Vinschgau - AUS DEM GERICHTSSAAL
An diesen Rechtsgrundsatz aus dem römischen Recht musste sich der Besitzer eines Fahrzeuges erinnern lassen, welcher gemeint hatte, er könnte den Schlaumeier spielen. Der Ausgangsfall einer jüngsten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hatte sich in Ferrara zugetragen: Ein Pkw war mit „flottem Tempo“ unterwegs. Die Verkehrspolizei „blitzte“ zwar das Fahrzeug, konnte aber den Lenker nicht ausforschen. Die Ordnungshüter richteten daraufhin an den Eigentümer die Aufforderung, „Ross und Reiter“ zu nennen. Dieser stellte sich taub und antwortete, er habe eine große Anzahl von Firmenautos und sei daher außerstande, herauszufinden, wer zum fraglichen Zeitpunkt mit dem inkriminierten Pkw unterwegs gewesen war.
Den Einwand ließ der Friedensrichter nicht gelten und „verdonnerte“ den Fahrzeughalter zu einer Geldbuße sowohl wegen Geschwindigkeitsüberschreitung als auch wegen unterlassener Angaben über die Identität des Lenkers. Der Fall landete vor dem Kassationsgericht, welches jedoch kein Verständnis für die vorgebrachten „Entschuldigungen“ aufbrachte. In Anlehnung an ein Urteil des Verfassungsgerichts wurden dem „verschwiegenen“ Fahrzeugbesitzer zwar keine Führerscheinpunkte „abgeknöpft“, welche dem unbekannt gebliebenen Lenker abgezogen worden wären. In diesem Punkt besteht nämlich seit einer Grundsatzentscheidung der Verfassungsrichter aus dem Jahre 2005 Rechtssicherheit: der Abzug von Punkten kann nur vorgenommen werden, wenn der Lenker auch tatsächlich identifiziert wurde. Eine objektive Haftung auf Grund einer bloßen Schuldvermutung ist mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen. Für die übrigen Übertretungen kam der Halter jedoch voll „zum Handkuss“. Die Höchstrichter wiesen nämlich mit erhobenem Zeigefinger darauf hin, dass es Pflicht eines jeden Eigentümers sei, den Lenker des Fahrzeuges jederzeit zu kennen, um bei Bedarf der Polizei die gewünschten Angaben machen zu können, denn Unkenntnis ist kein Rechtfertigungsgrund.
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt