Bikers welcome – so lautet das Motto im Tiroler Kaunertal. Die englischen Worte „soulful driving“ beschreiben wohl
am besten das Fahrgefühl, das Motorradfahrer auf der Kaunertaler Gletscherpanoramastraße erfasst.
von Daniel Frizzi
Langgezogene Serpentinen, eine hohe Kurvendichte und abwechslungsreiches Gefälle auf einer der schönsten Alpenstraßen Österreichs erzeugen ein Wechselspiel mit einer Bergwelt, die vor Millionen von Jahren vom Gletschereis geformt wurde.
Im Westen Tirols, genauer gesagt im hinteren Kaunertal, verbirgt sich ein besonderes Kleinod für Motorradfahrer: Im Winter meist unter einer dicken Schneedecke versteckt, kommen hier im Sommer faszinierende Naturschauspiele zum Vorschein, wie man sie nur am Gletscher findet.
Entlang der 26 km langen, mautpflichtigen Kaunertaler Gletscherpanoramastraße, die bis auf 2.750 m führt, kann man Millionen Jahre Erdgeschichte in den unterschiedlichsten Facetten hautnah erleben.
Schönste Sackgasse in den Alpen
Fahrgenuss und Naturgenuss lassen sich auf der Kaunertaler Gletscherpanoramastraße mühelos vereinen:
Rund 1.500 Höhenmeter werden mit 29 Kehren vom Ort Feichten bis an den Gletscherrand des Weißseeferners – unter anderem vorbei am Gepatsch-Stausee (1765 m) – überwunden und bieten während der Fahrt eine traumhafte Aussicht auf die umliegende Bergwelt. Liebhaber bezeichnen die Strecke als die „schönste Sackgasse in den Alpen“.
Bei der Auffahrt verändert sich die Landschaft Höhenmeter für Höhenmeter. Auf Obstbäume und Ackerland im Tal folgen Lärchen- und Zirbenwälder, alpine Rasenlandschaften mit bunten Alpenblumen, Gebirgsseen, Moränen-Hänge und letztlich das nackte Gletschereis. Was hier auf sehr kurzer Distanz erlebt werden kann, kann man sonst nur auf einer Reise von Nord-Deutschland bis nach Grönland erfahren.
Gondeln bis zur Staatsgrenze
Die Kaunertaler Gletscherpanoramastraße bietet auf ihrer Fahrt vom Tal bis an den Rand des ewigen Eises zahlreiche Einkehrmöglichkeiten – von urig bis klassisch-modern. Oben angekommen, bietet sich für eine Rast und zur Stärkung das Gletscherrestaurant Weißsee an.
Wer jedoch die Bergwelt des Kaunertaler Gletschers erkunden möchte, hat mehrere Möglichkeiten: Grenzgänger bringt die Karlesjochbahn, die vom Gletscherparkplatz aus erreichbar ist, bequem auf 3.108 Meter zur Aussichtsplattform Dreiländerblick, von wo aus sich ein riesiges Bergpanorama in Österreich, Italien und der Schweiz eröffnet. Bei idealer Sicht kann man einige der höchsten alpinen Erhebungen wie die Weißseespitze (3.526 m – AT), die Weißkugel (3.738 m – AT), den Ortler (3.905 m – IT) oder die Berninagruppe (mit Piz Bernina, 4049 m – CH) betrachten. Oben am Grat verläuft zudem die Staatsgrenze zwischen Italien und Österreich. Somit ist es möglich, mit einem Fuß auf Südtiroler und mit dem anderen auf Tiroler Boden zu stehen.
100 Jahre altes Eis
Für alle jene, die sich nach der Fahrt abkühlen wollen, ist am unteren Ende des Weißseeferners, ganz in der Nähe des Gletscherparkplatzes, eine V-Gletscherspalte für Besucher zugänglich. Das mehr als 100 Jahre alte Eis, das aus dem Nährgebiet des Weißseeferners bis in den Bereich der begehbaren Gletscherspalte geflossen ist, erzählt seine eigene Geschichte und wartet mit allen möglichen Blautönen sowie einem bezaubernden Lichterspiel darauf erkundet zu werden.
Wissenswertes für Motorradfahrer:
• Öffnungszeiten: Ganzjährig: 7.00 – 17.00 Uhr /
Juni – August: 7.00 – 19.00 Uhr
• Mautpflichtig
• Länge: 26 km
• Steigung: Ø 10% (max. 12%)
• Serpentinen: 29 Kehren und 28 m Kurvenradius
• Höhendifferenz: 1.500 m (von 1.273 m bis 2.750 m)
• Schwierigkeitsgrad: 3 – mittel
• Region: Tirol / Österreich
Biker-freundliche Hotels und Unterkünfte in der Umgebung:
• Hotel Weißseespitze: www.weisseespitze.com
• Hotel Edelweiß: www.hoteledelweiss.com
• Hotel Kirchenwirt: www.kirchenwirt.com
Weitere Informationen:
www.kaunertaler-gletscher.at
Ludwig Schöpf, ein Experte der Zeitgeschichte seines Dorfes und Mitglied des Vereins „Oculus“ führt uns zum Bunker Nr. 20. Dieser Verein hat die Wehranlage für die Bevölkerung zugänglich gemacht.
von Andreas Waldner
Treffpunkt ist die Infotafel beim Sportplatz oberhalb von Reschen, die die „Historischen Grenzbefestigungen im Dreiländereck Italien-Österreich-Schweiz“ zeigt. An der Tafel sehen wir Alt-Finstermünz, ein Nadelöhr, das über die Jahrhunderte als Zollstätte und Grenzfestung verwendet wurde. An der orografisch rechten Seite vom Inn liegt Schweizer Territorium, links Österreichisches mit Sigmundseck und Klausenturm. Die erste Brücke haben die Römer gebaut. Die Brücke, die wir heute sehen, stammt aus dem Mittelalter und besteht aus einem Turm und einer überdachten Holzbrücke. Weitere Bilder zeigen Details der Bunker in der Talsohle und die Panzersperre Plamort. „Plamort“ heißt auf Rätoromanisch: toter Boden oder tote Ebene und wurde von den Faschisten fälschlicher Weise mit „piano dei morti, Ebene der (Kriegs-) Toten übersetzt. „Das ist eine historische Fälschung. Wir haben keine Möglichkeit, den Namen richtig zu stellen. Ich verwende den rätoromanischen Namen“ lässt Schöpf die Besucher wissen. Auf dem Weg zum Bunker halten wir an einer zweiten Tafel, die neun rot eingekreiste Bunker am Reschenscheideck und die schwarz eingekreisten Bunker auf Plamort graphisch darstellt. Obwohl Mussolini mit Hitler befreundet war, traute er der Sache nicht. Um eine Invasion Deutscher Truppen nach Italien zu verhindern, sicherte er zwischen 1936 und 1942 die Reschengrenze. Die Verteidigungsanlage entstand unter größter Geheimhaltung und bestand aus Bunkern, Gefechtsständen, Panzersperren, Kasernen und Nachschubstraßen. Spannend ist, dass die einheimische Bevölkerung nichts davon wusste, was hier neben und unter ihrem Dorf passierte. Die Bauarbeiten wurden von Süditalienern durchgeführt – Einheimische waren daran nicht beteiligt.
