Aus dem Gerichtssaal - Die juristischen Kampfhandlungen rund um den Marmor-abbau im Göflaner Mitterwantlbruch gehen weiter. Die Gemeinde Schlanders hat offenbar Strategie gewechselt. Wollte sie noch bis zum vorigen Jahr die bestehende Forststraße in den Bruch, über welche bisher auf Grund von provisorischen Fahrerlaubnissen des Landes der Abtransport des „weißen Goldes“ erfolgte, in eine Gemeindestraße umwandeln, so setzt sie jetzt darauf, die Straße zur Gänze ins Eigentum der Eigenverwaltung von Göflan zu überführen.
Das hätte den Vorteil, dass sich der Grund ohnehin bereits großteils im Eigentum der Göflaner befindet. Einen Schönheitsfehler hat jedoch auch diese Variante. Dabei muss nämlich wie schon bei vergangenen Versuchen Grund überquert werden, der zum „Tafratzhof“ gehört. Dessen Eigentümer Gurschler Johann ist wegen seines Kampfgeistes bekannt. Als ihm vor ein paar Monaten das Enteignungsdekret der Gemeinde Schlanders ins Haus flatterte, griff er sofort „zu den Waffen“ und focht den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht in Bozen an. Die Gemeinde hat sich nun in den Streit eingelassen, auch weil sie entschlossen scheint, das Problem Zufahrt ein für alle Mal mit der Brechstange zu lösen.
Dabei übersieht sie jedoch, wie mir scheint, das Grundproblem. Denn der Streit um die Zufahrt ist nur vordergründig von Bedeutung. Die Kernfrage ist und bleibt, dass der Marmorabbau in Göflan und in Laas von zwei konkurrierenden Unternehmen vorgenommen wird. Wenn es dem Betreiber des Göflaner Bruchs gestattet wird, den Marmor mit Lkw’s über eine Straße ins Tal zu bringen, dann hat er gegenüber den Laasern einen Wettbewerbsvorteil. Denn diese müssen den Transport über die kostspieligere Schrägbahn organisieren. Und diesen Vorteil verschafft ihm auch noch eine öffentliche Körperschaft wie die Gemeinde Schlanders, welche durch ihr Eingreifen eine Wettbewerbsverzerrung hervorruft, was ihr wiederum nach EU-Recht untersagt ist. Unter Berufung auf diese Bestimmungen zum Schutz des freien Wettbewerbs vor öffentlichen Eingriffen hat die Lasa Marmo schon das Land und den Nationalpark vor dem Verwaltungsgericht auf Schadenersatz verklagt. Das Land hat nämlich den Göflanern die Bergbaukonzession ohne irgendwelche Auflagen hinsichtlich Entsorgung des Marmorabfalls erteilt. Für den Bruch in Laas gelten hingegen strenge Regeln für die Beseitigung des „Mülls“. Für den dadurch bewirkten Wettbewerbsnachteil will sich die Lasa Marmo nun vom Verwaltungsgericht entschädigen lassen. Sollten die Feindseligkeiten noch weiter eskalieren, dann wäre denkbar, dass die Lasa Marmo die Frage aufwirft, was aus der Vertragsklausel im Konzessionsvertrag zwischen Gemeinde Schlanders und dem Betreiber des Göflaner Bruchs geworden ist, welche diesen verpflichtet, 95 Prozent des abgebauten Marmors hier zu verarbeiten. Diese Verpflichtung scheint die ganze Zeit über weitgehend toter Buchstabe geblieben zu sein. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit (Marmor)steinen werfen!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt