen französich“, sagt Dello Sbarba. Die Lösung für die Zukunft: Die Produktion und die Verteilung gehört in die Hände der Gemeinden, wie es auch die Durchführungsbestimmung von 235/1977 - und da hat noch Alfons Benedikter mitgeschrieben - und wie es das Legislativdekret 463/1999 vorsieht.
Georg Wunderer forderte eine neue Energiekultur in Richtung genossenschaftlichen Weg und es sei das Gebot der Stunde eine weitgehend eigenständige Energieversorgung auf nachhaltiger Basis aufzubauen.
Weg vom Landeszentralismus im Strombereich will auch Plangger. Das Modell Prad wäre ein Traum, aber schwierig zu verwirklichen. Denn nur über eine historische Genossenschaft, wie sie in Prad ist, komme man zu billigerem Strom. Realistischer sei es, rund um die Kabine in Glurns eine Genossenschaft zu etablieren. Das Stromnetz gehöre in Gemeindehand, ähnlich Trinkwasserleitungen, so dass die Dienstleistung passe. Der Streit um das Strombezugsrecht am E-Werk Laas werde wohl oder übel in einem Kompromiss enden.
Sepp Noggler blickte auf den Vinschger Stromkampf zurück und meinte, dass die erstrittenen Beteiligungen am Reschensee zu klein ausgefallen sind. Bei der Stromverteilung, von der man auch im Vinschgau 1996 ausgegangen ist, habe man 10 Jahre lang geschlafen. Insgesamt allerdings sei man auf der Zielgeraden. Im Finanzgesetz sei die Hürde für Genossenschaften abgebaut worden. „Wir verlangen eine Förderung dieser Genossenschaften.“ Um eine Neuausrichtung der SEL komme man nicht herum: mehr Subsidiarität für die Gemeinden, bei der Neztübernahme eine Gleichstellung mit der SEL, die Gemeinden müssen an Großableitungen beteiligt werden und die SEL-Töchter gehören aufgelöst, so die Forderungen Nogglers. (eb)