Wir betreten nun den Bunker Nr. 20. Der Bunker ist teils in den Felsen gegraben und teils in Beton ausgeführt. Er hat eine Länge von ca. 270 m und eine begehbare Fläche von 450 m². Alles, was wir sehen, ist im Originalzustand mit Ausnahme der Elektroanlage. Diese musste komplett erneuert werden, um den gesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen, damit Führungen gefahrlos angeboten werden können. 50 Mann konnten im Bunker stationiert werden. Weil sie während des Kampfeinsatzes den Bunker nicht verlassen konnten, gab es Lebensmittelrationen: Jeder bekam für 8 Tage einen 12 Liter Kanister Wasser, kalte Mahlzeiten und hochprozentigen Alkohol zugewiesen. Damit wollte man erreichen, dass sich die jungen Soldaten ausreichend Übermut antranken, um gedankenlos zu kämpfen. Zum Glück ist es an der Reschenfront nie dazu gekommen. Der damals verteilte Alkohol wäre heute verboten.
Etschquelle und der Bunker in der Felskaverne
Im Inneren des Bunkers Nr. 20 befindet sich bergseitig eine betonierte Wasserstube, vermutlich die „echte“ Etschquelle. Wir können dorthin nicht vordringen, aber wir hören es rauschen und sehen das Wasser durch Plexiglasrohre aus dem Bunker fließen. Die Gemeinde hatte wegen des Sperrgebietes ein tiefergelegenes Rinnsal zur Etschquelle erklärt und als solche erschlossen. Verschiedene Schautafeln im ehemaligen Schlafraum der Soldaten klären die Besucher über die Bedeutung der Bunkeranlage im italienischen Verteidigungssystem, dem sogenannten Alpenwall- Vallo Alpino Littorio, sowie über dessen Funktion im Kalten Krieg auf. Wir sehen u.a. den Grenzzaun Italien-Österreich, die Kasernen in Langtaufers und den Weg nach Plamort. Diese sogenannte Kanonenstraße wurde 1934 gebaut, um oben die Verteidigungsanlage mit Panzersperre zu verwirklichen. Eine Kopie des originalen Bauplanes vom Bunker Nr. 20 zeigt uns, wo wir uns befinden. Der Bunker ist mit zwei Ein- und Ausgängen und mit 5 Maschinengewehrständen ausgestattet. Im Lebensmittelmagazin wurde unter Verschluss „die letzte Ration“ aufbewahrt. Die Offiziere hatte einen eigenen Schlafraum. Eine interessante Lichtsignalanlage diente dazu, mit dem nächsten Bunker mit Morsezeichen zu kommunizieren. Wir verlassen nun den Bunker, begeben uns zum neu gestalteten Etschquellareal und auf die Kuppe des Bunkers. Hier betrachten wir fünf Lüftungsglocken, mit denen Frischluft in die Maschinengewehrstände angesaugt wurde. Und immer wieder sehen wir MG-Scharten, die über „Fensterläden“ verfügen. Eine Besonderheit ist die Tarnung. Es wurden teilweise ganze Felsblöcke nachgebaut und modelliert. In Spalten wurden Erde und typische Pflanzen gesetzt, so dass die Bunker nach kurzer Zeit perfekt in die Umgebung integriert waren. Zu guter Letzt erfahren wir, dass das Land der Gemeinde Graun bereits vor einiger Zeit ein 30-jähriges Nutzungsrecht der Anlagen zugestanden hat. Als Teil des „Alpenwalls“ sind die Bunkeranlagen und die Panzersperre auf Plamort im Dreiländereck Italien, Österreich und Schweiz heute ein eindrucksvolles historisches Zeugnis jener Zeit und bilden mit dem Museum Altfinstermünz ein grenzübergreifendes Kulturprojekt. Die Besucher sind eingeladen, die einstigen Grenz- und Verteidigungsanlagen zu besuchen bzw. sie zu erwandern.
Führung im Bunker
Nr. 20 – Etschquellbunker
Anmeldung erforderlich
Tourismusbüro oder
+39 0473 633101
info@reschenpass.it
Veranstalter Ferienregion Reschenpass
Preise 5,00 €
Um Dienste garantieren zu können, hat die Landesregierung heute (4. Juni) die Abweichung vom Sprachgruppenproporz für 88 Stellen im Südtiroler Sanitätsbetrieb genehmigt.
Der Entscheidung der Landesregierung voraus ging ein Schreiben des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Darin wird festgehalten, dass eine faktische Notwendigkeit besteht, nachdem sowohl im Bereich des ärztlichen, aber auch des pflegenden und technischen Personals weiterhin ein akuter Personalmangel herrscht. Gesundheitslandesrat Thomas Widmann hat daher die Landesregierung um eine Ermächtigung zur Abweichung vom Sprachgruppenproporz ersucht. "Besser als keinen Arzt oder keine Ärztin zu haben ist es, die offenen Stellen in Abweichung vom Proporz zu besetzen", sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Die Landesregierung hat darum in ihrer heutigen (4. Juni) Sitzung entschieden, 88 befristete und unbefristete Vollzeitstellen im Gesundheitsbereich von der Proporzregelung auszunehmen. Dies heißt, dass die offenen Stellen mit geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten der italienischen Sprachgruppe besetzt werden können, nachdem sich keine bzw. nicht genügend deutsch- oder ladinischsprachigen Bewerber in den entsprechenden Rangordnungen finden. "Die Abweichung betrifft 88 von insgesamt 5500 im Plansoll vorgesehenen Stellen der entsprechenden Proporzgruppen. Die Verpflichtung bleibt aber weiterhin aufrecht, die Verhältnismäßigkeit zwischen den Sprachgruppen wiederherzustellen, sobald die entsprechenden Bewerber gefunden wurden", hob der Landeshauptmann heute hervor.
Im Detail handelt es sich dabei um 20 Stellen für Ärzte oder sanitäre Leiter, 50 Stellen für Krankenpflegekräfte, zwei für Tierärzte, drei Stellen für Kinderkrankenpfleger, fünf Stellen für medizinisch-röntgentechnische Assistenten, sechs Stellen für biomedizinische Labortechniker, eine Stelle für Techniker für Herzkreislaufphysiopatologie und Herzkreislaufperfusion sowie eine Stelle in der Sanitätsassistenz.
Landeshauptmann Kompatscher erinnerte zudem daran, dass es innerhalb des Südtiroler Sanitätsbetriebes mehr Personalzugänge als -abgänge gebe. Man sei bemüht, mit unterschiedlichen Maßnahmen – unter anderem der Wiedereinführung der Facharztausbildung nach österreichischem Modell – weiteres Personal für das Südtiroler Gesundheitswesen zu gewinnen.
Die Stellen im Stellenplan des Sanitätsbetriebes sind, ebenso wie jene im restlichen öffentlichen Dienst, den drei Sprachgruppen im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Stärke vorbehalten. Diese ergibt sich aus den Zugehörigkeitserklärungen der Volkszählung, welche zuletzt im Jahr 2011 durchgeführt wurde. Generell gibt es im öffentlichen Dienst die Verpflichtung zur Zweisprachigkeit, im Bereich Gesundheit findet die Regelung Anwendung, wonach der Zweisprachigkeitsnachweis innerhalb von drei Jahren erbracht werden. Ansonsten ist keine unbefristete Anstellung möglich.
Die Berghütte Maseben in Langtaufers ist der Geheimtipp des Vinschgaus.
Weit weg von Lärm und Stress, dem Sternenhimmel nahe.
In Langtaufers, dem Seitental, welches von Graun in Richtung Osten zum Weißkugel-Massiv verläuft, gibt es ein spezielles Naturphänomen: lange Schatten. Weil das Tal in Ost-West-Richtung ausgerichtet und der Untergang der Abendsonne ein besonders langer Prozess ist, wirft die Abendsonne von allem sich der Sonne Entgegenstellendem besonders lange Schatten. Wer also am Abend talauswärts unterwegs ist, lässt seinen langen Schatten hinter sich. Taleinwärts geht der lange Schatten vor einem her und wird immer länger.
Den Sonnenuntergang in Langtaufers zu erleben, ist also eine spezielle Sache. Noch spezieller wird es, wenn man den Sonnenuntergang in Gesellschaft hoch oben an der orografisch linken Seite des Karlinbaches erlebt. An der Waldgrenze dort steht die Berghütte Maseben.
Die Berghütte Maseben erweist sich als exklusive Geschichte, fernab von Hektik, Lärm und Stress. Seit dem 11. Juni 2016 ist die Berghütte Maseben für den Sommerbetrieb geöffnet und bleibt dies bis Ende Oktober.
Genießen Sie in unserer Hütte die Wärme und das Gefühl von Geborgenheit inmitten der Berge. Beim Frühstucksbüffet mit zahlreichen regionalen Produkten können Sie sich die nötige Kraft fürs Wandern oder für das Biken holen.
Am Abend genießen Sie unser Salatbuffet und ein 3-Gänge Menü zubereitet mit regionalen und saisonalen Produkten.
Der Personentransport ist gewährleistet, fragen Sie nach den Uhrzeiten. In der romantischen Stube im Feuerschein werden regionale Spezialitäten serviert. Für Gruppen oder Jahrgangsfeiern oder Ähnlichem ist die Berghütte Maseben ein idealer Platz für Geselligkeit und für das Feiern.
Mit 22 Betten, mehrere Doppelbettzimmer mit Dusche und WC können Gäste nahe dem Sternenhimmel übernachten, die einmalige Ruhe genießen und für den Alltag auftanken. Der Hüttenwirt Alessandro Secci und sein Team heißen Wanderer und Bergsteiger, Mountainbiker und Nordic-Walker, einfach alle Sportbegeisterten und all jene, die Erholung suchen, herzlich willkommen.
Infos und Reservierung:
Berghütte Maseben
Langtaufers
Tel. 0473 63 31 06
347 2237090
www.maseben.it
Die Landwirtschaft im Obervinschgau verändert sich. In den letzten Jahren haben mehrere Bauern ihre Produktion von der Milchwirtschaft auf Obstbau umgestellt. Gab es früher in jeder kleinen Ortschaft eine Dorfsennerei, so sind mehr oder weniger alle davon verschwunden. Einen ganz neuen Weg gehen Erich Primisser und seine Frau Martina vom „Schmelzhof“ in Prad. Sie haben von der Kuhhaltung auf Ziegenhaltung umgestellt. In der neuen Bio-Sennerei in Prad wird hochwertiger Ziegenkäse produziert.
von Heinrich Zoderer
Die Ziege, so hat es geheißen, ist die Kuh der armen Leute. Früher hatten die Bauern so nebenbei auch ein paar Ziegen. Es gab früher in Prad, so wie in vielen anderen Dörfern, einen Ziegenhirten, den „Goaßer“, der mit seinem Hund die Ziegen der verschiedenen Bauern auf die Prader Sand führte und abends wieder zurück brachte. Das ist lange her und obwohl 1989 der Verband Südtiroler Kleintierzüchter gegründet wurde, der die Interessen der Schaf-, Ziegen- und Schweinezüchter vertritt, so ist die Ziegenhaltung eine Randerscheinung in der Südtiroler Landwirtschaft geblieben. Die Mehrzahl der Kleintierzüchter beschäftigt sich mit der Schafzucht. Es gibt im Vinschgau nur ganz wenige Ziegenzüchter mit mehreren Ziegen. Im Pustertal und im Ahrntal gibt es mehrere davon. Auch Erich Primisser war fast sein ganzes Leben lang Viehbauer. Auf seinem Hof in der Schmelz am Ende des Dorfes betrieb er lange noch ein Gastlokal, den „Bierkeller“. 1999 hat er am Dorfanfang in einer Seitenstraße einen neuen Bauernhof, den „Schmelzhof“ aufgebaut und sich nur mehr auf die Viehwirtschaft konzentriert. Fast 40 Melkkühe standen in seinem Stall. Von den 15 ha Wiesen, verstreut rund um Prad, holte er das Futter. Auf einigen Wiesen wurde Mais angebaut und dann zu Silage verarbeitet. Erich Primisser war ein erfolgreicher Bauer, einer der wenigen Vollerwerbsbauern mit einem modernen Bauernhof und einem großen Fuhrpark. Er hat wie alle Viehbauern im Obervinschgau in erster Linie Milch produziert, Kuhmilch für die Mila. Seine Frau Martina Gander, die im Untervinschgau aufgewachsen ist, hat lange als Hebamme im Krankenhaus gearbeitet. Eines der drei Kinder hatte Neurodermitis, eine chronisch entzündliche Erkrankung der Haut. Solche Kinder vertragen Kuhmilch ganz schlecht. Die Ziegenmilch hingegen vertragen sie gut. Sie enthält hochwertiges Eiweiß und leicht verdauliche Fette. Deshalb wurden ein paar Ziegen gerichtet als Ersatz für die Kuhmilch. Heute schwärmt Martina über die Qualität der Ziegenmilch. Sie kocht alles mit Ziegenmilch und meint, dass besonders für Kleinkinder und alte Leute Ziegenmilch viel gesünder wäre. Ziegenmilch enthält wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Der Ziegenkäse ist natürlich auch mit diesen Vitalstoffen ausgestattet. Die Ziegenmilch war gut für die Kinder, aber an eine Betriebsumstellung dachten Erich und seine Frau Martina noch lange nicht. Ein Besuch in Vintl vor einigen Jahren in der Feinkäserei „Capriz“ brachte den Wendepunkt. In dieser modernen Schaukäserei mit einem Shop, einer Vinothek und einem Museum wird Ziegenkäse von hoher Qualität hergestellt und vermarktet. Nach dieser Besichtigung reifte die Überzeugung, dass Ziegenmilch, Ziegenkäse und Ziegenfleisch nicht nur Produkte armer Leute sind, sondern Qualitätsprodukte für Feinschmecker, sowohl für Privatpersonen, als auch für die Hotellerie. Es folgten viele Gespräche mit verschiedenen Fachleuten. Erich Primisser und seine Frau kamen auch zur Überzeugung den Betrieb auf Bio umzustellen, um hochwertige Biomilch zu erzeugen, als Rohstoff für einen hochwertigen Ziegenkäse. Die Umstellung dauerte zwei Jahre, die Umbauarbeiten im Stall waren recht gering, aber mit der Verarbeitung und der Vermarktung klappte es nicht gleich. Der Kuhbestand wurde langsam abgebaut und die Anzahl der Ziegen erhöht. Die Idee, in der Prader Sennerei Ziegenkäse herzustellen, kam vom Belgier Joos Peters. Die Umsetzung hat nicht so geklappt, wie geplant, aber der Belgier hat einen Stein ins Rollen gebracht. Nach einer zeitweiligen Schließung der Sennerei und nach langen Vorarbeiten kam es 2019 zu einem Neustart.
In der Bio-Sennerei in Prad werden jede Woche 4.000 Liter Ziegenmilch zu hochwertigem Ziegenkäse verarbeitet. So entstehen 400 kg Bio-Ziegenkäse.
Am 28. März wurde die Sennerei eröffnet. Mit diesem Datum beginnt eine ganz neue Phase der hundertjährigen Sennerei von Prad, mit einem neuen Konzept und unter neuer Führung. Aus der alten Dorfsennerei wird eine Bio-Ziegenmichl-Sennerei unter der Führung der Bürgergenossenschaft Obervinschgau. Elisabeth Prugger aus Tschengls, Vorstandsmitglied der Bürgergenossenschaft Obervinschgau (BGO) und Käsereilehrerin in Salern, hat wesentlich an der Ausarbeitung des Konzepts mitgearbeitet. Die Sennerei wird heute von drei Ziegenbauern mit Ziegenmilch beliefert. Erich Primisser vom Schmelzhof aus Prad hat 140 Ziegen, David Wallnöfer vom Untervellnairhof hat 50 Ziegen und Manuel Haas vom Faslar Hof oberhalb von Stilfs 60 Ziegen.
Viermal in der Woche werden von den drei Ziegenbauern 1.000 Liter Ziegenmilch angeliefert. Damit werden 100 kg Ziegenkäse hergestellt. Der Senner Matthias Ziernhöld erzeugt zusammen mit Michael Hofer 400 kg Bio-Ziegenkäse in der Woche. Die Geschäftsführerin Sigrid Sparer vermarktet die ganzen Produkte und hat bereits zusammen mit der Genossenschaft ein breites Verteilernetz aufgebaut. Über VollCorner, einer Biokette in München, über die lokalen Wochenmärkte und Geschäfte von Mals bis Naturns werden die Produkte verkauft. Bis jetzt läuft alles gut. Erich und Martina sind sowohl mit der Geschäftsführung als auch mit der Bürgergenossenschaft sehr zufrieden.
In einem langen Gespräch am Vormittag erzählt Erich, dass er bereits um 4 Uhr aufgestanden ist, die 140 Ziegen gefüttert und dann gemolken hat. Rund eine Stunde benötigt er für das Melken in der Früh und am Abend. Im Melkstall werden 8 Ziegen zugleich gemolken. Die Milch muss dann auf rund 6 Grad gekühlt werden. Um 7 Uhr muss Erich die ganze Milch in der Sennerei abliefern, damit gleich mit der Käseproduktion begonnen werden kann. Bei einem Rundgang durch den Stall und in das angrenzende Freigelände merkt man, dass sich die Ziegen wohl fühlen. Sie laufen auf Erich und Martina zu, denn die Ziegen und die Kitze sind nicht angebunden, sondern haben einen Laufstall. Die Ziegen können sich ins Freie begeben, gerade so wie es ihnen passt. Erich braucht nur einen Laut von sich zu geben, dann richten alle ihre Augen auf ihn und alle, die im Freien sind, kommen in den Stall herein. Auf 2 ha wird Getreide angebaut, das die Ziegen zum Fressen bekommen. Im Stadel ist eine Heubelüftung mit Dachabsaugung. Die Ziege frisst nur, was ihr schmeckt, meint Martina und es stimmt nicht, dass Ziegenmilch komisch schmeckt. Das hängt von der Fütterung ab. Wenn nur getrocknetes Heu verfüttert wird, schmeckt die Milch sogar leicht süßlich. Die 140 Ziegen sind weiße und braune Edelziegen und gämsfarbige Gebirgsziegen. Das sind gute Milchziegen, die täglich 3 bis 5 Liter Milch liefern. Neben der Milch wird auch das Fleisch vermarktet. Es werden Würste gemacht, das Fleisch wird aber auch an Private und einige Gasthäuser verkauft. Vor Ostern werden viele Kitze verkauft, besonders in den oberitalienischen Raum. Es ist eine lange Tradition, dass die Italiener zu Ostern Kitzfleisch essen. Die Ziegen werden 5 bis 6, einige auch ein paar Jahre länger gehalten. Deshalb werden nicht alle Kitze geschlachtet. Im Unterschied zu den Kühen muss man bei den Ziegen nicht drei Jahre, sondern nur ein Jahr warten, dann liefern sie Milch. Erich und Martina haben sich intensiv mit der Ziegenhaltung beschäftigt, es ist ihnen wichtig im Einklang mit der Natur zu leben und eine Kreislaufwirtschaft zu betreiben. Durch den Ziegenmist kommt es zu keiner Überdüngung, die Böden bleiben gesund. Vor zwei Jahren haben sie den Betrieb auf Ziegenhaltung umgestellt. Anstatt mit 40 Kühen arbeiten Erich und Martina heute mit 140 Ziegen. Und man sieht es in ihren Augen, sie haben eine große Freude damit.
von Simon Laganda
Wer im Leben nicht selbst für sein Gedächtnis, seine Erinnerung, sorgt, der wird mit dem letzten Glockenschlag der eigenen Beerdigung vergessen sein. Kaiser Maximilian formulierte sinngemäß so den Wert der Erinnerungskultur und des eigenen Personenkultes. Welcher Art Erinnerung ist, das entscheidet aber der, der sich erinnern möchte.
Maximilian wurde in Wiener Neustadt am 22.03. 1459 geboren; in erster Ehe war er mit Maria von Burgund, in zweiter Ehe mit Bianca Maria Sforza verheiratet. Durch beide Eheschließungen ist es ihm gelungen, sein Reich zu erweitern. Er verstarb am 12. 01. 1519 in Wels und wurde in Wiener Neustadt begraben.
Maximilian hat für seine Erinnerung gesorgt. Er erkannte, dass das Bild Emotionen hervorruft, dass man über das Bild mit seinen Untertanen kommunizieren kann. Er war der Erste, der seine Bilder in dieser Hinsicht instrumentalisierte. Neben seinen Hofmalern, es seien hier Jörg Kölderer, Hans Burgkmair und Bernhard Strigel erwähnt, bediente er sich auch zahlreicher Schreiber und pflegte auch selbst zu schreiben. Er schmückte aus und heroisierte; die „ewige gedechtnus“ war ihm wichtig.
Um seinen Reichtum zu präsentieren, ließ er den Prunkerker bauen und mit goldenen Schindeln zieren und schuf mit „dem goldenen Dachl“ eines der bekanntesten Wahrzeichen Innsbrucks. In der Hofkirche ließ er ein Grabmonument errichten, das er mit ehernen Figuren umgab. Die „Schwarz Mander Kirche“ ist ein weiteres Kulturdenkmal, dessen Ausstattung wir ihm verdanken.
Maximilian war ein begeisterter Jäger. Er soll im Juli 1496 an einem einzigen Tag 13 Gämsen, einen kleinen Bären und einen Hasen erlegt haben. Besonders angetan hatte es ihm die Gämsenjagd. Als er sich bei einer Gämsenjagd in der Martinswand bei Zirl derart verstieg, dass es weder Weiterkommen noch Zurückgehen gab, war es ein junger Bauernbursche, der den Kaiser aus der Wand holte. Jahre später schmückte er diese Erinnerung derart aus, dass von einem Engel die Rede war, der dem Kaiser den Weg aus der Wand aufzeigte. Heute nennt manch Politiker so eine verzerrte Darstellung alternative Wahrheit.
Den Vinschgau besuchte der Kaiser mehrere Male; aber im Gedächtnis blieb Maximilian den Vinschgern aus anderem Grund. Einmal war die Kaiserin allein mit ihrem übergroßen Gefolge hier. Am 2. Dezember 1493 brach Bianca Maria Sforza von Mailand auf. Ihr Weg führte sie mit einem Geleit von 600 Pferden und 60 Maultieren, welche ihre Ausstattung zu transportieren hatten, nach Innsbruck. Sie verfasste ein Reisetagebuch. Vereinzelt sprechen aber auch Chroniken von ihrem Besuch. Der Mailänder Herzog hatte ein besonderes Interesse an dieser Verbindung und begleitete Bianca Maria gemeinsam mit seiner Frau, Beatrice D’Este bis nach Como, also bis an die Grenze des Mailänder Herzogtums. Der Brautzug kämpfte sich hinauf bis auf das Wormser Joch – den Umbrailpass – und weiter bis in das Kloster St. Johann. Dieses dürfte angesichts der Größe des Brautzuges überfordert gewesen sein. Jedenfalls schimpft Bianca Maria in ihren Aufzeichnungen, dass die Nonnen schlechten Wein aufschenkten und ebenso schlechtes Brot reichten. Einige ihrer Gefolgsleute blieben ohne Abendessen und mussten auf Bänken schlafen.
Am nächsten Tag kam der Zug nach Mals, wo die Edelfrau vom Churer Bischof und einer Reihe Adeligen begrüßt wurden. Bianca Maria lobt die dortige Gastfreundschaft und ihre Unterkunft in der Fröhlichsburg. Über den Reschenpass setzte sich anderentags ihre Reise fort.
Der zweite Besuch der nunmehrigen Kaiserin erfolgte im Beisein von Maximilian. Im Malser Droßturm sollen sich der Herzog von Mailand und Maximilian mit ihren Frauen getroffen haben. Im dortigen Anger, hätte der Kaiser über die Vielzahl von Obstbäumen gestaunt und reichlich davon gekostet. Die beiden Herren sollen in Glurns die Vereinbarungen zur Heiligen Liga festgeschrieben haben. Dabei ging es um ein Abkommen zwischen dem Dogen von Venedig, dem Herzog von Mailand, dem Papst und Maximilian. Dieser Zusammenschluss war als Bollwerk gegen Frankreich gedacht. Gekommen ist es für Maximilian und damit auch für den Vinschgau anders.
Im Zuge des so genannten Schwabenkrieges gab es eine Schlacht an der Calven, im Gebiet zwischen Taufers, Laatsch und Glurns. Maximilian setzte Ulrich von Habsberg als Oberbefehlshaber ein, der die Lage gänzlich falsch einschätzte. Er verbot den Glurnsern die Stadttore zu schließen, sah keinen Grund, Brücken aus Sicherheitsgründen abzureißen und meinte, die Schlacht an der Calven wäre geschlagen, bevor sie begonnen hatte.
Ein Mailänder Astrologe sagte dem Kaiser voraus, dass er die Schweizer bis zum 22. Mai 1499 besiegen werde. Dies gelang nicht. Am 23. Mai 1499 kam es an der Calven zur wohl grausamsten Schlacht, die im Obervinschgau je geschehen ist. Die Anzahl der Todesopfer ging in die Tausende.
Drei Tage nach der Calvenschlacht soll der Kaiser in Mals angekommen sein und beim Anblick des Schlachtfeldes geweint haben. Er war es, der die Verantwortung dafür zu übernehmen hatte, dass im Mai 1499 „die Anzahl der Witwen im Vinschgau mit an die 1000“ angegeben wurde, dass Mütter und Großmütter mit ihren Kindern und Enkeln auf den Wiesen nach essbaren Pflanzen und Wurzeln suchten.
Seine Wiedergutmachungsmaßnahmen scheinen dürftig. Er hat St. Veith am Tartscher Bühel wiederaufbauen lassen und für diese Kirche einen Altar gestiftet. An den Außenflügeln ist die Verkündigung Mariens dargestellt. Der Engel, der die Frohbotschaft überbringt, zeigt wohl nicht zufällig die Züge Maximilians.
Als Engel machte er für die Vinschger damals wohl eher eine mäßige Figur, zumal durch sein Tun das Tal bis nach Kastelbell gebrandschatzt wurde und die Wiedererrichtung einer Kirche niemandes Hunger stillte.
Das Heldentum, mit welchen sich Kaiser Maximilian bereits zu Lebzeiten gerne umgab, werden ihm im Vinschgau wohl wenige seiner Zeitgenossen abgenommen haben. Trotz der ausgeprägten Gastfreundschaft seiner Frau gegenüber ist man dem Kaiser zwiespältig gegenübergetreten.
Der Grushof auf 1.250 Metern Meereshöhe ist seit 2013 das Zuhause von Harald Gurschler (40 J.) und Marion Pirhofer (39 J. mit ihren drei Kindern Johannes (13), Katharina (6 J.) und Leonhard (3 J). Sie bewirtschaften den Hof biologisch organisch und vermieten Ferienwohnungen. Berührend ist ihre Achtung vor den Tieren.
von Magdalena Dietl Sapelza
Am Hofeingang grüßt der Hund „Missi“mit Gebell. Das Lamm „Max“ läuft hinter ihm her, die Katze „Tigger“ beobachten das Geschehen von weitem. Hinter den Umzäunungen am Stadel stehen die Kuh „Liselotte“ sowie die zwei Esel „Susi“ und „Timmi“, die als Hochzeitsgeschenk auf den Hof gekommen sind. Etwas abseits sitzt die Henne „Scheepolli“ auf dem Lattenzaun. Und am steilen Hang grasen der Haflinger „Fortuna“ und das Kaltblut „Herta“. Die Tiere werden alle mit Namen gerufen. Das zeigt, welchen Stellenwert Tiere für die Familie haben. Sie gehören gewissermaßen zur Familie, und deren artgerechte Haltung ist eine Selbstverständlichkeit. Über den kleinen „Bauernzoo“ freuen sich nicht zuletzt die Gästekinder, die in den zwei Ferienwohnungen den „Urlaub auf dem Bauernhof“ erleben und hofeigene Produkte genießen können.
Der Grushof stand 20 Jahre lang verlassen da, bevor Harald ihn übernahm. Der alte und kinderlose Besitzer hatte den Hof einst aufgegeben und war ins Tal gezogen. Nach dessen Tod erbten seine zwei Geschwister. Eine Erbin war Haralds Großmutter, die ihre Hälfte an Harals Mutter übertrug. Diese bot ihm dann ihren Anteil an. Er zeigte sich interessiert. Schließlich gelang es ihm, auch die zweite Hälfte des Hofes zu kaufen und diesen als Ganzes zu übernehmen.
Harald hatte als Jugendlicher nie daran gedacht Bauer zu werden. Er wuchs in Schlanders auf, lernte Koch, arbeitete dann aber 12 Jahre lang in einem Handwerksbetrieb in Göflan, bis dieser schloss. Harald hätte sich eine neue Arbeit suchen müssen. Da kam ihm die Hofübernahme 2008 gerade recht. Von Anfang an war klar, dass es ein Biohof werden sollte und zwar nach den strengen Leitlinien der „Alternativen Anbauer“. Hinter ihm stand seine Partnerin Marion aus Latsch, die ihm mittlerweile den Sohn Johannes geschenkt hatte.
Da die alte Struktur des Hofes nicht mehr zu retten war, entschied sich das Paar für den Abriss und für einen Massiv-Holz-Neubau nach baubiologischen Richtlinien. „Es war absolut nichts mehr zu retten, die Mauern waren faul, die Innenräume ausgeplündert. Sogar die Holzböden waren aufgerissen“, sagt Harald.
Mühsamer Start
Harald und Marion planten also den Neubau des Hauses mit Stall und Stadel. Auch zwei Ferienwohnungen sollten Platz finden. Nach zähem Ringen um die unterschiedlichsten Genehmigungen, konnten die Arbeiten schließlich beginnen. Alles, was von der alten Hofstruktur noch zu gebrauchen war wie Holzbalken, Bretter, hölzerne Fensterrahmen, wurde in den Neubau integriert.
Bis zur Fertigstellung ihres neuen Heims lebte die kleine Familie zeitweise in einem Wohnwagen auf dem Hofgelände, damit sie die Arbeiten auf den Feldern erledigen und das Futter einbringen zu konnte.
„Mit fünf Pferden und sieben Schafen haben wir dann 2009 angefangen“, erinnert sich Marion. „Darunter waren einige Tiere, die andere nicht mehr haben wollten.“
Mittlerweile lebt die Familie das sechste Jahr auf dem Hof. Johannes hat mit Katharina und Leonhard noch zwei Geschwister bekommen. Harald kultiviert hauptsächlich Bio-Blumenkohl und Kartoffeln. Er hält auch 30 Schafe. Marion kümmert sich um den Garten. Sie verarbeitet Himbeeren, Erdbeeren, Marillen für den Verkauf ab Hof. Auch ihre Gäste können die Köstlichkeiten genießen. Derzeit lernt sie das Filzen, um die hofeigene Wolle verarbeiten zu können. Einige modische Trachtenhüte sind ihr bereits bestens gelungen.
Lämmer und Schafe zu verkaufen, fällt Harald schwer. Denn er sorgt sich um das Tierwohl, auf das bei Transporten nicht immer geachtet wird. Wenn er ein Tier für den Eigenbedarf schlachten lässt, so geschieht das behutsam und vor Ort. „Das kleine Lamm „Max“, das ich mit der Flasche aufpäpple, kann wie viele andere Tiere bei uns alt werden“, meint Harald.
Info: Grushof bei Glurns
„Urlaub auf dem Bauernhof“
Biologisches Obst und Gemüse, Fruchtaufstriche, Sirupe, Filzwaren
Telefon: +39/3337072069
www.grushof.com
Eine grenzüberschreitende Kooperation ermöglichte in Glurns die Realisierung eines frei zugänglichen Gemeinschaftsgartens
als Schaugarten, Pflückort und Erntegarten. Dabei wurde auf historisches Gartenwissen aus dem Dreiländereck Vinschgau,
Engadin/Val Müstair und Oberes Gericht/Landeck zurückgegriffen und künstlerisch vermittelt.
von Ludwig Fabi / Quelle: Carmenmueller.net
Glurns, mit knapp 900 Einwohnern die kleinste Stadt Südtirols, bietet ein einzigartiges städtisches Flair in einem Mittelalterlichen Ambiente. Wie in jeder Stadt stehen auch in Glurns dem Autoverkehr, der Enge und den Touristenströmen im Stadtzentrum ruhige Plätze, Winkel und die beschauliche Laubengasse gegenüber. Und wie in den großen Städten, hat auch Glurns seinen „Stadtpark“, welcher im bescheidenen Ausmaß außerhalb der Stadttore und Stadtmauer in Form eines Rundweges angelegt ist. Dieser Rundweg mit öffentlichen und privaten Gartenanlagen ist seit kurzem um eine neue Gartenanlage reicher, welche einen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt, Vermittlung von altem Gartenwissen und Kunst im öffentlichen Raum vereint. „Gemeinschaftsgarten mit künstlerischem Anspruch“ nennt sich der am Südosten der Stadtmauer neu angelegte öffentliche Garten, in welchen gedeiht, informiert und inspiriert.
Der Gemeinschaftsgarten mit künstlerischem Anspruch in Glurns verdankt seiner Entstehung einem Stadtentwicklungsprojekt, welches die Belebung des Stadtraumes und die Bürgerbeteiligung vorsah. In diesem Zusammenhang hat die Stadt, kofinanziert mit EU-INTEREREG-Fördergeldern einen Ideenwettbewerb zur Realisierung von Kunstprojekten im öffentlichen Raum ausgeschrieben. Ziel des Projektes war es, in Form von Kunstprojekten die 700-jährige Stadtgeschichte aufzuarbeiten und zugänglich zu machen. Die unter anderen dabei prämierte Projektidee von Carmen Müller „Garteln an der Stadtmauer - Gemeinschaftsgarten mit künstlerischem Anspruch“, wurde im Zeitraum vom Juni 2017 bis Oktober 2018 umgesetzt. Entstanden ist auf dabei auf einem öffentlichen Grundstück von ca. 2.000 m2 außerhalb der Stadtmauer – in der Nähe des Schludernser Tores – unter der Leitung von Carmen Müller gemeinsam mit engagierten Gartenfreundinnen und -freunden aus Glurns und Umgebung, der frei zugängliche Gemeinschaftsgarten als Schaugarten, Pflückort und Erntegarten. Hügelbeete wurden angelegt. Historische und aktuelle Gemüse und Blumensorten in Mischkultur gepflanzt, gepflegt, beobachtet, bewundert und geerntet. Bäume und Beeren gesetzt, Spaliere für Obstbäume und Kletterrosen an der Mauer gezogen. Ein Teil kann als Raum für Naturerfahrung und für gemeinsames Lernen genutzt werden und soll vermitteln, dass es ein Ort ist, wo verantwortliches Handeln gefragt ist und Respekt gegenüber Lebensmittel wächst und gedeiht. Der öffentlich zugängliche Schaugarten ist eine Stätte der Betrachtung, eine anregende Flaniermeile für die Bevölkerung und für die zahlreichen Gäste der Stadt. Gerne wird der Ort von Gästen für das Verweilen und zum Innehalten aufgesucht. Lustwandeln zwischen Bäumen und Beeten, Beeren naschen oder sich auch nur eine Blume ins Knopfloch stecken.
Nach den Plänen der Künstlerin wurde ein Gerätehäuschen und Sitzgelegenheiten angefertigt. Der Gemeinschaftsgarten bedeutet einen Mehrwert für die Stadt Glurns. Er hat das Potenzial, sich zu einem Langzeitprojekt mit unzähligen Entfaltungsmöglichkeiten zu entwickeln. Der Komposthaufen steht der Bevölkerung von Glurns zur Verfügung, die dort ihren organischen Abfall deponieren kann. Der Garten bietet eine bereichernde Erfahrung für diejenigen, die sich an den Blüten, Kräutern und Gemüsepflanzen und überhaupt an der Anlage erfreuen.
tipp: Flanieren an der Stadtmauer Glurns
www.glurns.eu
Karl Plattner zählt zu den bedeutendsten Südtiroler Künstlern des 20. Jahrhunderts. Das Landhausfresko von Plattner ist eines der repräsentativsten Kunstwerke unserer Zeit. Plattner ist in Mals geboren und aufgewachsen. Er hat in Mailand, Florenz, Paris, Südfrankreich und Südamerika gelebt. Er war Europäer und Weltbürger. Aber immer wieder kehrte er in den Obervinschgau zurück. Hier hat er seine Wurzeln, hier befinden sich viele seiner Frühwerke.
von Heinrich Zoderer
Plattner ist vor 100 Jahren am 13. Februar 1919 in Mals geboren und am 8. Dezember 1986 in Mailand gestorben. In seiner Kindheit erlebte er Armut, Entfremdung und Entbehrung. Mit vier Jahren starb sein Vater. Als er 1925 in die Volksschule kam, wurde von den Faschisten der Unterricht in deutscher Sprache verboten. Es gab nur italienischen Unterricht. Zweimal in der Woche ging er in die Katakombenschule, einer deutschen Geheimschule, um lesen und schreiben zu lernen. Karl war das jüngste Kind, hatte 9 Geschwister und die Mutter musste nach dem frühen Tod des Vaters schauen, wie sie die Kinder durchbrachte. Im Sommer hütete er Kühe und las dabei Bauernkalender. In der Schule zeichnete er für seine Mitschüler Krippenfiguren vor und erhielt dafür einen Apfel oder ein Stück Brot. Er wollte Maler werden und bekam eine Anstellung als Anstreicher in Brixen. Im ersten Jahr gab es kein Gehalt. In Brixen lernte Plattner den Wiener Maler Anton Sebastian Fasal kennen. Mit ihm hat er dann gearbeitet und die Freskotechnik gelernt. In der Optionszeit malte er in Mals Aquarelle und Ölbilder von den Höfen und Häusern, die von den Optanten verlassen werden mussten. Später kam er zu den Gebirgsjägern und an die Kriegsfront nach Norwegen. Das Kriegsende verbrachte er in amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Livorno. Im November 1945 kehrte er aus der Gefangenschaft nach Mals zurück. Am Anfang malte er Stubengetäfel an. 1947 bekam er den ersten öffentlichen Auftrag, die Kirche von Lichtenberg bei Prad auszumalen. Es ist ein „schönes“ Bild, eine stimmige Komposition, Menschen in naturnahen Landschaften. Jesus steht im Mittelpunkt, mit ausgebreiteten Armen, wie auf einer Wolke, verkündet er die frohe Botschaft, bzw. er verkörpert geradezu die frohe Botschaft. Erwachsene Männer, Frauen und Kinder knien bzw. sitzen vor ihm und hören zu. Im Hintergrund die Vinschgauer Bergwelt. 1948 bekam er den Auftrag die St. Johannkirche in Prad auszumalen. Zu sehen sind eine Familie mit zwei Kindern, daneben Jesus und um ihn herum viele Kinder. Es ist ein Familienbild voller Harmonie, wie Plattner es nie erlebt hat. Das Fresko für das Gefallenendenkmal auf dem Friedhof von Mals, das er 1950 malte, zeigt neue Züge seiner Maltechnik. Es ist ein Bild voller Linien und Flächen, die Menschen bedrückt. Es ist ein Bild der Trauer und Wehmut über den Krieg und die Toten.
Südtirol ist für mich eine Hassliebe. Wenn ich länger dort lebe, sind mir manche Sachen unsympathisch, mit denen ich einfach nicht zurechtkomme. Andererseits kann ich ohne Südtirol nicht leben. Zweimal im Jahr bin ich drei Wochen in Burgeis. Der Vinschgau ist für mich ein Nährboden. Ich brauche ihn, um meine Batterien wieder aufzuladen.
Aus: Das Fenster Nr. 34/35, Tiroler Kulturzeitschrift, 1984
Nach Studienaufenthalten in Florenz, Paris und Mailand hat er seinen unverkennbare Malstil gefunden und seine kompromisslose Bildersprache entwickelt. Und auch die Kritiker auf den Plan gerufen. Das Fresko für das Gefallenendenkmal auf dem Friedhof von Naturns ist bereits ein richtiges Plattnerbild. Nicht die Kriegshelden stehen im Mittelpunkt, sondern das Kriegsleid, die Trauer der Mütter um ihre verlorenen Kinder. Das fünf Meter hohe Fresko wurde durch einen Vandalenakt beschädigt und dann fast 20 Jahre lang mit Holzbrettern verdeckt. In Paris lernt Plattner seine Frau kennen und 1952 zogen sie nach Brasilien. Dort macht er die ersten Entwürfe für ein Fresko im Sitzungssaal des Südtiroler Landtags. Insgesamt 19 Künstler beteiligten sich am Wettbewerb, den Karl Plattner gewonnen hat. Das 73,44 m² große Fresko (4,80 m hoch und 15,30 m breit) wurde 1955 fertig gestellt. Im Mittelpunkt des Bildes befindet sich die geometrisch geordnete Stadt mit dem Waltherplatz und rund herum die Lauben und Häuser von Bozen. Links im Bild sind pflügende Bauern und rechts Bauern bei der Obsternte. Im Hintergrund Südtiroler Landschaften, besonders aus dem Vinschgau und Eisacktal. Plattner führte ein Zigeunerleben mit vielen Ortswechseln zwischen Mailand, Paris, Südfrankreich und Brasilien. Doch immer wieder kehrte er für einige Wochen nach Mals zurück. Beim Mohrenwirt in Burgeis wohnte und arbeitete er. Heute gibt es dort eine „Plattnerstube“ und in der neuen Gallery Plavina mehrere Bilder von Karl Plattner. Die Landschaft des Obervinschgaus, die Gassen und Häuserfassaden von Burgeis und Planeil nahm er in sich auf, verarbeitete sie innerlich und gab sie dann auf der Leinwand mit großem Gespür für die Linien, Flächen und Farben wider. Ein besonderes Werk schuf Plattner 1959/60 in der neu erbauten Kapelle in Alsack in der Gemeinde Mals. Es ist eine Pietá nach der Interpretation und ganz im Stil der Malkunst von Plattner. Der tote Sohn liegt auf einem Totenbett. Er beansprucht den größten Teil des Bildes. Die Mutter sitzt daneben, erstarrt in Trauer. Sie hält das Totentuch in den Händen. Das Bild beschönigt nichts und macht nachdenklich. Auch dieses Bild hat Kritik hervorgerufen und wurde nicht von allen begrüßt. Der Tod und das Leid der Menschen ist neben der Landschaft ein zentrales Thema in den Werken von Plattner. Eines der letzten öffentlichen Arbeiten im Obervinschgau ist das Fresko für das Familiengrab auf dem Friedhof von Mals, gleich beim Eingang, das er 1966 schuf. Es zeigt die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, die bis in den Tod reicht. Damit hat er sicher auch an seine eigene Mutter gedacht, die 10 Kinder großgezogen, viel Arbeit, Leid und Mühen auf sich genommen hat.
Die Landschaft rund um den Ortler, den höchsten Berg Südtirols, will sanft erobert werden. Zu Fuß, mit Lift und Seilbahn oder mit kräftigem Pedaltritt. Der Überblick über Gletscherlandschaften, markante Gipfel und Panoramen entlohnt mit bleibenden Erinnerungen. Drei Vorschläge für ganz großes Kino, selbstgemacht, ohne Leinwand und viel frischer Luft.
Aufwärts gehen
Während die „Großen Drei“ Ortler, König, Zebru bei Bergsteigern und Abenteurern mit Gipfelsiegen locken, belassen es Wanderer und Genießer meist mit einem langen Blick auf die schneebedeckten Spitzen.
Was bleibt, ist die magische Anziehung der mächtigen Türme aus Stein und Eis. Am besten gibt man sich dieser beim Wandern hin, lässt sich von Seilbahnen und Sesselliften helfen und auf den Hütten und Almen mit Gutem aus Küche und Keller verwöhnen.
Während die Düsseldorfer Hütte mit großem Panorama entlohnt, ermöglichen es Tabarettahütte, Hintergrathütte und ganz besonders die Payerhütte, ganz nahe an die Bergriesen zu treten. Auf die Schaubachhütte geht es ganz gemütlich mit der Seilbahn. Auf der sonnigen Trafoier Seite kutschiert der Sessellift direkt auf die Furkelhütte, während die Berglhütte zu Fuß erobert werden muss.
Über den „Trafoier Canyon“ fliegen
Gut gesichert mit Seil und Gurt fliegt es sich in diesem Sommer direkt vom Parkplatz in Trafoi auf die gegenüberliegende Seite. Der Flying Fox gewährt einen tiefen Blick in den Trafoier Bach und an der Landestelle wartet der neue Kletterpark - sicherlich der einzige in Südtirol mit eigenem Start- und Landeplatz. Für Bodenständigere gibt es natürlich einen eigenen Pfad mit Brücke. Klettern am Felsen, Seiltechniken und sichere Bewegung am Berg zum Ausprobieren oder, um eingerostetes Bergwissen wieder aufzufrischen. Für die Mutigen geht es natürlich wieder fliegend zurück.
In den Berg schauen
In Stilfs geht es jetzt in den Berg und in die Vergangenheit. Weil den meisten von uns die wechselvolle Geschichte des Bergbaus am Fuße des Ortlers unbekannt ist, lohnt sich der Besuch in Stilfs, und natürlich nicht nur deshalb. Die Dauerausstellung “Der Einstieg: Bergbau und Siedlungen am Ortler” am Ortseingang von Stilfs in der „Knappenstube“ des ehemaligen Feuerwehrhauses ist genauso lohnenswert wie ein Rundgang durch das Dorf: garantiert auch ohne Steigeisen machbar!
Info: Wandertipps, Veranstaltungen und Informationen:
ortler.it